Politik

EU-Ziele verfehlt: Griechenland schiebt weniger Flüchtlinge ab

Die Zahl der Rückführungen von Flüchtlingen von Griechenland in die Türkei ist deutlich geringer, als von der EU erwartet. Die griechischen Behörden gewähren offenbar relativ häufig Asyl und begründen dies mit ihren Asyl-Gesetzen. Der Schwerpunkt der Migration hat sich außerdem nach Italien verlagert.
17.05.2016 00:49
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Griechenland nimmt offenbar deutlich weniger Abschiebungen von Flüchtlingen in die Türkei vor, als von offiziellen Stellen in Brüssel erwartet. Wie Financial Times berichtet, seien seit dem Abkommen mit der Türkei am 20. März weniger als 400 der seitdem nach Griechenland eingereisten rund 8.500 Personen in die Türkei zurückgebracht worden. Das Abkommen basiert unter anderem auf einer raschen Rückführung von Migranten in die Türkei – für jede zurückgebrachte Person soll demnach ein asylberechtigter Flüchtling unter geregelten Bedingungen aus der Türkei übernommen werden.

Stattdessen haben griechische Behörden schon im Vorfeld relativ vielen Asylanträgen stattgegeben. Rund 30 Prozent der 600 von Syrern seit dem 20. März gestellten Anträge sei stattgegeben worden, wie aus offiziellen Zahlen hervorgeht. Griechenland begründet die mit der eigenen Asylgesetzgebung und damit, dass die Türkei nicht als sicherer Drittstaat anerkannt wird.

„Wir verstehen die Bedenken, aber wenn man sich die Situation unter den Bedingungen der Rechtsprechung ansieht verläuft alles so, wie es sollte. Wir haben viele schutzbedürftige Personen auf den Inseln, viele sehr kranke Menschen. Nach dem Gesetz sind sie von den Rückführungen ausgenommen“, zitiert Financial Times eine Vertreterin der griechischen Behörden.

Die Europäische Kommission hatte sich von dem Abkommen mit der Türkei hingegen versprochen, dass die allermeisten der in Griechenland gelandeten Flüchtlinge schnell in die Türkei abgeschoben werden würden, um ein Zeichen gegen weitere einreisewillige Personen zu setzen.

Unterdessen verstärkt die EU ihre Infrastruktur auf den Inseln der Ägäis. Seit März arbeiten bereits rund 130 Angestellte der EU-Asylbehörde mit ihren griechischen Kollegen und Übersetzern zusammen. Derzeit bereiten sich angeblich weitere EU-Vertreter auf ihre Entsendung vor. In den Lagern von Lesbos und Chios herrschen derweil teils chaotische Zustände. Diese sind überfüllt und es fehlt die nötige medizinische Ausstattung. Zudem kommt es beinahe täglich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Nationen.

Insgesamt ist die Zahl der Ankommenden seit Inkrafttreten des Abkommens mit der Türkei jedoch um rund 90 Prozent zurückgegangen. Inzwischen erreichen nur noch etwa 100 Personen täglich Griechenland. Der Fokus der Einwanderung nach Europa hat sich wieder nach Italien verschoben. Im April waren zum ersten Mal seit Juni 2015 wieder mehr Menschen in Italien als in Griechenland angekommen.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...