Politik

SPD und CDU stürzen bei Berlin-Wahl ab, AfD bei 13,7 Prozent

Lesezeit: 2 min
18.09.2016 21:04
SPD und CDU müssen bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus herbe Verluste einstecken: Sieger sind die AfD, die Linkspartei und die FDP. Die SPD wird als stärkste Partei den Regierenden Bürgermeister stellen und hat mehrere Koalitionsoptionen.
SPD und CDU stürzen bei Berlin-Wahl ab, AfD bei 13,7 Prozent

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin haben die bisherigen Regierungspartner SPD und CDU historisch schlecht abgeschnitten und können ihre Koalition nicht fortsetzen. Beide früheren Volksparteien kamen auf ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis und verloren zusammen knapp zwölf Prozentpunkte. Die SPD kann aber weiter regieren. Dafür muss sie sich zwei Partner suchen - Zweierbündnisse haben in der Hauptstadt keine Mehrheit mehr.

Linke und Grüne lagen nach den Hochrechnungen zuletzt fast gleichauf: Die Linken legten kräftig zu, die Grünen blieben unter ihrem Rekordergebnis von 2011. Beide Parteien stehen für ein Bündnis mit der SPD bereit. Ein Jahr vor der Bundestagswahl setzte die AfD ihren Höhenflug fort und kam auf ein zweistelliges Ergebnis. Die FDP kehrt nach dem Aus 2011 ins Parlament zurück. Die Piraten fliegen mit einem dramatischen Absturz aus dem Abgeordnetenhaus.

Für die CDU von Kanzlerin Angela Merkel, deren Flüchtlingspolitik auch in der Union selbst umstritten ist, markiert der Sonntag die Fortsetzung einer Negativ-Serie: Bei allen Landtagswahlen in diesem Jahr verlor die Partei Stimmen. Die SPD, die im Bund mit CDU/CSU regiert, sackte in Berlin allerdings noch stärker ab als die Union. Noch nie in Deutschland hatte ein Sieger bei Landtagswahlen ein so mageres Ergebnis. Die AfD ist nun in 10 von 16 Landesparlamenten vertreten.

Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF (Stand 20.30 Uhr) erreichte die SPD 22,0 bis 22,2 Prozent - dies wäre das schlechteste Ergebnis eines Siegers bei Landtagswahlen. Die CDU kam auf 17,9 Prozent. Die Linken lagen bei 15,6 Prozent, die Grünen bei 15,4 bis 15,5 Prozent. Die AFD verbuchte 13,6 bis 13,7 Prozent. Die FDP, die fünf Jahre nicht im Abgeordnetenhaus vertreten war, lag bei 6,5 Prozent bis 6,6 Prozent und schaffte den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Die Piraten stürzten ab.

Die Sitzverteilung im neuen Parlament sähe so aus: SPD 36 Sitze, CDU 29, Linke 26, Grüne 25, AfD 22, FDP 11 Sitze. Es zeichnete sich eine höhere Wahlbeteiligung als 2011 (60,2 Prozent) ab, nach ZDF-Hochrechnung gingen am Sonntag 67,3 Prozent der Berechtigten wählen.

Müller, dessen Partei seit 15 Jahren den Regierungschef im Roten Rathaus stellt, kündigte am Abend Sondierungsgespräche mit allen Parteien außer der AfD an. Er ließ am Abend aber offen, welche Koalition er bevorzugt - betonte allerdings Gemeinsamkeiten mit den Grünen. Vor der Wahl hatte er ein Bündnis mit Grünen und Linken in den Blick genommen. SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte: «Berlin bleibt sozial und menschlich anständig.»

CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel lehnte einen Rücktritt am Abend ab und sprach von einem Denkzettel. Seine Partei stehe für Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung bereit.

Grünen-Chef Cem Özdemir sieht einen Regierungsauftrag für seine Partei. «Die Leute wollen eine seriöse Regierung, wir können das.» Die Grünen könnten erstmals seit 2002 wieder in die Regierung kommen. Linken-Vorsitzende Katja Kipping wertete das Abschneiden ihrer Partei als großartiges Signal. «Das macht Mut für linke Mehrheiten.» In Berlin hatte die Partei bereits von 2002 bis 2011 als Juniorpartner mit der SPD zusammen regiert. Für FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hat eine Regierungsbeteiligung der Liberalen in Berlin im Moment keine Priorität.

Die stellvertretende AfD-Parteivorsitzende Beatrix von Storch sagte, ihre Partei sei in der Hauptstadt angekommen und auch auf direktem Weg in den Bundestag. Mit der AFD will keine der anderen Parteien im neuen Abgeordnetenhaus zusammenarbeiten.

Bis zur Bundestagswahl im September 2017 gibt es mit den Wahlen im Saarland (26. März), in Schleswig-Holstein (7. Mai) und in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) drei weitere politische Stimmungstests.

Parallel wurden die Kommunalparlamente in den zwölf Bezirken gewählt, die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Es wird damit gerechnet, dass die AfD Stadtratsposten - und damit Verwaltungsmacht - bekommt.

Bei der Wahl 2011 in Berlin war die SPD mit 28,3 Prozent stärkste Partei geworden. Dahinter folgten CDU (23,3 Prozent), Grüne (17,6 Prozent), Linke (11,7 Prozent) und die Piraten (8,9 Prozent), die damals erstmals in ein Landesparlament einzogen. Die Sitzverteilung sah so aus: SPD 47, CDU 39, Grüne 29, Linke 19, Piraten 15.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sicher beschaffen in Krisenzeiten

Die Auswirkungen von Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und damit verbundene Versorgungsengpässe stellen auch den...

DWN
Politik
Politik Merz will mit Scholz über illegale Migration sprechen
30.09.2023

Der Wahlkampf nimmt Fahrt auf. CDU-Chef Merz fordert Bundeskanzler Scholz heraus, gemeinsam eine Lösung für die illegale Migration nach...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft China Sprint: Deutsche Unternehmen unter Druck
30.09.2023

Die jüngsten Zahlen belegen, dass es notwendig ist die Handelsstrategie gegenüber der chinesischen Wirtschaftsmacht zu ändern. China hat...

DWN
Politik
Politik Politik und Krankenkassen ruinieren den Medikamentenmarkt
30.09.2023

Seit etwa fünfzehn Jahren gibt es in Europa immer wieder Probleme bei der Versorgung von Patienten mit Medikamenten. Diese Situation wird...

DWN
Politik
Politik Ukraine wollte mit Hilfe des Westens Syrien und Iran bombardieren
30.09.2023

Die Ukraine hat einem Medienbericht zufolge die westlichen Verbündeten um Hilfe bei der Durchführung von Raketenangriffen auf den Iran...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft USA: Gewinne der Unternehmen steigen auf Rekordhoch
30.09.2023

Trotz historisch hoher Zinsen können die USA eine Rezession offenbar vermeiden. Die Gewinne der Unternehmen sind auf ein neues Rekordhoch...

DWN
Politik
Politik Elon Musk kritisiert deutsche Migranten-Transporte nach Italien
30.09.2023

Tesla-Gründer Elon Musk hat kritisiert, dass deutsche Schiffe massiv illegale Migranten nach Italien transportieren, und spricht dabei von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Wirtschaft hat sich stabilisiert
30.09.2023

Chinas Produktionstätigkeit ist im September erstmals seit sechs Monaten wieder gestiegen. Kann das Land sein Wachstumsziel von 5 Prozent...

DWN
Finanzen
Finanzen Sicherer Hafen? Ob sich Goldaktien lohnen
29.09.2023

Gold kratzte im Jahr 2023 am Allzeithoch. Doch Goldminenaktien notieren deutlich unter den Höchstständen von 2011. Bietet sich hier eine...