Politik

Das Ende des Wunders: Immobilienblase und Inflation in Island

Nach der Krise ist vor der Krise: Zur Verhinderung einer Kapitalflucht hat die Regierung von Island Devisenkontrollen eingeführt. Doch dies führt dazu, dass Offshore-Fonds ihre Gelder nicht abziehen können und es wie wild in isländische Immobilien investieren. Das treibt die Immobilienpreise dramatisch in die Höhe. Die nächste Blase droht
02.06.2012 00:38
Lesezeit: 2 min

Kaum erholt sich Island von der großen Bankenkrise und wird von europäischer Seite für seine Fortschritte gelobt, entsteht schon das nächste große Problem für den Inselstaat. Die Preise für neue Häuser sind im letzten Quartal immens gestiegen und liegen nun 40,1 Prozent über den Zahlen von Ende 2010. Durchschnittlich sind die Hauspreise seit der Talsohle 2009 um 11,3 Prozent gestiegen. Im Mai kostete eine durchschnittliche Wohnung 28 Millionen Kronen, elf Jahre zuvor 12,4 Millionen Kronen.

Um Island vor einer massiven Kapitalflucht zu schützen, führte die Regierung 2008 Devisenkontrollen ein. Doch genau dies kann nun zu einer Immobilienblase führen. Offshore Investoren halten derzeit rund acht Milliarden Kronen und sind nicht in der Lage, ihr Geld außer Landes zu schaffen, so der Ökonom Thorbjorn Sveinsson von Arion Bank hf. Da diese Einschränkungen, so signalisiert es zumindest die isländische Regierung, bis mindestens 2015 beibehalten werden sollen, flüchten sich die Fonds in weniger langfristige Anlagemöglichkeiten wie Immobilien. „Wenn die Entwicklung so ohne Einmischung weiter geht, wird dies in den nächsten zwei Jahren zu einer Immobilienblase führen", erklärt Asgeir Jonsson von der Vermögensverwaltung Gamma der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Es besteht ein höheres Risiko einer spekulativen Blase, wenn die Wirtschaft hinter Kapitalverkehrskontrollen abgeschlossen wird."

Zudem kämpft Island mit einer steigenden Inflation. Die Verbraucherpreise sind im April um 6,4 Prozent gestiegen, so das nationale Statistikbüro. Die isländische Zentralbank hat seit August bereits vier Mal den Leitzins auf derzeit 5,5 Prozent angehoben und hat weitere Maßnahmen angekündigt. Die Inflation birgt zusätzliche Risiken für den Immobilienmarkt, da die meisten Hypotheken an den Verbraucherpreis-Index gebunden sind. Die Schuldenlast der Hypothekennehmer ist gestiegen. 2010 stieg die Verschuldung der privaten Haushalte auf 270 Prozent des verfügbaren Einkommens. Ein Jahr vor dem Zusammenbruch der Banken lag sie bei 217 Prozent, so die Zentralbank.

Mit einem Volumen des Marktes für Hypotheken-Anleihen von einer Milliarde Kronen ist dieser Markt fast doppelt so groß wie die Staatsverschuldung, schätzt Gamma. Viele der ausländischen Investoren umgehen aber den Hypothekenmarkt und kaufen die Immobilien direkt. „Seit einiger Zeit ist zu erwarten, dass die anderen eine Billion Kronen, die aufgrund der Kapitalkontrollen noch für den Markt verschlossen sind, ihren Weg in den Immobilienmarkt finden werden“, warnt Olafur Isleifsson, Wirtschaftsprofessor an der Universität Reykjavik. Die Ausfallversicherungen (Credit Default Swaps ) für Island sind im Mai auf ein Vier-Monats-Hoch gestiegen, das Misstrauen der Investoren wächst. Die Differenz zwischen den Credit Default Swaps von Island und Deutschland weitete sich in der vergangenen Woche um 210 Basispunkte.

„Die Eine-Million-Dollar-Frage ist nun, ob die Behörden etwas unternehmen, um auf die Blase zu reagieren“, fügt Olafur Isleifsson hinzu. Asgeir Jonsson von der Vermögensverwaltung Gamma schätzt, dass die Regierung versuchen wird, die Gefahr mittels einer Eindämmung der Kreditvergabe durch die Banken zu reduzieren. Dies würde die Nachfrage aufgrund der höheren Eigenkapitalanforderungen bei den Käufern senken. „Gleichzeitig würden aber die Privatpersonen darunter leiden“ und wohl weniger die ausländischen Investoren, die die Immobilien ohne Hypotheken erwerben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Greg Abel übernimmt: Der stille Stratege hinter Warren Buffetts Milliarden-Imperium
17.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära. Doch an die Stelle des legendären Investors tritt kein charismatischer Visionär,...

DWN
Panorama
Panorama In Zeiten von Trump: Bleibt das Traumziel USA für Deutsche attraktiv?
17.05.2025

Die USA galten lange als Traumziel für deutsche Urlauber. Doch politische Entwicklungen und wachsende Unsicherheit verändern das Bild....

DWN
Immobilien
Immobilien Koalitionsvertrag 2025: Das bedeutet er für Mieter, Vermieter und Immobilienbesitzer
17.05.2025

Union und SPD haben nach längerem Hin und Her den Koalitionsvertrag für die kommende Regierungsperiode unterschrieben. Was dieser zu den...

DWN
Technologie
Technologie Batteriekrieg mit China: Europa setzt auf Start-ups, Peking baut Gigafabriken
17.05.2025

Der technologische Wettlauf gegen Pekings Expansionsstrategie hat begonnen. Start-ups wie Factorial und Industriegiganten wie Mercedes...

DWN
Politik
Politik Präsidentschaftswahlen in Rumänien: Wird George Simion Trumps „Werkzeug“ in Europa?
17.05.2025

Ein Trump-Verehrer an der Spitze Rumäniens? George Simion, der Favorit für die Präsidentschaft, ist zuversichtlich, dass er die Wahl am...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt: Klingbeils Kraftakt mit zwei Haushalten und einem klaren Ziel
17.05.2025

Ein Kaltstart für Finanzminister Klingbeil: Treffen in Brüssel, die Steuerschätzung, Gespräche der G7 – alles binnen zwei Wochen. Der...

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...