Deutschland

Griechen-Chaos kostet Deutschland früher oder später 93 Milliarden Euro

Das griechische Desaster wird Deutschland teuer zu stehen kommen. 93 Milliarden Euro stehen auf dem Spiel. Aktuell versuchen Angela Merkel und Wolfgang Schäuble, das wahre Ausmaß der Verluste bis nach der Bundestagswahl zu verschleiern.
03.12.2012 23:26
Lesezeit: 2 min

Griechenland droht immer mehr auch für den deutschen Steuerzahler zu einem Fass ohne Boden zu werden. Nur wenige Tage nach dem neuen Griechenland-Deal hat sich der Bundestag zu einer Direktzahlung an Griechenland durchgerungen – hier geht es tatsächlich nicht allein um Garantien, sondern um Cash (mehr hier). Dieses Geld kommt nun zuallererst den Spekulanten zugute (mehr zu deren vorgezogenem Weihnachtsfest - hier).

Nachdem das Geld bewilligt war, hat Angela Merkel erstmals die Katze aus dem Sack gelassen und angedeutet, dass es nach der Bundestagswahl zwangsläufig zu dem von der Bundesregierung und der Bundesbank immer wieder abgelehnten Schuldenschnitt kommen werde. Diese Aussage in der Bild am Sonntag hat ein Regierungssprecher am Montag relativiert (im Detail in der Welt - hier). Merkel dürfte in ihrer Kommunikationsstrategie jedoch dem Euro-Gruppen-Chef Jean Claude Juncker folgen, der einmal gesagt habe, die EU gehe nach dem Motto vor: Wir stellen etwas in den Raum, und sehen dann was passiert.

Im Detail nachgerechnet kann sich der deutsche Steuerzahler auf eine saftige Rechnung aus dem Griechen-Chaos einstellen. Der finale Schuldenschnitt wird nämlich auf die öffentlichen Gläubiger abzielen, da diese nach dem ersten Schuldenschnitt für Griechenland die höchsten Forderungen haben. Schätzungen zufolge besitzt die EZB griechische Anleihen im Wert von etwa 50 Milliarden Euro. Das bestätigte Klaus-Peter Willsch (CDU) den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Falls es zu solch einem Schuldenschnitt kommen sollte, hängt die Belastung für den deutschen Steuerzahler entsprechend von der Quote des Schuldenschnitts ab. Würde die EZB dementsprechend an einer solchen Schuldenentlastung für Griechenland teilnehmen, so wie der IWF es schon lange fordert, träfe das auch die Bundesbank. Ein hundertprozentiger Schuldenschnitt von Seiten der EZB würde Deutschland anteilig 13,5 Milliarden Euro kosten.

Nimmt man nun das Worst-Case-Szenario an, nämlich eine völlige Zahlungsunfähigkeit  Griechenlands, bei der Griechenland auch die gewährten Kredite der internationalen Gläubiger nicht mehr zurückzahlen könnte, wären die Verluste noch höher. Am ersten Rettungspaket war Deutschland einerseits über den EFSF zu 15, 2 Milliarden Euro beteiligt und hat über den IWF noch weitere 1,25 Millliarden Euro für Griechenland zur Verfügung gestellt. Noch mehr wurde es beim zweiten Rettungspaket, das nach der derzeitigen Sitauation in Griechenland auch nicht das letzte sein wird. Hier entfallen von den bisher an Griechenland ausgezahlten 73,9 Milliarden Euro 34,5 Milliarden an Deutschland und über den IWF, Klaus-Peter Willsch zufolge, noch einmal 0,1 Milliarden Euro.

Hinzu kommen auch die vom Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn kritisierten hohen Target-2-Salden Deutschlands (mehr zur Problematik im Interview bei dem DMN – hier). Die Forderungen Deutschlands gegenüber den Peripherieländern liegt bei über 759 Milliarden Euro (Stand 3/2011). Die Target-Verbindlichkeiten beispielsweise, die Griechenland allein gegenüber dem Eurosystem hat, belaufen sich auf etwa 107,840 Milliarden Euro. Im Worst-Case-Szenario würde Griechenland auch die nicht mehr begleichen können. Der deutsche Anteil an diesem 107,840 Milliarden Euro schweren Verbindlichkeiten Griechenlands gegenüber dem Eurosystem entspricht gemäß dem EZB-Schlüssel von 27 Prozent in etwa 29,12 Milliarden Euro.

Somit belaufen sich die bisher her geleisteten mittel- und unmittelbaren deutschen Kredite Deutschlands gegenüber Griechenlands auf mittlerweile 93,67 Milliarden Euro. Je nachdem, inwiefern und wann die europäische Politik das Fiasko beim Namen nennt, stehen für den deutschen Steuerzahler fast 100 Millliarden Euro auf dem Spiel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
08.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Politik
Politik Trump gegen den diplomatischen Konsens: Treffen mit Putin rückt näher
08.08.2025

Donald Trump will mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg verhandeln – ohne Selenskyj. Ein neuer geopolitischer Machtpoker beginnt....

DWN
Finanzen
Finanzen Crocs-Aktie stürzt ab trotz solider Quartalszahlen: Was wirklich hinter dem Kursrutsch steckt
08.08.2025

Die Crocs-Aktie hat am Donnerstag einen historischen Kurssturz erlitten, obwohl die aktuellen Quartalszahlen solide ausfallen. Und am...

DWN
Technologie
Technologie KBA: Preisunterschied zwischen Verbrennern und E-Autos wird deutlich weniger
08.08.2025

Der Preisunterschied zwischen Verbrennern und E-Autos sinkt rasant. Hersteller passen Rabatte und Listenpreise an, Käufer reagieren...

DWN
Technologie
Technologie Trump droht mit Chip-Zöllen: Apple und TSMC weichen nach USA aus
08.08.2025

Donald Trump bringt mit seiner Zoll-Drohung die Halbleiterbranche unter Druck – doch der Präsident zeigt auch gleich einen Ausweg:...

DWN
Technologie
Technologie Trübe wirtschaftliche Lage lindert Engpass an IT‑Fachkräften
08.08.2025

Die Wirtschaft in Deutschland schrumpft seit über zwei Jahren. Während viele Branchen unter Konjunktursorgen leiden, zeigt sich im...

DWN
Finanzen
Finanzen Börse aktuell: Warum die Börsen im August und September nervös werden
08.08.2025

Historisch gilt der Spätsommer als gefährlichste Zeit für die Aktienmärkte – und die Vorzeichen für August und September sind alles...

DWN
Politik
Politik 39 Prozent US-Zölle auf Schweizer Exporte: Industrie warnt vor Totalschaden
07.08.2025

Die USA verhängen drastische Zölle auf Schweizer Produkte – mit verheerenden Folgen für die Industrie. Die Regierung reist vergeblich...