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Bankenkrise: EU plant Vorstoß gegen deutsche Interessen

Lesezeit: 3 min
08.07.2013 16:10
Die EU-Kommission will einen Vorschlag zur Banken-Rettung vorlegen, in dem die von Deutschland bisher strikt abgelehnte, gemeinsame Einlagensicherung überraschender Weise einer der zentralen Bausteine ist. Nun stellt sich die Frage: Versucht Barroso, die Deutschen zu überlisten? Oder aber hat er die stille Zustimmung von Angela Merkel zur Übernahme der Risiken von europäischen Banken durch den deutschen Steuerzahler - nach der Bundestagswahl?
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Nach den verschiedenen Großbaustellen der EU-Kommission und der Regierungen im Euroraum zur „Rettung“ der Währung mittels dreier „Rettungsschirme“ steht nun der Masterplan für die europäische Bankenunion im Fokus. Endgültig wird die Bankenunion nach dem Zeitplan der Kommission erst nach der Bundestagswahl gegründet. Sicher ist jedoch, dass die Umsetzung der Bankenunion auf die Vergemeinschaftung von Bankschulden im Euroraum hinausläuft.

Anlässlich der Eröffnungsfeier der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft durch Litauen verkündete EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso in Vilnius, dass die Rechtsvorschriften für die künftige Bankenunion in der kommenden Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Die Finanzminister müssen sich bis Ende des Jahres darüber verständigen“, zitiert ihn der EUobserver. Zudem sei eine Regulierung notwendig, um die Bankenunion auf einem festen Fundament zu verankern.

Die EU versucht in dem vorliegenden Entwurf, Deutschland einen gemeinsamen Einlagensicherungs-Fonds unterzujubeln. Denn obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich gesagt hat, dass sie einen solchen Fonds ablehnt und auch im Wahlmanifest der Union festgeschrieben ist, dass eine solche Rettungs-Gemeinschaft abgelehnt wird, findet sich der Fonds in dem Barroso-Entwurf.

Dies kann entweder bedeuten, dass die EU versucht, den Druck auf Merkel zu erhöhen, indem Barroso die Kanzlerin zwingen will, Alternativen vorzuschagen.

Das ist jedoch angesichts der Schwäche von Barrosos Kommission unwahrscheinlich.

Vieler eher dürfte es so sein, dass Merkel und Schäuble der EU ein informelles Zeichen gegeben haben, dass sie nach der Bundestagswahl eine neue Position zur Übernahme der europäischen Bank-Risiken durch den deutschen Steuerzahler einnehmen werden.

Es ist gut denkbar, dass Merkel hofft, dass sich die Lage an den Märkten zyklisch beruhigt, wodurch der schlimmste Fall gewissermaßen automatisch verhindert wird.

Diese Hoffnung ist jedenfalls nicht berechtigt. Denn die Bankenkrise schwelt unverändert weiter. Denn die Banken haben nicht nur schrottreife Staatsanleihen in ihren Bilanzen, sie sitzen darüber hinaus auf hohen Schuldenbergen. Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut in München sagte dem Focus, dass die spanischen Bankschulden 305 Prozent des BIP oder etwa 3,3 Billionen Euro betragen.

Vor kurzem wurde bekannt, dass nicht einmal die Vorschriften für die Eigenkapitalquoten greifen, da die Banken unterschiedliche Maßstäbe an die Bewertung ihrer Assets (Vermögenswerte) und Schuldenstände legen. Den Aufsichtsbehörden werden Quoten gemeldet, die bis zu 40 Prozent voneinander abweichen (mehr hier).

Besonders auffallend ist, dass die von den Banken angekauften europäischen Staatsanleihen – und zu großen Teilen als Schrottpapiere eingeschätzt werden müssten – als gänzlich risikofrei gelten.

Indessen wehrt sich die Bankenlobby vehement dagegen, einheitliche Standards in der Bewertung von Risiken einzuführen und mehr Eigenkapital im Verhältnis zu den Schulden zu bilden, was gleichbedeutend mit einer Art „Schuldenbremse“ für die Banken wäre. Noch immer vertrauen die Banken darauf, dass schlussendlich die Steuerzahler in der Eurozone für ihre Verluste bluten. Was sich kein anderer Player im Geschäfts- und Wirtschaftsleben leisten könnte, ist den Banken gestattet. Drei Prozent Eigenkapitalquote bei 97 Prozent Schulden sind keine Seltenheit.

Daher dürfte sich die geplante Einführung einer Bankenabgabe von acht Prozent als eine reine Schimäre erweisen. Auch die „Deckelung“ einer Bankenrekapitalisierung der Zombiebanken auf 60 Milliarden Euro über den ESM ist nichts anderes als eine Irreführung (mehr hier).

Zumal in einem Gremium wie dem ESM über Finanzierungen von Banken entschieden wird, die in keiner Weise demokratisch legitimiert sind. Beschlüsse werden im ESM außerdem mit der einfachen Mehrheit im Gouverneursrat gefasst. Jedweder Überschreitung der bisher genannten Haftungszusagen über den ESM sind Tor und Tür geöffnet. Es gibt keine Institution, die dies verhindern könnte. Die Rettung von Zombiebanken in der Peripherie durch Steuergelder der zahlungsfähigen Eurostaaten ist damit Fakt.

Bekanntlich sind die Banken in der Peripherie am höchsten verschuldet. Spanien, Irland, Italien und Zypern gelten hier als Beispiele. Aber auch die deutschen Banken gelten mittlerweile als sehr gefährdet.

Um bei der Bankenabwicklung einer maroden Bank einen Bank-Run zu vermeiden soll als eine der Säulen der Bankenunion ein gemeinsamer Einlagesicherungsfonds eingerichtet werden. Bereits im Juni letzten Jahres warnte Theo Zellner, Präsident des Sparkassenverbandes Bayern im Handelsblatt: „Es ist für mich inakzeptabel, dass über eine europäische Einlagensicherung Gelder unserer Sparer zur Sanierung taumelnder Auslandsbanken eingesetzt werden.“

Die Sparkassen haben immerhin erfolgreiche Lobbyarbeit geleistet: Sie werden nicht unter die Bankenaufsicht der EZB gestellt. Wie sie ihre Risiken - etwa in den Landesbanken - schultern werden, weiß niemand.

Da die sogenannte Bankenabgabe – die von den Banken gemeinsam geleistet und in einen Fonds eingezahlt werden soll – bei weitem nicht zur Stabilisierung der maroden Banken ausreichen dürfte und darüber hinaus noch heftig umstritten ist, wird sich zeigen, auf wessen Schultern die Schulden abgeladen werden.

Anzunehmen ist, dass die Bankenlobby in den Ländern Druck auf ihre Regierungen ausüben, um die Bankenabgabe so auszugestalten, dass die Einzahlungen der Banken in den Fonds so gering wie möglich ausfallen (mehr hier).

Schlussendlich wird eine Bankenunion auf die Vergemeinschaftung von Bankschulden im Euroraum hinauslaufen, getragen von den Steuerzahlern und den Bankkunden.

Wenn Michel Barnier, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, den Gesetzesentwurf für die Bankenunion vorstellt, wird Angela Merkel Farbe bekennen müssen.

Vermutlich wird sich Merkel zu jener Farbe bekennen, die schon bisher die Farbe ihres Erfolges war.

Grau.

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