Politik

Neue Milliarden für Euro-Rettung: Schäuble will Bundestag umgehen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will die nächsten Milliarden für die Euro-Rettung direkt aus dem EU-Budget nehmen. Dies erspart ihm den Umweg über den Deutschen Bundestag. Es ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es sich auch bei diesen Geldern um deutsche und europäische Steuergelder handelt.
22.08.2013 23:31
Lesezeit: 1 min

Finanzminister Schäuble hat überraschend vor der Bundestagwahl neue Hilfen für Griechenland angekündigt. Angela Merkel hat die Pläne im Prinzip bestätigt (hier). Nun sucht Schäuble nach einem Weg, wie er die nächste Phase der Euro-Rettung ohne den lästigen Umweg über den Deutschen Bundestag bewerkstelligen kann.

Ein direktes neues Bailout-Programm will Schäuble vermeiden. Dann nämlich müsste der Deutsche Bundestag über die neuen Gelder abstimmen. Und weil bei den letzten Abstimmungen dieser Art die Kanzlermehrheit nicht mehr erreicht wurde, will man lieber auf Nummer sicher gehen und den Bundestag außen vor lassen.

Angesichts der vielen Rettungspakete, der katastrophalen Entwicklungen in einigen Ländern und der von der Finanzelite immer abhängiger werdenden Politiker will man sich im Bundestag nicht die Blöße geben. Einerseits weiß Schäuble schon gar nicht mehr, was er den Abgeordneten noch sagen soll und andererseits ist einfach nicht sicher, dass die Abgeordneten noch einmal alles abnicken.

Neben einer Verlängerung der Kreditlaufzeiten rückt derzeit vor allem eine Variante ins Zentrum der Diskussion. Es wird erwägt, zumindest teilweise die neuen Gelder für Griechenland über den EU-Haushalt zu finanzieren, so die SZ.  Griechenland könnte zusätzliche Finanzmittel über die EU-Strukturfonds erhalten. Eine Variante, die Barroso auch dem zypriotischen Premier bereits in Aussicht stellte (mehr hier). Das sind im Endeffekt zwar auch deutsche Steuergelder, aber diese fließen ja erst in den Brüsseler Haushalt. Und ab dort hat der Deutsche Bundestag keinen Einfluss auf die Verwendung der Gelder.

In jedem Fall sollen auch die Auflagen für die neuen Hilfsgelder nicht so streng sein, wie bisher. „Weil Griechenland ja einen erheblichen Teil der nötigen Veränderungen bereits eingeleitet hat“, berichtet die SZ aus Berliner Regierungskreisen.

An Schäubles Ankündigung weiterer Gelder zeigt sich nur ein weiteres Mal wie abstrus die Euro-Rettungspolitik ist. Auch Länder wie Irland und Portugal, die bald wieder an die Kapitalmärkte zurückkehren sollen, brauchen neue Gelder. Hier ist ebenfalls von einem Soft-Bailout die Rede (hier). In Italien wird sogar eine Bank mit Staatsgeldern finanziert, um die Refinanzierungskosten für Staatsanleihen zu drücken (mehr hier).

Stetig werden neue Milliarden in die Euro-Rettung gesteckt. Neben den Fonds EFSF und ESM; die jeder demokratischen Kontrolle entzogen sind, gibt es noch die Strukturfonds, die ebenfalls keiner wirksamen Kontrolle unterliegen.

Bei der Euro-Rettung geht es um einen großen Plan.

Da gelten andere Gesetze.

Oft gelten auch gar keine Gesetze mehr.

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