Finanzen

Alles ganz legal: Europas Steuerzahler müssen die Banken retten

Lesezeit: 3 min
01.04.2014 00:09
Die mit viel Pathos zelebrierte Banken-Union in Europa hat einen gravierenden Schönheitsfehler: Die Euro-Retter ließen die Einrichtung einer gemeinsamen Einlagensicherung bewusst unter den Tisch fallen. Damit werden die europäischen Steuerzahler zwangsläufig zu den "Rettern" im Fall einer Bankenpleite.
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Die Bankenunion sieht einen Bankenfonds und einen „bail-out“ durch den ESM vor. Die Banken gewinnen so in zweifacher Hinsicht: sie können das Geld der Steuerzahler und die Einlagen ihrer Kunden abgreifen. Die Bankenunion wird damit zur realen Gefahr für die deutschen Sparer und Steuerzahler.

Am 20.März 2014 einigten sich die Vertreter der Europäischen Union darauf, einen Bankenabwicklungsfonds (Banken-Abwicklungsmechanismus bzw. Single Resolution Mechanism – SRM) einzurichten. Dieser soll innerhalb von acht Jahren ab 2016 mit einer Gesamtsumme von 55 Milliarden Euro mit Abgaben der Geldinstitute gefüllt werden.

Die mediale Aufmerksamkeit richtete sich denn auch ausschließlich auf dieses Thema. Das vordergründige Ziel: Mit diesem „Auflösungsmechanismus“ soll ein System geschaffen worden sein, in dem die Banken selbst für Pleiten in ihrer Branche zu haften haben.

Soweit die Theorie.

Noch gibt es zwar heftige Diskussionen darüber, von wem dieser Fonds zu füllen sei. Auf deutsche Kreditinstitute kämen insgesamt rund 15 Milliarden Euro zu. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken wehren sich jedoch dagegen, genau so viel in den Topf einzuzahlen wie systemrelevante Großbanken (mehr hier).

Die Kosten hierfür werden sicherlich durch direkte oder indirekte Aufschläge auf die Kontoinhaber oder Erwerber von Finanzprodukten abgewälzt.

Doch die wahre Geschichte für Steuerzahler und Sparer ist, dass nun Banken-Rettungsaktionen über „bail-outs“ und „bail-ins“ laufen.

Und hier wird es bei genauem Hinsehen kritisch für den deutschen Steuerzahler.

Im Frühjahr und Sommer 2013 wurden drei Pfeiler einer europäischen Bankenunion diskutiert: die Bankenabwicklung,  die Bankenaufsicht und ein „gemeinsamer europäischer Einlagensicherungsfonds“.

Gegen den gemeinsamen europäischen Einlagen-Sicherungsfonds gab es erbitterten Widerstand aus einigen Mitgliedsländern, darunter auch von den deutschen Sparkassen. Theo Zellner, Präsident des Sparkassenverbandes Bayern damals: „Es ist für mich inakzeptabel, dass über eine europäische Einlagensicherung Gelder unserer Sparer zur Sanierung taumelnder Auslandsbanken eingesetzt werden“.

Interessant ist, dass EZB-Präsident Mario Draghi im März 2014 in Brüssel von einem „großen Fortschritt für eine bessere Bankenunion“ sprach. „Zwei Pfeiler sind jetzt etabliert“, betonte er.

Zwei Pfeiler, aber nicht der dritte.

Ob das Thema „Einlagensicherungsfonds“ vom Tisch ist, bleibt daher völlig unklar. Bislang gibt es keine klare Aussage von Seiten der EU-Kommission, dass es inzwischen ad acta gelegt wurde.

„Der dritte Pfeiler, der leider ignoriert wurde, ist ein gemeinsamer Einlagensicherungsfonds“, in dem die versicherten Einleger in allen Euroländern aufgeteilt werden.  Der Economist schrieb bereits vor mehr als einem Jahr: „Jahresbeiträge von Banken können Sparer in normalen Jahren schützen, jedoch nicht bei einer Kernschmelze. Jede Einlagensicherung muss eine staatliche Absicherung beinhalten. Die Bankenunion – und damit der Euro – machen daher ohne diese Absicherung wenig Sinn“. Die Einlagensicherung in den USA betragen, so der Economist, gerade so viel, dass sie 1,35 Prozent der versicherten  Einlagen wirklich auszahlen könnte.

Es ist also durchaus denkbar, dass der „gemeinsame Einlagensicherungsfonds“ durch die Hintertür auf die Tagesordnung kommt.

Die 55 Milliarden Euro im Bankenabwicklungsfonds, die ab 2016 von den europäischen Banken eingesammelt bis 2024 werden sollen, reichen selbstverständlich nicht aus, um mehrere Banken zu retten.

Allein die ausfallgefährdeten Kredite bzw. die „faulen Kredite“, die sich Bilanzen südeuropäischer Banken anhäufen, hätten bereits Ende 2012 einen Umfang von 876 Milliarden Euro erreicht, berechnete das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), wie die FAZ berichtete.

Was die „bail-in“-Regeln anbetrifft, so ist vorgesehen, dass Bank-Einlagen mindestens bis 100.000 Euro versichert sein sollen, wobei es den Staaten freisteht, auch höhere Summen zu decken. So dürfte vor allem den europäischen Unternehmen die Idee auf wenig Gegenliebe stoßen, mit ihren Einlagen über 100.000 Euro bei der Abwicklung einer Bank zur Kasse gebeten zu werden, wie dies bei Zypern der Fall war. Einlagen bei der „Bank of Cyprus“ von über 100.000 Euro wurden zu knapp 50 Prozent gegen (meist wertlose) Aktien umgetauscht, die andere Hälfte eingefroren.

Firmen und Privatpersonen mit Bankeinlagen über 100.000 Euro werden daher ihre Guthaben wohl eher in ein Land transferieren, wo eine Regierung Bankeinlagen über 100.000 Euro garantiert. Was wiederum einer Kapitalflucht aus den Krisenländern gleichkäme.

Die „Bail-in“ Regeln betreffen zunächst Eigentümer wie Aktien- und Anleihebesitzer einer Bank, sowie ungesicherte Gläubiger (Einlagen über 100.000 Euro), die für Verluste und Kosten der Stabilisierung einer Bank aufkommen müssen – im Gegensatz zum „Bail-out“, also dem Schonen der Gläubiger durch externe Finanzhilfen. In diesem Fall wird eine Bank durch einen jeweiligen nationalen Banken-Rettungsfonds stabilisiert.

Für die Bankenunion bedeutet dies, dass der ESM einspringen wird, wenn ein Land seine Banken nicht aus eigener Kraft oder mangels Finanzmittel „retten“ kann,

Die Banken gewinnen so in beiden Richtungen: Sie werden durch das Geld der Steuerzahler und die Einlagen ihrer Kunden gerettet.

Leitlinien sehen vor, dass die direkte Bankenkapitalisierung aus dem ESM auf maximal 60 Milliarden Euro begrenzt wird. Jedoch ist seit langem in der Diskussion, dem ESM eine Tochtergesellschaft zuzuordnen, die ihrerseits auf dem Markt Kredite aufnehmen kann (hier).

Da auch diese 60 Milliarden – plus „Kreditlinie“ – voraussichtlich nicht ausreichen wird, kann nach Bedarf sicherlich der ESM-Anteil aufgestockt werden.

Im Februar 2014 verständigten sich die EU-Finanzminister darüber, dass der ESM auch für die direkte Rekapitalisierung von Banken genutzt werden kann, wenn der Bilanz- und Stresstest zu große Kapitallücken aufdeckt. Was die krisengeschüttelten Staaten betrifft, dürfte letzteres so sicher sein wie das Amen in der Kirche.

Damit wird die Bankenunion für die Steuerzahler und für die Bankguthaben zur Hochrisiko-Zone.

Tatsächlich wurde der ganze Popanz um die Banken-Union nur veranstaltet, um den ESM als universales Bankenrettungs-Vehikel in der Euro-Zone zu bestücken.

Die Mittel kommen von den europäischen Steuerzahlern.

Wegen des ESM-Gesetzes haben die Steuerzahler keine Chance, an der Verteilung der Gelder mitzuwirken oder auch nur zu erfahren, wohin die Milliarden verschoben werden.

Das ist eine Enteignung mit Ansage. 

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


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