EU-Kommission, das Parlament und der EU-Rat einigten sich vor kurzem auf eine Richtlinie, die es erlauben sollte, dass Banken in Schieflagen nicht mehr von den Steuerzahlern, sondern deren Gläubigern „gerettet“ oder saniert werden sollten.
Der Kompromiss zum Bankenabwicklungsmechanismus sollte noch in der letzten Sitzung vor Ostern vom EU-Parlament endgültig verabschieden werden.
Nun stellt sich heraus, dass einzelne Mitglieds-Staaten über technische Tricks versuchen, doch staatliche Bankenrettungen zuzulassen.
Das gemeinsame Regelwerk für den Umgang mit Bankenpleiten ist in Gefahr. Bei dem Streit einiger Mitglieds-Länder geht es um das Kleingedruckte, wann ein Staat eingreifen kann, um eine angeschlagene Bank zu retten, meldet die Financial Times.
Beispielsweise versucht Großbritannien, die politische Übereinkunft, die im Dezember erreicht wurde, zu kippen – im Versuch, die britische Zentralbank in seiner Rolle als verdeckten Kreditgeber (lender of last resort) zu behalten, heißt es bei der FT weiter.
Das bedeutet, dass Großbritannien bewirken möchte, dass in den Richtlinientext gewisse Besonderheiten verankert werden, wonach bei staatlichen Bürgschaften und Liquiditäts-Unterstützungen von Zentralbanken (in Fall Großbritanniens die Bank of England) eine Bankenabwicklung keinen „bail-in“ zur Folge hätte.
Da eine solche Regeländerung Konsequenzen für alle Mitgliedsstaaten hätte, würde es in der Folge bedeuten, dass in allen EU-Ländern wiederum die Steuerzahler die Banken „retten“ würden, ohne Beteiligung von Bank-Aktien und – Anleihebesitzern oder anderen Gläubigern der Bank, kurzum: die vielbenannte „Haftungskaskade“ wäre im Ernstfall außer Kraft gesetzt.
„Immer mehr EU-Staaten fordern jetzt, dass Regierungen im Notfall Garantien für Institute aussprechen dürfen, bevor die Aktionäre und Gläubiger dieser Bank zur Kasse gebeten werden“, sagte der Europa-Abgeordnete der Grünen, Sven Giegold.
Experten, die an den derzeitigen Gesprächen beteiligt sind, berichten, dass die Republik Tschechien gegen derartige, wesentlichen Änderungen (der Richtlinie) Einspruch erhebt, und auch Dänemark hat seine Vorbehalte gegen die britischen Vorschlag verstärkt, die in Britanniens Vorstoß eine Hintertür für verschleierte staatliche Rettungsaktionen sieht, berichtet die FT.
Andere Staaten wie Frankreich, Italien, Schweden und Portugal fordern offenbar ebenso wie Großbritannien Ausnahmen im neuen Regelwerk der EU. Insbesondere wird von den erstgenannten Ländern gefordert, dass staatliche Garantien auch ausgedehnt werden dürfen, um einer Bank in Schieflage zu helfen, ohne die „bail-in“-Regeln anzuwenden und vielmehr die Ausgabe von Bank-Anleihen zu gestatten.
Dies stößt jedoch auf erbitterten Widerstand im Europa-Parlament. Insbesondere der EU-Parlamentarier Sven Giegold fordert Deutschland auf, hier eindeutig Position zu beziehen und einer Aufweichung der Regeln zu widersprechen.
Deutschland muss laut Financial Times noch formal Stellung zu den neuerlichen Vorstößen beziehen. Die Bundesregierung war bisher dagegen, dass staatliches Steuergeld verwendet wird, um Banken zu „retten“. Deutschland unterstützte bisher den Originaltext der Richtlinie, dass einer Bank Gläubiger-Verluste zuzumuten seien, so die FT.
Hintergrund der jetzt laufenden Diskussion mit den Mitgliedsstaaten ist offenbar auch der aktuell in Arbeit befindliche Bilanz-Check der EZB, dem alsbald der Stress-Test folgen soll. Daraus könnte sich ergeben, dass einige Bankinstitute zur selben Zeit mehr Kapital benötigen.
Die nunmehr beabsichtigten Ausnahmen, die einige Mitglieds-Staaten jetzt fordern, sollen verhindern, dass mehrere Banken zeitgleich abgewickelt werden müssen. Dadurch soll vermutlich eine Panik bei den Bankkunden vermieden werden, die schließlich europaweit zu Bank-runs führen würden.