Deutschland

Berlin: Jüdisches Ehepaar bei Anti-Israel-Demonstration attackiert

Ein Ehepaar aus Israel ist bei einer Anti-Israel-Demo in Berlin attackiert wurden, weil der Mann eine Kippa trug. In Paris musste die Polizei trotz massiver antisemitsicher Ausschreitungen dem Druck der Öffentlichkeit weichen und erneut eine Demo genehmigen. Der Nahost-Konflikt wird zum Problem für die Juden in Europa.
23.07.2014 00:16
Lesezeit: 2 min

Video der Demonstration aus Berlin (AJC):

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Video der Demonstration aus Hannover (AJC):

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei der Solidaritätsdemo für den Gaza-Streifen wurde am vergangenen Samstag in Berlin offenbar ein israelisches Ehepaar attackiert. Der Mann trug eine Kippa und kreuzte gemeinsam mit seiner Frau den Weg der Demonstranten zufällig auf der Straße Unter den Linden. Ein Mitarbeiter des American Jewish Committee (AJC) beobachtete den Vorfall. Die Polizei habe den gewalttätigen Übergriff der Demonstrationsteilnehmer verhindern können. Die Demonstranten skandierten zudem offen antisemitische Sprechchöre wie „Scheiß Juden wir kriegen euch“ und „Nazimörder Israel“.

Hätte die Polizei uns nicht geschützt, hätten sie uns wohl umgebracht“, sagte die israelische Ehefrau der Jüdischen Allgemeinen. „Wir sind geschockt.“ Nach eigener Aussage sind die beiden Israelis seit Mitte dieser Woche in Berlin, um dem Beschuss des jüdischen Staates durch die Hamas für ein paar Tage zu entkommen: „Das uns der Konflikt bis in den Urlaub nach Berlin verfolgt – unglaublich!“, berichtet die Jüdische Allgemeine über den Vorfall.

Die Direktorin des AJC Berlin forderte Innenminister Thomas de Maiziere auf, diesen antisemitischen Übergriff zu verurteilen. „Die Situation verschärft sich von Tag zu Tag. Damit nicht noch Schlimmeres passiert, müssen die Sicherheitsbehörden alle rechtlichen Mittel anwenden und Demonstrationen gegebenenfalls auflösen und verbieten. Antisemitische Sprechchöre müssen sofort geahndet und dürfen nicht länger toleriert werden“, so Deidre Berger.

Bereits einen Tag zuvor erstattete das AJC Strafanzeige, nachdem am vergangenen Freitag auf einer Palästina-Demonstration judenfeindliche Sprechchöre skandiert wurden.

„Die Grenze zum Antisemitismus ist bei zahlreichen Sprechchören eindeutig überschritten. Wir befürchten, dass es jetzt keine Tabus mehr bei solchen Protesten gibt, Antisemitismus offen zu propagieren. Um die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung zu sichern, müssen solche Äußerungen sofort durch die Polizei unterbunden werden, um zu zeigen, dass Antisemitismus keinen Platz in dieser Gesellschaft hat“, so Berger.

Dass diese Demonstrationen eine Gefahr für Juden und jüdische Einrichtungen darstellen können, zeigt ein Vorfall in Paris vom letzten Wochenende. Aktivisten umzingelten eine Synagoge und bewarfen sie mit Steinen. Demonstranten riefen „Tod den Juden“ und „Hitler war im Recht“. Die Synagogen-Besucher mussten durch ein Polizei-Spalier in Sicherheit gebracht werden.

Demonstrations-Verbote wirkten in Frankreich bisher eher kontraproduktiv: die Proteste fanden auch ohne Genehmigung statt. Die französische Polizei hatte mehrere Pro-Gaza-Kundgebungen aus Angst vor antisemitischen Gewaltausbrüchen verboten.

Für den Mittwoch wurde schließlich doch eine Anti-Israel-Demonstration in Paris genehmigt. Die Behörden begründen die Erlaubnis damit, dass sie die Organisatoren als „seriös und verantwortungsbewusst“ einstufen, wie die französische Zeitung Le Parisien berichtet.

Die Gesellschaft für Solidarität zwischen Frankreich und Palästina (AFPS) hat nach eigenen Angaben bereits über 250 Demonstrationen in ganz Frankreich organisiert, „von denen diejenigen, die verboten wurden in Gewalt ausarteten“, so der Vorsitzende Taoufiq Tahani.

Der französische Innenminister Cazeneuve hingegen verteidigte die Demonstrationsverbote und sagte „Wenn wir diese Proteste nicht verboten hätten, wären sie noch viel schlimmer ausgegangen“, zitiert Le Parisien Cazeneuve.

Die nächste Zuspitzung des Konflikts wird nicht lange auf sich warten lassen: Am kommenden Freitag sind zum alljährlichen Al-Quds-Tag in Berlin und in der arabischen Welt große Anti-Israel-Proteste angekündigt: Der Iran ruft seit 1980 an dem eigens dazu geschaffenen Feiertag zum Protest gegen den Staat Israel auf.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...