Politik

EU verhängt keine neuen Sanktionen gegen Russland

Die EU hat in der Frage der Russland-Sanktionen einen Kompromiss gefunden, der nicht der Linie der Hardliner folgt: Griechenland, Österreich, Italien, die Slowakei und vermutlich auch Deutschland haben im Hinblick auf die gravierenden Folgen für die eigene Wirtschaft eine Ausweitung der Sanktionen verhindert. Auch die Verlängerung der bestehenden Sanktionen um sechs Monate ist weniger, als etwa Polen und die baltischen Staaten gefordert hatten.
29.01.2015 18:15
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Union verlängert wegen der Krise in der Ukraine ihre Sanktionen gegen Russland. Damit haben sich die Hardliner vorerst nicht durchgesetzt. Ursprünglich war auch die Rede von einer Verlängerung bis zum Jahresende. Die Reisebeschränkungen und Kontensperrungen würden zunächst um weitere sechs Monate und damit bis September in Kraft bleiben, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Donnerstag nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Innerhalb einer Woche solle dann ein Vorschlag vorgelegt werden, wie die Sanktionsliste erweitert werden könne. Eine Entscheidung darüber solle beim kommenden Treffen der Minister am 9. Februar getroffen werden. Es werden jedoch keine signifikanten neuen Maßnahmen erwartet, allenfalls eine Erweiterung der Liste von Politikern und Oligarchen, gegen die Restriktionen bei Reisen oder Finanztransaktionen verhängt werden. Die dpa meldet, die EU-Staaten wollten „weitere Separatisten und ihre Unterstützer mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegen“.

Neue Wirtschaftssanktionen wurden damit nicht verhängt. Griechenland hatte sich in diesem Punkt zurückhaltend gezeigt.

Das Treffen am Donnerstag war nach der jüngsten Eskalation in der Ostukraine einberufen worden. Der Westen wirft der Regierung in Moskau vor, die Rebellen zu unterstützen. Russland weist dies zurück. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier will im Falle eines weiteren Vorrückens der Rebellen härtere Sanktionen gegen Russland: „Wenn es eine Offensive Richtung Mariupol oder anderer Regionen gibt, wird man mit deutlichen und schärferen Maßnahmen reagieren müssen.“ Einen Beleg dafür, dass der Beschuss von den Rebellen oder den Russen gekommen ist, gibt es nicht.

Doch die Position der neuen Regierung in Athen erschwere die Entscheidung über weitere Sanktionen, sagte Steinmeier am Donnerstag vor einer Sitzung mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Allerdings hatte der neue Finanzminister Yanis Varoufakis bereits auf seinem Blog geschrieben, dass es nicht um die Sanktionen gehe, sondern dass Griechenland erwarte, vor außenpolitischen Statements der EU gehört zu werden. Steinmeier äußerte sich nach einem Treffen mit seinem neuen Kollegen Kotzias denn auch deutlich entspannter.

Die griechische Regierung hatte zuvor ihren Unmut über Bemerkungen Steinmeiers zum Ausdruck gebracht. Denn die Aussage sei ohne Abstimmung und Zustimmung aller Mitgliedsstaaten erfolgt, berichtet Kathimerini. Zudem sei Athen darüber verärgert, dass EU-Parlamentspräsident Martin Schulz finanzielle Fragen an die Haltung Griechenlands zu den Russland-Sanktionen geknüpft hätte. Auch Schulz war jedoch nach einem Treffen mit Tsipras in Griechenland wie ausgewechselt und lobte den neuen Premier über den grünen Klee.

„Jeder, der denkt, dass Griechenland seine Souveränität und seine aktive Teilnahme an der europäischen Politik wegen der Schulden aufgeben wird, macht einen großen Fehler“, sagte der neue griechische Außenminister Nikos Kotzias in Brüssel. Die anderen EU-Staaten hätten seine Regierung mit der Erklärung über neue Russland-Sanktionen mit unannehmbaren, vollendeten Tatsachen konfrontiert. Griechenland hatte daraufhin vorübergehend die Möglichkeit eines Vetos in dem Raum gestellt und damit der EU einen gehörigen Schrecken versetzt.

Tatsächlich geht die Front gegen Sanktionen weit über Griechenland hinaus.

Neben Griechenland haben jedoch auch andere EU-Regierungen wie Österreich, Italien und die Slowakei Vorbehalte. „Sanktionen und die Verschärfung von Sanktionen“ seien „im besten Fall, Notfalllösungen, die aber niemals einen Friedensplan ersetzen können“, zitiert der Kurier den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann bei einem Besuch in der Slowakei.

Faymann fordert eine „Erneuerung“ der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit Russland. Bezüglich des Ukraine-Konflikts plädiert der österreichische Kanzler für die Umsetzung der Minsk-Vereinbarungen.

Nach Angaben des EU Observers sollen jedenfalls auf der möglichen Sanktions-Liste 28 russische Namen stehen. Darunter befinden sich beispielsweise Russlands Verteidigungs-Minister Sergej Schoigu, die Chefin der russischen Notenbank Elwira Nabiullina, die Leiterin des Komitees für die Korruptionsbekämpfung in der russischen Duma, Irina Jarowaja. Aber auch Gazprom-Chef Alexei Miller, oder die Oligarchen Suleiman Kerimow, Igor Kesajew oder Oleg Boyko seien Optionen für die Sanktions-Liste.

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