Politik

Ungarn kündigt sofortige Verhaftung von illegalen Einwanderern an

Ungarn will mit drastischen Maßnahmen die Flüchtlingswelle stoppen. Illegale Einwanderer sollen sofort verhaftet werden. Ungarn ist nach EU-Recht verpflichtet, die EU-Außengrenze zu schützen. CDU und CSU unterstützen die ungarischen Maßnahmen. München erwartet am Wochenende 50.000 Flüchtlinge.
12.09.2015 00:55
Lesezeit: 2 min

Ungarn hat ein hartes Durchgreifen gegen Flüchtlinge angekündigt. Falls die Regierung den Krisenfall ausrufe, werde jeder illegale Einwanderer «sofort verhaftet», sagte Ministerpräsident Viktor Orban am Freitag in Budapest nach einem Treffen mit EVP-Fraktionschef Manfred Weber. «Wir werden sie nicht mehr höflich begleiten wie bisher.»

Am kommenden Dienstag will Ungarns Kabinett entscheiden, ob der Krisenfall erklärt wird. Am 21. September dann soll das Parlament darüber abstimmen, ob in einem solchen Krisenfall künftig das Militär die Grenzschützer unterstützen darf. Mittlerweile wurden 3800 ungarische Soldaten zu den Bauarbeiten am Zaun an der serbischen Grenze abkommandiert.

Bayern hat Ungarn Unterstützung zum Schutz der EU-Außengrenzen zugesichert. Zur Bewältigung der hohen Flüchtlingszahlen müsse alles getan werden, um das Schengen-Abkommen unbedingt aufrecht zu erhalten und zu schützen, teilte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Freitag nach einem Telefonat mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban mit.

«Jetzt geht es deshalb darum, alles zu unternehmen und zu unterstützen, was den Schutz der EU-Außengrenzen sicherstellt. Hier ist gerade Ungarn auf Hilfe, Unterstützung und Zusammenarbeit aller EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Institutionen angewiesen», hieß es in der Mitteilung der Staatskanzlei. München rechnet bis zum Ende des Wochenendes mit fast 50.000 Flüchtlingen am Münchner Hauptbahnhof. Am Freitag würden es 10.000 werden, an den nächsten beiden Tagen dann 40.000, sagte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern. Ab Freitagabend helfe die Bundeswehr mit Soldaten und Fahrzeugen, den Flüchtlingsstrom zu bewältigen.

Ungarn schlage der EU-Kommission einen Fünf-Punkte-Plan zum Management der Flüchtlingskrise vor. Vor allem gehe es darum, eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass Griechenland seine Grenze besser vor Flüchtlingen schütze. «Wenn Griechenland seine Außengrenzen nicht schützt, müssen wir es tun», sagte Orban.

EVP-Fraktionschef Weber erklärte, er sei mit Orbans Vorschlägen einverstanden. Ungarn sei beim Grenzschutz «besser aufgestellt» als Griechenland und bemühe sich, europäisches Recht einzuhalten. Orbans Diskussionsbeiträge zur Flüchtlingsfrage seien «wichtig» und bewegten auch die EVP. «Man muss auch an die Flüchtlinge appellieren» und klarstellen, «dass es kein Recht gibt, sich einen bestimmten Platz in Europa auszusuchen», sagte Weber.

Zur Notversorgung von Flüchtlingen bat Ungarn die EU um Hilfe. Budapest habe beantragt, den sogenannten EU-Mechanismus für den Zivilschutz in Gang zu setzen, teilte die EU-Kommission am Freitag mit. Darüber soll in Brüssel umgehend entschieden werden. Es gehe konkret um Matratzen, Bettwäsche oder Heizmaterial. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos wird am kommenden Mittwoch Ungarn besuchen.

Wenn vom kommendem Dienstag an die Überquerung des Zauns an der Grenze zu Serbien strafbar werde, sei zudem mit der Inhaftierung und schnellen Abschiebung von zahllosen Flüchtlingen zu rechnen. Damit entstehe eine schwierige Lage mit unabsehbaren Folgen für Serbien.

Im Budapester Ostbahnhof warteten am Freitag weiter mehrere hundert Flüchtlinge auf die Weiterreise nach Hegyeshalom an der ungarisch-österreichischen Grenze. Von dort aus wollen sie zu Fuß nach Österreich gelangen. Mehr als 3600 Menschen trafen laut Polizei zwischen Mitternacht und Freitagmorgen im österreichischen Grenzort Nickelsdorf ein, etliche wurden noch erwartet.

Orban kritisierte in der Bild-Zeitung erneut die Bundesregierung. «Wir müssen ernsthaft über die Folgen der deutschen Entscheidung sprechen, die Migranten nach Deutschland zu lassen. Diese Ankündigung hat in Ungarn eine Revolte ausgelöst.» Migranten seien aus ihren Unterkünften ausgebrochen und hätten Polizisten angegriffen. «Sie verweigerten, sich registrieren zu lassen, wie es das EU-Recht vorschreibt.» Zuvor habe sein Land, wenn auch mit Mühe, die Lage im Griff gehabt. Erst als die deutsche Regierung angekündigt habe, EU-Regeln vorübergehend außer Kraft zu setzen, sei in Ungarn das Chaos ausgebrochen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...