Die Gewinnwarnung im Zuge der Abgas-Affäre hat die Talfahrt der Volkswagen-Aktie am Dienstag noch einmal beschleunigt. Die Titel rauschten um bis zu 23,3 Prozent auf 101,35 Euro in die Tiefe, nachdem die Aktien bereits am Montag um knapp 19 Prozent eingebrochen waren. Damit büßte der Wolfsburger Konzern seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals knapp 27 Milliarden Euro an Börsenwert ein. Dies entspricht in etwa der gesamten Marktkapitalisierung der Münchener Rück, des weltgrößten Rückversicherers.
Volkswagen teilte am Mittag mit, im Zuge der Affäre rund 6,5 Milliarden Euro zur Seite zu legen. Die Ergebnisziele würden entsprechend angepasst. Es sei zweifelhaft, ob die 6,5 Milliarden Euro ausreichen, sagte Equinet-Analyst Holger Schmidt. Schließlich müsse nicht nur die Strafe aus den USA abgedeckt werden, sondern Kunden auch ein Ausgleich für die zurückgerufenen Fahrzeuge gezahlt werden. Aus Sicht des Experten ist nun ein Austausch des Managements nötig, damit die Talfahrt der Volkswagen-Aktie gestoppt werden kann. "Ohne einen personellen Neuanfang, wird die Aktie sich nicht erholen können." Nach Einschätzung von Marktanalyst Heino Ruland vom Brokerhaus ICF könnte die Aktie noch auf bis zu 80 Euro fallen.
Martin Winterkorn soll an bereits Freitag als Vorstandsvorsitzender abgelöst werden. Wie der Tagesspiegel unter Berufung auf Aufsichtsratskreise am Dienstag berichtet, soll Porsche-Chef Matthias Müller sein Nachfolger werden. Winterkorn habe nach dem Diesel-Abgasbetrug in den USA nicht mehr das Vertrauen des Kontrollgremiums. Am Mittwoch tagt das Präsidium des VW-Aufsichtsrates, am Freitag das gesamte Gremium. Von VW war bislang keine Stellungnnahme zu erhalten.
Ein Sprecher der VW-Sportwagentochter Porsche sagte, er habe derzeit keine Informationen zu einer Ernennung Müllers. Der Porsche-Chef befinde sich bei einer VW-Vorstandssitzung in Wolfsburg.
Frankreich fordert eine Untersuchung auf europäischer Ebene. "Wir sind ein europäischer Markt mit europäischen Regeln. Und die müssen eingehalten werden", sagte Finanzminister Michel Sapin am Dienstag dem Radiosender "Europe 1". Die Untersuchung solle aber nicht nur Volkswagen betreffen. "Ich denke, um die Menschen zu beruhigen, sollten wir sie auch auf die französischen Hersteller ausdehnen." Er habe aber keinen Anlass zu glauben, dass sich diese so wie Volkswagen verhalten hätten.
Die Affäre um manipulierte Abgaswerte von Volkswagen in den USA ruft auch die Schweizer Behörden auf den Plan. Das Bundesamt für Straßen untersucht Angaben eines Sprechers vom Dienstag zufolge, ob derselbe Typ von Diesel-Fahrzeugen auch in der Schweiz verkauft wurde. Mit Ergebnissen sei innerhalb von einigen Tagen zu rechnen. VW hatte eingeräumt, bei Diesel-Fahrzeugen in den USA Software zur Manipulation von Abgasnormen eingebaut zu haben. VW war für eine Stellungnahmen vorerst nicht erreichbar.