Politik

Putins überraschende Allianz: Russland hat Israel über Luftschläge informiert

Russland geht bei seinem Vorgehen offenbar gezielt unerwartete Allianzen ein – und überrascht damit die Amerikaner: Israel zeigt sich nämlich erstaunlich gelassen über die Entwicklung. Die Regierung wurde vorab von Moskau informiert.
30.09.2015 21:55
Lesezeit: 2 min

Wladimir Putin scheint beim Nahost-Einsatz der russischen Streitkräfte in Syrien eine unerwartete Allianz geschlossen zu haben. Während vor allem die US-Militärs versuchen, die Russen in die Rolle des Aggressors zu drängen, hat sich Putin offenbar vorab der Unterstützung Israels versichert: Die Regierung in Jerusalem bestätigte am Mittwochabend, von den ersten Luftschlägen der Russen informiert worden zu sein. Die Absprachen waren bei einem Treffen von Premier Benjamin Netanjahu und Wladimir Putin in Moskau vereinbart. Sie dürften ziemlich detailliert gewesen sein. Denn Israel sagte, die Absprache am Mittwoch sei nach einem Mechanismus erfolgt, den Netanjahu und Putin vereinbart hatten. Ziel der Kooperation ist es, Irritationen zwischen den Russen und der israelischen Armee zu verhindern.

Anders als die Medien der US-Neocons schreibt die Times of Israel unter Berufung auf die syrische Opposition, dass bei dem Angriff der Russen 30 Dschihadisten getötet worden sein sollen, darunter 12 Kindersoldaten. Die radikalen Islamisten setzen traditionell Kinder bei ihren Kämpfen ein – nicht zuletzt, um entsprechende Bilder zu produzieren und um die westliche Öffentlichkeit zu manipulieren. Zeitungen, die in einem besonderen Naheverhältnis zur Nato stehen wie die Bild-Zeitung, haben die Bilder auch prompt gebracht – ohne jedoch über die Hintergründe aufzuklären.

Die nachrichtendienstliche Webseite DEBKAfile berichtet, dass Russland die Luftschläge aus der neuen Einsatzzentrale in Bagdad koordiniere, in der Militärs aus Syrien, Iran und dem Irak vertreten sind. Die Russen hatten die Amerikaner eingeladen, in dieser Einrichtung mitzuwirken, was Washington jedoch abgelehnt habe, berichtete die FT. Die USA haben eine Einsatzzentrale in Amman. Dort sind neben US-Militärs auch Militärs aus Saudi-Arabien, Jordanien, Israel, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten vertreten.

DEBKAfile meldet, dass die russischen Militäraktionen nicht auf Syrien beschränkt seien. Erklärtes Ziel der Russen ist der Kampf gegen den IS – unabhängig davon, in welchem Land sich die Kampftruppen aufhalten. Die Russen haben den Kampf offenbar lange und präzise vorbereitet, schreibt DEBKAfile.

Ob wirklich IS-Stellungen bekämpft wurden oder aber die Angriffe den gegen Assad kämpfenden Rebellen galten, ist schwer zu beurteilen. Die Tatsache, dass jedoch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte den Tod der Dschihadisten meldet, deutet darauf hin, dass die Aussagen der Russen stimmen.

Doch Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, in Syrien andere Gruppen als die radikal-islamische IS-Miliz mit Luftangriffen ins Visier zu nehmen.

Die Rücksichtnahme auf Israel hat zwei Gründe: Zum einen ist die israelische Armee die einzige Streitmacht in der Region, die entscheidend militärisch eingreifen kann. Zum anderen eint Moskau und Jerusalem die Überzeugung, dass gegen radikale islamistische Terror-Gruppen ein wirkungsvoller Kampf geführt werden müsse. In israelischen Sicherheitskreisen gibt man sich hinter vorgehaltener Hand enttäuscht über die bisherigen militärischen Leistungen der USA. Inwieweit Israel weitergehende Kooperationen mit Russland einzugehen bereit ist, ist unklar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Daimler Truck-Aktie trotz Prognosesenkung an DAX-Spitze: Lkw-Bauer wehrt sich erfolgreich gegen US-Zölle
14.05.2025

Die Daimler Truck-Aktie trotzt schlechten Nachrichten, überrascht Anleger – doch bleibt der Aufwärtstrend stabil? Zwischen US-Zöllen,...

DWN
Politik
Politik Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren
14.05.2025

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus...

DWN
Politik
Politik Regierungserklärung: Merz ruft zum gemeinsamen Aufbruch auf – "Der Staat, das sind wir alle"
14.05.2025

Die erste Merz-Regierungserklärung verspricht klare Antworten auf große Herausforderungen. Doch wie viel Wandel steckt wirklich hinter...

DWN
Politik
Politik Zollschock für Ukraine – EU will Agrarimporte drastisch begrenzen
14.05.2025

Ausgerechnet mitten im Krieg plant Brüssel drastische Zollgrenzen für ukrainische Agrarprodukte – ein Signal der Schwäche, das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Preisdruck lässt nach: Inflation schwächt sich im April auf 2,1 Prozent ab
14.05.2025

Die Inflation in Deutschland hat im zweiten Monat nacheinander an Dynamik verloren. Dahinter steckt vor allem ein Faktor. Im Alltag fällt...

DWN
Finanzen
Finanzen Schenkung statt Erbe: Steuern sparen durch die Nutzung der Freibeträge
14.05.2025

Nicht erst beim Erbe kann man Vermögen innerhalb der Familie übertragen. Oft ist es sinnvoll, bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten an...

DWN
Finanzen
Finanzen Tui-Aktie verliert deutlich nach Quartalszahlen - wie geht's weiter beim Reisekonzern?
14.05.2025

Die Tui-Aktie ist nach Veröffentlichung der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal deutlich unter Druck geraten. Am Mittwochmorgen...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Unklare Details vor Friedensgesprächen in Istanbul
14.05.2025

Kurz vor dem geplanten Dialog zur Lösung des Ukraine-Kriegs bleibt unklar, in welchem Rahmen die Friedensgespräche in Istanbul...