Politik

Flüchtlinge: Innenminister de Maizière wagt keine Prognose mehr

Chaos bei den Flüchtlingszahlen: Die EU meldet per Ende September 710.000 „Migranten“. Der Innenminister meldet bis Oktober allein 758.000 Ankünfte in Deutschland. Irgendetwas stimmt da nicht – und Thomas de Maizière möchte jetzt keine Prognose mehr abgeben.
05.11.2015 16:45
Lesezeit: 1 min

Die Zahlen der in der EU angekommenen Flüchtlinge sind widersprüchlich. Die EU meldet laut dpa in ihrer neuesten Konjunktur-Prognose, dass per Ende September 710.000 „Migranten in die EU“ gekommen seien. Die Zahlen sollen auf den Zahlen der Grenzschutz-Agentur Frontex beruhen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière gab am Donnerstag an, dass im laufenden Jahr „in Deutschland bereits etwa 758.000 Flüchtlinge registriert worden“ seien, so die dpa.

Damit ist die von de Maizère im August aufgestellte Prognose von 800.000 Flüchtlingen für das ganze Jahr 2015 hinfällig. Der Innenminister „hält dennoch an seiner Vorhersage fest“. Das ist eigenartig, und von de Maizière ziemlich seltsam begründet. De Maizière: „Die Herausgabe einer neuen Prognose würde ausländisch und von Schleppern missbraucht als zusätzliche Einladung, zu uns zu kommen. Ein solches Signal möchte ich nicht aussenden.“

Das Kuddelmuddel mit den Zahlen zeigt, dass die EU und die Regierung den Überblick weitgehend verloren zu haben scheinen. Denn Es kann nicht sein, dass in der ganzen EU ungefähr gleich viele Flüchtlinge angekommen sind wie allein in Deutschland, selbst wenn man den Oktober als Unterscheid berücksichtigt. Es ist unklar, warum die EU von Migranten spricht und Deutschland von Flüchtlingen. Was ist mit den illegalen Einwanderern? Man fragt sich, wie nun die weiteren Planungen aussehen: Nach welchen Zählungen wird eine Quote festgelegt? Wie sieht die Allokation von Ressourcen für die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aus? Worauf müssen sich die ehrenamtlichen Helfer einstellen?

Die Desorientierung der Bundesregierung und ihre höchst unprofessionelle Kommunikation werden dazu beitragen, dass das Thema Raum für immer weitere Spekulationen und Mutmaßungen bietet. Die Begründung mit den Schleppern klingt nach einer Ausrede, die dem Innenminister ein PR-Berater in letzten Minute zugeflüstert hat, damit man sich auf der Pressekonferenz nicht blamiert. Die Bundesregierung entfernt sich jeden Tag weiter von einem auch nur einigermaßen vertretbaren Krisenmanagement. Es ist völlig unklar, wie die Koalition mit einer solchen Desorganisation auf dem Flüchtlingsgipfel zu einer realitätsnahen Lösung kommen soll.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...