Unternehmen

Verfall des Ölpreises kann weltweite Rezession beschleunigen

Lesezeit: 2 min
24.01.2016 23:54
Die anhaltenden Tiefstpreise bei Erdöl bringen Unternehmen vielen Branchen in Bedrängnis. Nach den Förderern geraten auch Dienstleister und Zulieferer in Schwierigkeiten. Längst müssen nicht mehr nur die Produzenten Ausgaben zurückfahren und Stellen streichen.

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die Tiefstände beim Ölpreis haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Unternehmen – auch solche, die nur indirekt mit der Ölindustrie verbunden sind. Nach den Förderern geraten nun vermehrt auch Dienstleister und Zulieferer in Bedrängnis und müssen Ausgaben zurückfahren und Stellen streichen. Derweil sieht die Internationale Energieagentur (IEA) vorerst kein Ende des weltweiten Überangebots.

Die großen Erdölproduzenten halten sich mit Investitionen zurück. Dadurch geraten auch Unternehmen aus anderen Branchen zunehmend in Bedrängnis. Zu diesen gehört der Genfer Prüfkonzern SGS, der am Mittwoch für das vergangene Jahr einen Gewinnrückgang von knapp 13 Prozent vermeldete. Der Umsatz sank um etwa drei Prozent, was vor allem auf die schwierige Lage im Ölgeschäft zurückzuführen ist. SGS generiert rund die Hälfte seines Umsatzes in den Sparten Öl, Gas und Chemie – Auftragsrückgänge durch den tiefen Rohölpreis wirken sich deshalb besonders stark auf das Gesamtergebnis des Unternehmens aus. Der erst kürzlich angetretene Chef Frankie Ng reagiert darauf mit einem Sparprogramm: Demnach soll SGS grundlegend reorganisiert werden, wozu auch eine Reduzierung der Sparten und eine schlankere Verwaltung gehören.

Turbulenzen am Ölmarkt schlagen sich auch am Aktienmarkt nieder: Titel von Minenbetreibern, Rohstoffhändlern und Ausrüstern haben sich seit Beginn des Preisverfalls vor eineinhalb Jahren deutlich verbilligt: Aktien des Bohrinselbetreibers Transocean fielen an der Zürcher Börse von etwa 40 Franken auf aktuell etwa 9 Franken. Transocean gab Ende 2015 an, den Schweizer Leitindex SMI zu verlassen. Die Aktie von SGS lag im Sommer 2014 bei rund 2200 Franken und notiert jetzt bei rund 1750 Franken. Und auch die Aktie des Schweizer Rohstoffhändlers Glencor sackte an der Londoner Börse in diesem Zeitraum von etwa 3,50 Pfund auf derzeit etwa 0,8 Pfund ab.

Unter Druck stehen auch Zulieferbetriebe von Erdölfirmen wie die österreichische Ölfeld-Servicefirma Schoeller-Bleckmann (SBO). SBO produziert Bohrköpfe und -gestänge für die Erdölförderung. Für das vergangene Jahr meldete SBO einen operativen Verlust (Ebit) von 24 Millionen Euro und einen Rückgang der Auftragszahlen von fast 60 Prozent. Im Jahr 2014 konnte noch ein operativer Gewinn von fast 70 Millionen Euro ausgewiesen werden.

Auch Firmen, die Maschinen und Personal für Ölfelder bereitstellen, gehören zu den Leidtragenden der derzeitigen Rohstoffbaisse. Amec Foster Wheeler etwa. Amec hatte vor zwei Jahren den im Schweizerischen Zug ansässigen US-Konzern Foster Wheeler übernommen. Damals stand der Ölpreis noch über 100 Dollar pro Barrel (159 Liter). Der anschließende Preisverfall bescherte der Aktie des zweitgrößten britischen Ölfeldausrüsters einen Verlust von 70 Prozent in 18 Monaten. Allein im vergangenen November gab der Kurs der Aktie rund 20 Prozent ab, nachdem Amec Foster Wheeler eine Kürzung der Dividenden bekanntgegeben hatte. Am Donnerstag kündigte außerdem der amerikanische Ölkonzern Southwestern an, rund 1100 Arbeitsplätze abzubauen. Dies entspricht in etwa 40 Prozent der Belegschaft.

Die Vorzeichen sind weiterhin negativ: Nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur dürfte das Angebot die Nachfrage nach Erdöl auch in diesem Jahr deutlich übertreffen. Wichtige Faktoren sind laut der IEA die Angebotsausweitung durch die Rückkehr des Iran auf die globalen Märkte und ein sich abzeichnender Nachfragerückgang in China. Die Großbank JP Morgan rechnet damit, dass die ölproduzierenden Länder im laufenden Jahr bis zu 240 Milliarden Dollar an Vermögenswerten abstoßen müssen, um die Schieflage ihrer Staatshaushalte auszugleichen. Ihre Berechnungen basieren auf einem Ölpreis von 31 Dollar.

 


Mehr zum Thema:  
Auto >

DWN
Politik
Politik USA zielen mit neuen Sanktionen auf Russlands Energiebranche
10.01.2025

Die scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden verhängt die nach eigenen Angaben bislang schärfsten Sanktionen gegen Russlands...

DWN
Panorama
Panorama Trump schuldig - aber keine Strafe
10.01.2025

Mit aller Kraft versuchte Trump zu verhindern, dass kurz vor seinem Amtsantritt die Strafe im Schweigegeld-Prozess verkündet wird. Es gibt...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl 2025: Briefwahl für Auslandsdeutsche zeitlich fast unmöglich - werden Millionen Stimmen fehlen?
10.01.2025

Für Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, wird es zeitlich sehr knapp, ihre Stimme für die Bundestagswahl 2025 abzugeben....

DWN
Panorama
Panorama Russischer Öltanker vor Rügen: "Eventin" mit 99.000 Tonnen Öl an Bord - was der Vorfall für die Sicherheit der Ostsee bedeutet
10.01.2025

Ein russischer Öltanker vor Rügen in Seenot: Die Eventin, wie der Gigant heißt, ist beladen mit rund 99.000 Tonnen Öl und gehört zur...

DWN
Panorama
Panorama Maul- und Klauenseuche zurück in Deutschland - steigen nun die Lebensmittelpreise?
10.01.2025

Maul- und Klauenseuche erstmals seit Jahren in Deutschland ausgebrochen. Der Erreger ist für bestimmte Tierarten wie Rinder hoch...

DWN
Technologie
Technologie Bundeswehr soll Waffen gegen Drohnen einsetzen dürfen
10.01.2025

Die Bundeswehr darf künftig Drohnen abschießen. Damit soll Spionage, Sabotage und Anschlägen vorgebeugt werden. Das Gesetz kommt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmer finden keine Nachfolger: Hunderttausende Mittelständler vor der Schließung 2025
10.01.2025

Will denn keiner? Gibt es niemand Kompetenten? Hunderttausenden von deutschen Mittelständlern droht das Aus, weil die Inhaber keine...

DWN
Technologie
Technologie Die Wiedergeburt der Dornier 328: Wie Deutschland wieder in den Flugzeugbau einsteigt
10.01.2025

Die Deutsche Aircraft baut im bayerischen Oberpfaffenhofen derzeit am Prototyp der D328 eco, ein Nachfolgemodell des letzten...