Politik

BKA-Gesetz zu Terrorbekämpfung teils verfassungswidrig

Das Gesetz zur Terrorbekämpfung durch das BKA ist in weiten Teilen verfassungswidrig, so das Verfassungsgericht. Die Befugnisse der Behörde zur heimlichen Überwachung greifen unverhältnismäßig in die Grundrechte der Bürger ein.
20.04.2016 10:25
Lesezeit: 1 min

Die Kompetenzen des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Terrorbekämpfung widersprechen teilweise dem Grundgesetz. Zwar sind heimliche Überwachungen von Wohnungen, Computern und Telefongesprächen durch das BKA mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe. Die Eingriffe seien aber in vielen Bereichen unverhältnismäßig und müssten begrenzt werden. Der Gesetzgeber muss deshalb zahlreiche Vorschriften bis spätestens zum 30. Juni 2018 nachbessern. (Az: 1 BvR 966/09 und 1 BvR 1149/09)

Durch das BKA-Gesetz wurde das Bundeskriminalamt 2009 für die Terrorabwehr zuständig. Vorher war die Abwehr künftiger Gefahren Sache der Länderpolizei. Zudem kann das BKA seitdem zur Abwehr von Terrorgefahren heimliche Maßnahmen ergreifen, also mit Hilfe von Trojanern auf Computer zugreifen oder Wohnungen von Verdächtigen mit versteckten Kameras und Mikrofonen ausforschen. Dagegen hatten FDP-Politiker, Journalisten und Anwälte sowie Bundestagsabgeordnete der Grünen Verfassungsbeschwerden eingereicht.

Der Erste Senat beanstandete die Regelungen zum sogenannten Lauschangriffs, also der heimlichen Überwachung der Wohnung. Er kippte die Vorschrift, dass auch die Wohnungen von Kontaktpersonen Verdächtiger gezielt ausgespäht werden können. Hier muss sich die Überwachung auf die Wohnung der Zielpersonen beschränken. Außerdem müssen die aufgezeichneten Bilder und Gespräche zunächst von einer unabhängigen Stelle gesichtet werden. Private oder intime Teile müssen gelöscht werden. Nur das, was nicht zum Kernbereich privater Lebensführung gehört, darf an das BKA weitergegeben werden.

Auch beim Ausspähen von Computern müssen zunächst unabhängige Personen die Daten sichten und entscheiden, was höchstpersönlich ist und nicht verwendet werden darf. Bei Gefahr in Verzug ist allerdings eine unmittelbare Verwendung möglich.

Die Kläger hatten beanstandet, dass die Sicherheitsbehörde schon aktiv werden könne, wenn noch keine konkrete Gefahr für terroristische Straftaten gegeben sei. Der Erste Senat folgte dem nicht und fordert in seinem Urteil keine konkrete oder unmittelbare Gefahr als Voraussetzung für die Maßnahmen. Überwachungen könnten auch dann erlaubt sein, wenn etwa eine Person aus einem Ausbildungslager für Terroristen in die Bundesrepublik einreise, so das Urteil.

Den Schutz von Anwälten vor Überwachungsmaßnahmen erweiterten die Verfassungsrichter. Er gilt künftig für alle Anwälte und nicht nur für Strafverteidiger. Bei Journalisten und Ärzten hatten die Karlsruher Richter aber keine Beanstandungen. Beide Berufsgruppen hatten moniert, sie seien durch das Gesetz nicht ausreichend vor Ausforschungen geschützt.

Der Erste Senat war sich nicht einig in der Beurteilung des BKA-Gesetzes. Zwei Verfassungsrichter gaben Sondervoten ab, weil das Urteil dem Gesetzgeber zu detaillierte Vorgaben mache.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...