Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament am Donnerstag für ein Einfrieren der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei gestimmt. Mehrere Fraktionen stellten sich hinter den Antrag, der eine Reaktion auf das Vorgehen der türkischen Führung gegen Medien und Oppositionelle nach dem Putschversuch im Juli ist. Die Resolution ist allerdings nicht bindend. Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, sprach dennoch von einem starken Signal, dass 479 Abgeordnete in dem 751-köpfigen Plenum für den Antrag gestimmt hätten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bereits gesagt, dass die erwartete Resolution für ihn ohne Bedeutung sei.
Die Türkei hat bisher von der EU im Rahmen der Beitrittsverhandlungen etwa 9 Milliarden Euro erhalten, wie die Zahlen der EU-Kommission ergeben. Der Betrag erstreckt sich auf einen Zeitraum von 9 Jahren. Im Vergleich: Der jährliche Haushalt der Türkei beträgt etwa 160 Milliarden Euro.
Seit dem Putschversuch haben sich die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU signifikant verschlechtert. Viele EU-Politiker vertreten noch heute die Auffassung, dass der Putsch vor allem im Interesse Erdogans gewesen sei. Die USA hatten den Putsch dagegen rasch verurteilt - auch weil in der Türkei der Verdacht aufkam, die USA könnten hinter dem Putsch stehen. Auch die Nato dementierte jede Verbindung - und bemüht sich seit einiger Zeit auffallend um das Wohlwollen von Präsident Erdogan. Am Montag kritisierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Ankara die Putschisten. Sie sollen Teil eines Netzwerks sei, das um den in Pennsylvania lebenden Prediger Gülen entstanden ist. Es gibt zahlreiche Hinweise, dass die US-Geheimdienste dieses Netzwerk wohlwollend unterstützen.
Erdogan hat mehrfach kritisiert, dass die EU "Terroristen" und Putschisten unterstütze.
Die Zeitung Sabah titelte am Donnerstag in einem Kommentar: "Die Unterstützung der EU für den Terror treibt die Türkei in die Arme der Nato".
Die unfreundliche Resolution des EU-Parlaments gegen die Türkei ist eine der letzten Amtshandlungen des scheidenden EU-Präsidenten Martin Schulz. Schulz kündigte am Donnerstag in Brüssel an, dass er sich einen Job in Berlin suchen werde.