Wie die Linde AG laut Reuters bestätigt, hätten die Amerikaner einen "modifizierten Vorschlag" für eine Fusion unter Gleichen vorgelegt. Ein Insider hatte gesagt, Praxair habe die Münchener Nummer zwei auf dem Weltmarkt bereits in der vergangenen Woche aufgefordert, in Verhandlungen einzusteigen. Der Linde-Vorstand prüfe den Vorschlag, hieß es in der Mitteilung. Die Gespräche über die Megafusion waren vor zwei Monaten überraschend geplatzt, weil sich beide Seiten nicht über zentrale Fragen wie den Firmensitz, Entwicklungsstandorte und Führungspersonalien einigen konnten.
Was Praxair an dem Fusionsplan geändert hat, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Connecticut bestätigte zwar den erneuten Vorstoß, wollte sich aber nicht zu Einzelheiten äußern. Laut Linde geht es aber weiterhin um eine Fusion unter Gleichen. Das bedeutet, dass keiner der beiden Partner einen größeren Aufschlag auf den Aktienkurs des anderen zahlt. Trotzdem legten Praxair-Aktien an der New Yorker Börse fast drei Prozent zu, Linde gewannen im Frankfurter Späthandel 3,7 Prozent.
Praxair und Linde waren an der Börse fast gleich viel wert, als die Fusionspläne im Sommer ruchbar geworden waren. Seither hat sich die Praxair-Aktie besser entwickelt als das Linde-Papier. Praxair kommt auf einen Marktwert von fast 34 Milliarden Dollar (31,8 Milliarden Euro), Linde auf 27,9 Milliarden Euro. Dabei sind die Amerikaner mit knapp zehn Milliarden Euro Umsatz nur halb so groß sind wie Linde, Praxair ist allerdings deutlich profitabler.
Linde wollte durch den Zusammenschluss wieder zurück an die Weltspitze im Markt für Industriegase. Die Münchener waren durch die Übernahme von Airgas durch die französische Air Liquide auf Platz zwei abgerutscht. Die Gasebranche ist weltweit stark konsolidiert. Nach einer Fusion von Praxair und Linde wären nur noch drei große Anbieter übrig. Ein Knackpunkt wäre bei einem solchen Schritt deshalb die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden.
Der Vorstoß der Amerikaner kommt für Linde zur Unzeit. Vorstandschef Wolfgang Büchele hatte nach dem Scheitern der Fusion seinen Rückzug angekündigt. Er will Ende April abtreten, hat Linde aber zuvor noch einen harten Sparkurs verordnet. Der Konzern soll die jährlichen Kosten bis 2019 um 550 Millionen Euro senken. Experten zufolge könnte das 3000 bis 4000 Stellen kosten. Eine erneute Kehrtwende könnte die Gespräche mit den Arbeitnehmern erschweren, auch die Zustimmung des Aufsichtsrats wäre dann fraglich. Ein zweiter Insider sagte, eine Wiederaufnahme der Gespräche sei nur denkbar, wenn Praxair seine harte Haltung zu den strittigen Punkten aufgäbe.
Büchele hatte Ende Oktober eingeräumt, dass das Scheitern der Fusion der zentrale Auslöser für seinen Abschied gewesen sei. "Es war meine Vision, die Nummer 1 über den Merger zu schaffen. Jetzt ist das ein anderes Spiel, und das ist nicht meine Priorität", sagte er. Insidern zufolge hatte Finanzchef Georg Denoke hinter den Kulissen gegen die Fusion mit Praxair gearbeitet. Er musste bereits gehen.