Technologie

Snapchat: Unternehmen ohne Gewinne ist 34 Milliarden Dollar wert

Lesezeit: 2 min
03.03.2017 00:03
Snapchat ist ein Unternehmen, dass noch nie Gewinne gemacht hat und auch für die nahe Zukunft keine erwartet. Aktionäre haben kein Mitspracherecht. An der Börse bricht ein regelrechter Hype aus.
Snapchat: Unternehmen ohne Gewinne ist 34 Milliarden Dollar wert

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Lauren Hirsch von Reuters analysiert den Börsenstart von Snapchat:

Die Aktie des Snapchat-Betreibers Snap ist am Donnerstag bei ihrer Premiere an der Wall Street durchgestartet. Die Papiere des Messaging-Dienstes verteuerten sich bei hohen Umsätzen gegenüber dem Ausgabepreis zeitweise um rund die Hälfte. Erster Kurs war 24 Dollar. Es ging dann bis auf 26,05 Dollar nach oben. Das Papier beendete den ersten Handelstag mit 24,48 Dollar, was einem Aufschlag von 44 Prozent gegenüber dem Emissionspreis entspricht. Die New Yorker Börsen schlossen dagegen im Minus.

Es ist einer der größten Börsengänge in der Technologiebranche überhaupt. Snap hatte am Mittwoch 200 Millionen Aktien zu jeweils 17 Dollar bei Investoren untergebracht - deutlich mehr als die eigentlich erwarteten 14 bis 16 Dollar. Bereits kurz nach Ermittlung des ersten Kurses empfahlen allerdings die Analysten des Anlageberaters Pivotal Research die Aktien zum Verkauf und riefen ein Kursziel von zehn Dollar aus. Das Papier sei deutlich überbewertet.

Insgesamt fließen dem WhatsApp-Rivalen 3,4 Milliarden Dollar zu. Unternehmensgründer Evan Spiegel nimmt 272 Millionen Dollar ein. Die Nachfrage hatte die angebotenen Papiere um mehr als den Faktor zehn überstiegen. Auf Basis des Schlusskurses ist das Unternehmen an der Börse rund 34,5 Milliarden Dollar wert, obwohl es weiter rote Zahlen schreibt, nicht mit Gewinnen rechnet und die Aktionäre kein Mitspracherecht bekommen.

Zum Vergleich: Beim Kurznachrichtendienst Twitter, dessen Umsatzwachstum zuletzt fast zum Erliegen kam, sind es etwas mehr elf Milliarden Dollar. In Deutschland sind etwa die Lufthansa, die Deutsche Bank und der Chiphersteller Infineon aus dem Kreis der 30 Dax-Unternehmen deutlich weniger wert. Die amerikanischen Technologie-Riesen Facebook und Apple sind fast 400 Milliarden beziehungsweise 733 Milliarden Dollar wert.

Snap aus Los Angeles ist erst fünf Jahre alt, und es gibt Zweifel am Geschäftsmodell. Das war beim Facebook-Börsengang ähnlich. Mittlerweile sind die Bedenken aber weg. Quartal für Quartal verdient das weltgrößte Internet-Netzwerk jetzt Milliarden.

Snapchat wird vor allem von Menschen unter 30 Jahren genutzt, die es schätzen, dass ihre Nachrichten schnell wieder gelöscht werden. Ende 2016 kam der Dienst auf 158 Millionen aktive Nutzer, 48 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Nettoverlust summierte sich auf knapp 515 Millionen Dollar nach 373 Millionen im Jahr 2015. Das Unternehmen nimmt vor allem mit Werbung Geld ein und konkurriert insofern direkt mit Google und Facebook.

Der Zeitpunkt für den Börsengang ist günstig. Die wichtigsten Aktienindizes in New York kletterten zuletzt fast täglich auf Rekordstände. Die Börse wird von der Hoffnung angeschoben, dass der neue US-Präsident Donald Trump für mehr Wachstum, Investitionen und Jobs sorgt. Jetzt wird mit weiteren Börsengängen gerechnet, nicht nur aus der Techbranche. "Das Umfeld ist fantastisch. Man spürt die Lebensgeister hier. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als derzeit", sagte Stephen Massocca vom Finanzdienstleister Wedbush Securities. Außerdem herrschte bei Börsengängen im Technologie-Sektor im vergangen Jahr Zurückhaltung.

Analysten wie Neil Wilson vom Wertpapierhändler ETX Capital sprachen allerdings von einer "grotesken Bewertung". Denn diese entspreche bereits zum Ausgabekurs etwa dem 60-Fachen des Snap-Umsatzes. Das ist mehr als doppelt so viel wie vor fünf Jahren bei Facebook. Dies galt damals schon als extrem. Das Snap-Management argumentiert mit der vielen Zeit, die Mitglieder die App nutzen. Außerdem gebe es ein großes Umsatzpotenzial, weil die Jugend verstärkt Videos in der Kommunikation untereinander nutze.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

 

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...