Politik

TTIP ist zurück: US-Regierung will Freihandel mit der EU

Lesezeit: 3 min
23.04.2017 00:52
TTIP ist zurück: US-Regierung will Freihandel mit der EU. (Dieser Artikel ist nur für Abonnenten zugänglich)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP stehen möglicherweise vor ihrer Wiederaufnahme: Der Sprecher der Republikaner im US-Kongress, Paul Ryan, sagte in einem Vortrag beim Think Tank Policy Exchange, dass die US-Regierung Freihandelsabkommen nicht ablehnt:

„Wir wollen nicht, dass China die Regeln der Weltwirtschaft des 21. Jahrhunderts schreibt. Wir wollen das übernehmen. Wir wollen faire Bedingungen für unsere Geschäfte. Und ja, wir wollen Freihandelsdeals. Aber sie müssen intelligente Handelsgeschäfte sein. Sie müssen den Arbeitnehmern helfen und die Löhne erhöhen. Sie müssen hochbezahlte, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen. Die gute Nachricht ist, dass diese genau die Art von Arbeitsplätzen sind, die Sie von klaren Freihandelsabkommen erhalten. Und wir müssen die Instrumente weiter schärfen, um unfaire Handelspraktiken zu bekämpfen.“

Im Hinblick auf den EU-Austritt der Briten sagte Ryan:

„Nach der Auslösung von Artikel 50 werden das Vereinigte Königreich und die EU im Laufe der Verhandlungen den besten Weg finden. Wir wollen, dass die Parteien zusammenkommen und eine dauerhafte Vereinbarung treffen. Eine starke britische EU-Beziehung ist in allen unseren besten Interessen.

Zum TTIP sagte Ryan:

„In diesem Zusammenhang werden die Vereinigten Staaten weiterhin eng mit unseren EU-Freunden zusammenarbeiten und einen Weg vorwärts auf TTIP-Verhandlungen entwerfen. In meiner früheren Aufgabe als Vorsitzender des Ways and Means Ausschusses war dies immer meine oberste Priorität. Gleichzeitig fühlen wir uns verpflichtet, mit Präsident Trump und Ihrer Regierung zusammenzuarbeiten, um ein bilaterales Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien zu erreichen.

Das ist eine der überparteiliche Botschaften, die ich mitgebracht habe – von Demokraten und Republikanern - , dass die Vereinigten Staaten bereit sind, so bald wie möglich ein neues Handelsabkommen mit Großbritannien zu schließen, damit wir das große Potential zwischen unseren Leuten weiter erschließen können.“

Die Times of London schriebt, dass Ryan damit den „bisher deutlichsten Hinweis gegeben habe, dass TTIP eine Auferstehung erleben könnte“. Ryans Wort hat Gewicht, weil US-Präsident Donald Trump allein nicht starkt genug sein dürfte, um sich einem Freihandelsabkommen mit der EU zu verweigern - wenn es die Republikaner wirklich wollen. Wie bei Großbritannien ist auch beim TTIP zu erwartet, dass die Republikaner die Unterstützung von einigen Demokraten bekommen werden. Zahlreiche Abgeordnete aus beiden Parteien sind vor allem Lobbyisten und als solche jenen verpflichtet, die Handelsinteressen haben.

Die Times berichtet außerdem, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel US-Präsident Donald Trump überzeugt habe, dem TTTIP zuzustimmen. Allerdings ist hier bei den Quellen der Times eine gewisse Vorsicht angebracht. Die Times-Erzählung ist byzantinisch ausgeschmückt, dass man sie nur schwer glauben kann. Reuters übernimmt den Bericht und referiert aus der Times:

„Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Trump davon überzeugt, dass ein Abkommen mit der EU leichter zu erreichen sei, als dieser bislang angenommen habe.

Trump habe Merkel zehn Mal gefragt, ob die USA ein bilaterales Handelsabkommen mit Deutschland schließen könnten, zitierte die Zeitung einen nicht näher genannten ranghohen deutschen Politiker. Jedes Mal habe Merkel geantwortet, ein solches Handelsabkommen könne nur mit der EU vereinbart werden. ,Bei der elften Ablehnung hat Trump schließlich kapiert: ,Oh, dann machen wir eben mit Europa einen Vertrag‘‘, wird der Politiker zitiert.“

Die Times berichtet, dass EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in der kommenden Woche US-Handelssekretär Wilbur Ross und andere Offizielle der US-Regierung besuchen werde. Die Times spekuliert, dass die EU den Eindruck verhindern will, besonders heiß auf das Abkommen zu sein. Dies würde die Verhandlungsposition der EU schwächen. Allerdings soll die „wirtschaftliche und strategische Grundlage“ für einen Deal diskutiert werden, wenn die Amerikaner dazu bereit sind.

Die Times:

„Vor der Präsidentschaftswahl des vergangenen Jahres hatten die EU und die USA mit dem TTIP-Deal Fortschritte gemacht, aber die Absicht von Trump, multilaterale Abkommen zu verwerfen, schien das Ende von TTIP zu signalisieren. Allerdings haben sechs derzeitige und ehemalige Handelsbeamte aus den USA, Großbritannien und der EU gesondert gesagt, dass das Weiße Haus seine Position bei der Ablehnung eines Freihandelsabkommens mit der EU gemildert habe, seit Trump das Amt übernommen hat. Von den sechs glaubte allerdings nur einer, dass die TTIP-Gespräche wieder aufgenommen würden, während fünf unsicher waren, ob der Deal wieder aufgenommen oder ein neuer vorgeschlagen würde.“

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte bei einem Treffen der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländern in Washington, er sehe Anzeichen für eine Entspannung im Streit mit der neuen US-Regierung über Abschottung und Freihandel. In der Tendenz hätten sich die Fronten gegenüber dem letzten Treffen der G20-Gruppe gelockert, sagte Schäuble am Freitag in Washington. Er glaube daher, dass man das Problem beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg "einer unkonfrontativen Lösung" zuführen könne.

Die bisherige politische Praxis der Trump-Regierung würde dafür sprechen, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Denn Trump hat in den wichtigsten politischen Positionen seine Meinung stets geändert. Im Fall des TTIP wäre eine solche taktische Kehrtwende durchaus nachvollziehbar, weil sich die Amerikaner davon eine stärkere Verhandlungsposition erhoffen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...