Finanzen

IWF fordert von Deutschland „höhere Steuern auf Eigentum“

Der IWF fordert eine höhere Besteuerung der Sparguthaben und Vermögen in Deutschland.
10.05.2017 16:14
Lesezeit: 3 min

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Der Internationale Währungsfonds (IWF) erneuert seine Forderung nach höheren Abgaben auf Sparguthaben in Deutschland. Deutschland müsse nach Auffassung des Fonds mehr für ein "inklusives Wachstum" tun, berichtet Reuters unter Berufung auf einen Handelsblatt-Bericht. Das soll "eine breitere Teilhabe aller Bürger an den Früchten des Wachstums" bedeuten, schreibt Reuters unter Berufung auf mehrere Personen, die mit dem anstehenden Deutschland-Bericht des Fonds befasst sind. Der IWF moniere die relativ hohe Abgabenlast auf untere Einkommen bei einer gemessen daran vergleichsweise niedrige Belastung von Vermögenden. "Der IWF hält deshalb höhere Steuern auf Eigentum für notwendig", heißt es in dem Bericht. Auch höhere Lohnsteigerungen könnten dem deutschen Wachstum Impulse geben, ohne das dadurch ein Anheizen der Inflation zu erwarten wäre.

Das Thema ist nicht neu: Bereits 2014 hatte der IWF genau eine solche Abgabe ins Gespräch gebracht. Der IWF-Bericht (hier im Original, Englisch) „Fiscal Monitor“ entwickelt auf Seite 49 des Dokuments die Logik hinter der Maßnahme:

„Die deutliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen in vielen Ländern hat das Interesse an einer Zwangsabgabe auf Vermögen (capital levy) geweckt. Dies ist eine einmalige Abgabe als eine außergewöhnliche Maßnahme, um die Nachhaltigkeit der Schulden wiederherzustellen. Der Charme einer solchen Maßnahme besteht darin, dass eine solche Steuer erhoben werden kann, bevor es zu einer Steuerflucht kommen kann. Dazu muss der Glaube hergestellt werden, dass diese Maßnahme einmalig ist und niemals wiederholt wird. Die Steuer würde die Bürger nicht verstören. Einige würden sie sogar als fair empfinden.“

Der IWF formulierte damals:

„Eine solche Abgabe würde starke Hürden zu überwinden haben. Doch diese müssen abgewogen werden gegen die Alternativen: Diese wären die Ablehnung der öffentlichen Schulden (also Staatspleiten, Anm. d. Red.) oder Inflation.“

Der IWF hatte damals bereits ausgerechnet, wie viel die Maßnahme jeden Bürger der Euro-Zone kosten würde:

„Die Höhe der Steuer müsste bewirken, dass die europäischen Staats-Schulden auf das Vorkrisen-Niveau zurückgefahren werden. Um die Schulden auf den Stand von 2007 zurückzufahren (zum Beispiel in den Ländern der Euro-Zone), ist eine Steuer von etwa 10 Prozent für Haushalte mit einem positiven Vermögensstand notwendig.“

Damals war  bereits davon die Rede, dass die Maßnahme alle "Haushalte mit einem positiven Vermögensstand" zur Bezahlung der Staatsschulden herangezogen werden, weshalb der Begriff der "Vermögen" irreführend ist. Steuern auf Eigentum treffen immer die breite Masse am stärksten,  da sich die wirklich großen Vermögen durch die legale oder kreative Nutzung von Steueroasen  international dem Zugriff des Fiskus  entziehen. Die durchschnittlichen Sparguthaben liegen dagegen für den Fiskus jederzeit offen. Mit der Verwendung des Kampfbegriffs der "Vermögen" soll der Maßnahme die Schärfe genommen werden. Dementsprechend würde sich in Deutschland keine politische Partei gegen eine solche Steuer wenden. Unklar ist lediglich, welche Freibeträge gewährt werden und inwieweit illiquides Vermögen wie etwa Einfamilienhäuser einbezogen werden. In  der Regel werden zum Ende einer Schuldenkrise auch Immobilien mit einer Zwangsabgabe belebt. Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung beschlossen, die Einheitswerte in Deutschland neu berechnen zu lassen. Es ist unwahrscheinlich, dass diese beschlossen wurde, um die Abgaben zu senken.

Die Inflation hat in den vergangenen Monaten bereits angezogen. Allerdings liegt die reale Inflation deutlich unter der offiziellen Euro-Inflation. Diese wird durch eine falsche Gewichtung des Ölpreises verzerrt, liefert aber der EZB die Rechtfertigung für die niedrigen Zinsen. Die Geldpolitik der EZB führt zur laufenden finanziellen Repression der Sparer durch Enteignung. Sie ermöglicht den Staaten allerdings, sich weiter zu verschulden. Das haben die Staaten im Euro-Raum in den vergangenen Jahren auch exzessiv getan. Der Abbau der Schulden wird, da sind sich mittlerweile alle Experten einig, nicht ohne schmerzhafte Einschnitte bei Sparguthaben und Vermögen erfolgen können.

Vor wenigen Wochen hatten Experten des Fonds bereits in Washington erklärt, sie rechneten mit einem langsamen, schrittweisen Anstieg der Teuerung in Deutschland und der EU in den näheren Zukunft. Das deutsche Wachstum werde für die nächsten Jahr bei moderat durchschnittlich eineinhalb bis eindreiviertel Prozent pro Jahr liegen. Die viel kritisierten deutschen Leistungsbilanzüberschüsse würden zwar ab 2018 von derzeit über acht in Richtung 7,5 Prozent sinken, doch das halten die IWF-Experten für immer noch deutlich zu hoch.

Für die Bundesregierung kommen die Empfehlungen wenige Monate vor der Wahl zur Unzeit. Daher ließ das Ministeriums von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch verlauten, Deutschland befände insgesamt in einer" sehr guten wirtschaftlichen Verfassung. Die Datenbasis etwa zur Entwicklung der Investitionen, der Reallöhne und zur Frauenerwerbstätigkeit sprächen dafür, "dass sich solche Empfehlungen durch die Faktenlage einigermaßen widerlegen lassen". Die Vorschläge des IWF seien "nicht neu" und gingen "weitgehend an der Realität" vorbei.

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