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Frankreich hat zwei historischen Rekorde zu vermelden: Die Franzosen verweigerten mit klarer Mehrheit die Teilnahme an dieser eigentlich nicht ganz unwichtigen Wahl. Meinungsforscher sehen die Wahlbeteiligung über den Tag gerechnet bei 42 bis 43 Prozent. Das wäre ein neuer Tiefstand in der Geschichte der 1958 gegründeten Fünften Republik. Zur Wahl aufgerufen waren 47 Millionen Franzosen.
Die zweite Novität: Es gewann eine "Bewegung" von Emmanuel Macron, die quasi aus dem Nichts kam, sich neu nennt, aber im wesentlichen aus Vertretern der alten Parteien besteht, die ihre ehemaligen Gesinnungsgemeinschaften einfach hinter sich ließen. Die Bewegung war von langer Hand geplant und bereits in der Amtszeit von Macron als Wirtschaftsminister von Francois Hollande in die Wege geleitet worden.
Sein Programm ist ausgesprochen wirtschaftsliberal und bankenfreundlich, durchaus militaristisch und mit einer entsprechenden Prise Heuchelei gewürzt: Als eine der ersten Maßnahmen will Macron ein Gesetz für mehr Moral in der Politik durch die Nationalversammlung bringen. Er selbst war kurz unter Druck geraten, weil einer seiner engsten Vertrauten in eine Immobilien-Affäre verwickelt sein soll.
Macron kann sich der Zustimmung vieler Medien gewiss sein, insbesondere derer, die von französischen Steuergeldern finanziert werden: Die AFP bezeichnet die verheerend niedrige Wahlbeteiligung als "Schönheitsfehler", der jedoch bald "vergessen sein" werden. Die öffentlich-rechtliche Agentur jubelt: "Mit seiner deutlichen Mehrheit in der Nationalversammlung kann der junge Staatschef durchregieren."
Macron hat sich mit seiner Bewegung wie erwartet die absolute Mehrheit im Parlament gesichert. Das Bündnis um seine Partei La République en Marche holte am Sonntag laut Hochrechnungen bei der zweiten Runde der Parlamentswahl 355 bis 425 der insgesamt 577 Sitze. Konservative und Sozialisten erlitten schwere Verluste. Bei der Wahlbeteiligung zeichnete sich ein historisches Tief ab.
Macrons Partei kam zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem auf deutlich mehr als die 289 Sitze, die für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung nötig sind.
Die Opposition in der Nationalversammlung schrumpft dagegen deutlich zusammen: Das konservative Lager erzielte den Hochrechnungen zufolge zwischen 97 und 130 Abgeordnetenmandate und halbiert sich damit nahezu.
Die Sozialisten von Ex-Staatschef François Hollande und verbündete linke Parteien kamen demnach sogar nur auf 27 bis 49 Sitze in der Nationalversammlung. Zuvor hatten sie fast 300 Mandate inne. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis nannte das Wählervotum "unmissverständlich" und kündigte seinen Rücktritt an.
Linkspartei und Kommunisten gewannen zwischen zehn und 30 Mandate, der Front National (FN) von Marine Le Pen zwischen vier und acht Sitze. Parteichefin Le Pen selbst gewann in ihrem Wahlkreis in Nordfrankreich, wie sie der Nachrichtenagentur AFP sagte. Sie zieht damit erstmals in die Nationalversammlung ein. In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Mai war Le Pen deutlich gegen Macron unterlegen.