Politik

Frankreich: Macron gewinnt absolute Mehrheit einer Minderheit

Lesezeit: 2 min
18.06.2017 22:40
Bei der Wahl zur französischen Nationalversammlung haben etwa 57 Prozent der Wahlberechtigten den Urnengang verweigert.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Frankreich hat zwei historischen Rekorde zu vermelden: Die Franzosen verweigerten mit klarer Mehrheit die Teilnahme an dieser eigentlich nicht ganz unwichtigen Wahl. Meinungsforscher sehen die Wahlbeteiligung über den Tag gerechnet bei 42 bis 43 Prozent. Das wäre ein neuer Tiefstand in der Geschichte der 1958 gegründeten Fünften Republik. Zur Wahl aufgerufen waren 47 Millionen Franzosen.

Die zweite Novität: Es gewann eine "Bewegung" von Emmanuel Macron, die quasi aus dem Nichts kam, sich neu nennt, aber im wesentlichen aus Vertretern der alten Parteien besteht, die ihre ehemaligen Gesinnungsgemeinschaften einfach hinter sich ließen. Die Bewegung war von langer Hand geplant und bereits in der Amtszeit von Macron als Wirtschaftsminister von Francois Hollande in die Wege geleitet worden.

Sein Programm ist ausgesprochen wirtschaftsliberal und bankenfreundlich, durchaus militaristisch und mit einer entsprechenden Prise Heuchelei gewürzt: Als eine der ersten Maßnahmen will Macron ein Gesetz für mehr Moral in der Politik durch die Nationalversammlung bringen. Er selbst war kurz unter Druck geraten, weil einer seiner engsten Vertrauten in eine Immobilien-Affäre verwickelt sein soll.

Macron kann sich der Zustimmung vieler Medien gewiss sein, insbesondere derer, die von französischen Steuergeldern finanziert werden: Die AFP bezeichnet die verheerend niedrige Wahlbeteiligung als "Schönheitsfehler", der jedoch bald "vergessen sein" werden. Die öffentlich-rechtliche Agentur jubelt: "Mit seiner deutlichen Mehrheit in der Nationalversammlung kann der junge Staatschef durchregieren."

Macron hat sich mit seiner Bewegung wie erwartet die absolute Mehrheit im Parlament gesichert. Das Bündnis um seine Partei La République en Marche holte am Sonntag laut Hochrechnungen bei der zweiten Runde der Parlamentswahl 355 bis 425 der insgesamt 577 Sitze. Konservative und Sozialisten erlitten schwere Verluste. Bei der Wahlbeteiligung zeichnete sich ein historisches Tief ab.

Macrons Partei kam zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem auf deutlich mehr als die 289 Sitze, die für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung nötig sind.

Die Opposition in der Nationalversammlung schrumpft dagegen deutlich zusammen: Das konservative Lager erzielte den Hochrechnungen zufolge zwischen 97 und 130 Abgeordnetenmandate und halbiert sich damit nahezu.

Die Sozialisten von Ex-Staatschef François Hollande und verbündete linke Parteien kamen demnach sogar nur auf 27 bis 49 Sitze in der Nationalversammlung. Zuvor hatten sie fast 300 Mandate inne. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis nannte das Wählervotum "unmissverständlich" und kündigte seinen Rücktritt an.

Linkspartei und Kommunisten gewannen zwischen zehn und 30 Mandate, der Front National (FN) von Marine Le Pen zwischen vier und acht Sitze. Parteichefin Le Pen selbst gewann in ihrem Wahlkreis in Nordfrankreich, wie sie der Nachrichtenagentur AFP sagte. Sie zieht damit erstmals in die Nationalversammlung ein. In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Mai war Le Pen deutlich gegen Macron unterlegen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Trump und die Nato-Ausgaben
09.01.2025

Trump müsse bei Nato-Ausgaben vorlegen, fordert der britische Außenminister David Lammy. Während Trump von den Nato-Mitgliedern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rekordkrankenstand: Deutschlands Wirtschaft zahlt Milliarden - kommt nun die Teilzeit-Krankmeldung?
09.01.2025

Rekordkrankenstand in Deutschland: Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und Konjunkturflaute ist das für Unternehmer ein hohes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitalwirtschaft in Deutschland: Wachstum trotz Konjunkturschwäche
09.01.2025

Die Digitalwirtschaft boomt trotz Konjunkturflaute in Deutschland - und schafft immer mehr Arbeitsplätze. 2025 sagen Experten ein weiteres...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Exporte steigen wegen USA
09.01.2025

Im November stiegen die deutschen Ausfuhren auf ein Jahreshoch. Das US-Geschäft erlebte dabei ein kräftiges Plus, während die EU-Märkte...

DWN
Politik
Politik Deutschland-Flugabwehr: Bundeswehr darf nicht mit neuen Luftabwehrraketen IRIS-T SLM üben - peinlich statt einsatzfähig!
09.01.2025

Die Bundeswehr übt Stillstand, die Kritik am Kanzler wird immer lauter: Mit markigen Worten verschleiert Olaf Scholz, dass die...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
09.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...

DWN
Politik
Politik Migration: Deutschland bleibt Spitzenreiter bei Asylanträgen in der EU
09.01.2025

Migration: Die Zahl der Asylanträge in Deutschland ist 2024 drastisch zurückgegangen. Mit knapp 230.000 Erstanträgen verzeichnete das...

DWN
Politik
Politik Ramstein-Treffen zum Ukraine-Krieg: Fokus auf Flugabwehr und Militärhilfe - Selenskyi mit dabei
09.01.2025

Beim Ramstein-Treffen beraten internationale Partner der Ukraine über die weitere Unterstützung des Landes im Krieg gegen Russland. Der...