Politik

Italien erhöht Druck auf NGO-Transporte von Migranten

Italien macht bei der EU Druck wegen der NGO-Schiffe mit Migranten. Die NGOs warnen vor drastischen Folgen.
03.07.2017 01:09
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Joris Fioriti und Ella Ide von der AFP berichten:  

Italien hat von seinen EU-Partnern mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer gefordert. Italiens Innenminister Marco Minniti sagte vor einem Treffen mit seinen Kollegen aus Frankreich und Deutschland am Sonntagabend, Schiffe mit geretteten Flüchtlingen sollten künftig auch Häfen in anderen EU-Ländern ansteuern. Aus dem Umfeld des französischen Innenministers Gérard Collomb gab es bei dem Treffen eine "Einigung in mehreren Punkten".

In Italien sind seit Jahresbeginn nach UN-Angaben fast 20 Prozent mehr Flüchtlinge angekommen als im Vorjahreszeitraum. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass seit Jahresbeginn mehr als 83.000 Bootsflüchtlinge in Italien eintrafen.

Minniti traf sich deshalb am Sonntagabend mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und dem französischen Ressortchef Gérard Collomb in Paris zu einem Arbeitsessen, um über ein gemeinsames Vorgehen zur Unterstützung Italiens in der Flüchtlingskrise zu beraten. Auch EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulous nahm an dem Treffen teil.

Nach zweieinhalb Stunden verließen die Gäste das französische Innenministeriums, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Mitglied der italienischen Delegation sagte, die Gespräche seien "absolut gut" verlaufen und "die italienischen Vorschläge" diskutiert worden. Details wollte das Delegationsmitglied nicht nennen.

Aus französischen Delegationskreisen hieß es, es gebe eine "Einigung in mehreren Punkten", die am Montagvormittag veröffentlicht werden sollten. Sie sollten Ende der Woche in Tallinn von allen 28 EU-Staaten beschlossen werden. In der estnischen Hauptstadt findet am Donnerstag ein informelles EU-Innenministertreffen zu dem Thema statt.

Italienischen Medien zufolge könnte Rom auf einen europäischen Verhaltenskodex für private Schiffe mit Flüchtlingen und Migranten im gesamten Mittelmeer dringen. Kritiker werfen den im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen vor, mit ihren Rettungseinsätzen Schleuseraktivitäten zu begünstigen.

Vor dem Treffen hatte Minniti gesagt, dass es ein starkes Signal wäre, wenn auch die anderen europäischen Staaten ihre Häfen für Flüchtlinge öffneten. An den Rettungseinsätzen im Mittelmeer seien neben der italienischen Küstenwache auch Schiffe der EU-Mission "Sophia", der EU-Grenzschutzagentur Frontex und von Hilfsorganisationen beteiligt

"Wenn die einzigen Häfen, in die Flüchtlinge gebracht werden, italienische Häfen sind, stimmt etwas nicht", fügte der Minister im Gespräch mit der Zeitung "Il Messaggero" hinzu.

Die Vereinten Nationen fordern ebenfalls Unterstützung: Der aus Italien stammende UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi sagte am Samstag in Genf, die Rettung und Unterbringung der Flüchtlinge sei ein "Problem von internationaler Bedeutung" und "nicht nur ein Problem Italiens". Allein in der vergangenen Woche seien 12.000 Flüchtlinge an Italiens Küsten angekommen, seit Jahresbeginn seien schon 2300 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

Italien hatte der EU zuvor damit gedroht, ausländischen Schiffen mit geretteten Flüchtlingen künftig die Einfahrt in seine Häfen zu verbieten. Das Land sieht sich nach eigenen Angaben nicht mehr in der Lage, die Situation zu bewältigen.

Die Organisation SOS Méditerranée, die Bootsflüchtlingen im Mittelmeer zu Hilfe kommt, erklärte, das Ansteuern anderer europäischer Häfen mit Flüchtlingen an Bord sei schwierig. Ein solches Vorgehen sei "vollkommen unmöglich mit mehr als tausend Personen an Bord", sagte Mathilde Auvillain von SOS Méditerranée der Nachrichtenagentur AFP. Schiffe, die Flüchtlinge retten, müssten sich wenigstens in italienischen Häfen versorgen können. "Oder wir stoppen im Meer, um uns selbst retten zu lassen", warnte Auvillain.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...