Finanzen

Opec verliert die Kontrolle über den Ölpreis

Die Fördermenge des Ölkartells Opec ist entgegen der eigenen Abmachungen gestiegen. Die Ölpreise sacken weiter ab.
11.07.2017 01:06
Lesezeit: 2 min

Die Notierungen für Rohöl sind in den vergangenen Tagen deutlich gesunken. Das Förderkartell Opec scheint endgültig die Kontrolle über die Preisgestaltung verloren zu haben.

Spekulationen auf eine hohe weltweite Überproduktion hatten die Ölpreise am Montag weiter unter Druck gesetzt, berichtet Reuters. Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich zwischenzeitlich um gut ein Prozent auf ein Zwei-Wochen-Tief von 46,15 Dollar je Barrel (159 Liter). US-Leichtöl der Marke WTI kostete mit 43,66 Dollar zwischenzeitlich rund 1,3 Prozent weniger. „Die Preise reagieren damit auf Nachrichten einer steigenden Ölproduktion in den USA“, schrieben die Analysten der Commerzbank. Dem Öldienstleister Baker Hughes zufolge war in der Woche zum 7. Juli die Zahl der Ölbohrungen um sieben auf 763 Förderanlagen gestiegen. Das entspricht dem Stand von April 2015. Schon am Freitag waren die Preise im Sog eine steigenden US-Produktion gestiegen.

Auch am Dienstag sind die Ölpreise wieder ins Minus gedreht. Nach wie vor ist die Soge vor einem längerfristigen Überangebot das alles beherrschende Thema am Ölmarkt und belastet die Preise, berichtet dpa. Gegen Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im September 46,59 US-Dollar. Das waren 29 Cent weniger als am Montag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur August-Lieferung fiel um 27 Cent auf 44,13 Dollar.

Bloomberg zitiert mehrere Analysten, die eine anhaltende Schwäche bei den Preisen erwarten und ihre Prognosen für die kommenden Monate angepasst haben. „Es wird auf der ganzen Welt bis etwa 2020 viel zu viel Öl produziert, verladen und vermarktet“, wird ein Analyst von Macquarie Capital zitiert.

Unter den Mitgliedsstaaten der Opec scheint sich angesichts der tiefen Preise Unbehagen breitzumachen. Laut Medienberichten wird inzwischen erwogen, den Sonderstatus der Mitgliedsländer Libyen und Nigeria – welche beide von der seit Anfang 2017 gültigen Förderbegrenzung ausgenommen sind – abzuschwächen.

Beide Länder hatten ihre Produktionsmenge zuletzt merklich erhöht, nachdem sich die innenpolitischen Lage beruhigt hatte und eine Förderung wieder möglich wurde. Dadurch ist die Opec-Produktion trotz der Senkung der Fördermengen in den anderen Kartell-Ländern insgesamt weiter gestiegen, was überhaupt nicht mit dem Ziel des Kartells vereinbar ist, die Notierungen für Rohöl durch eine Angebotsbegrenzung zu stabilisieren. Beide Länder seien deshalb zu einem Treffen noch diesen Monat eingeladen worden, um die Stabilität ihrer Produktion zu diskutieren, sagte der kuwaitische Ölminister Issam Almarzooq am Wochenende in Istanbul.

„Nigeria wird definitiv zu einem Problem für uns“, wird ein Abgeordneter aus einem Opec-Land vom Market Watch zitiert. Die Fördermenge Libyens ist seit vergangenem Oktober von etwa 400.000 Barrel täglich auf über eine Million Barrel pro Tag gestiegen. Nigerias Fördermenge ist im gleichen Zeitraum von etwa 200.000 Barrel täglich auf aktuell rund 1,6 Millionen Barrel gestiegen, schreibt die Energieberatungsfirma JBC aus Wien. Einer Studie des Nachrichtendienstes Platts zufolge dürfte die Fördermenge beider Staaten in den kommenden Monaten weiter zulegen.

In einer aktuellen Analyse wollten Rohstoffexperten der US-Investmentbank Goldman Sachs ein Abrutschten der Ölpreise unter die Marke von 40 Dollar nicht ausschließen. Ihrer Einschätzung nach muss die Opec ihre bereits beschlossene Kürzung der Fördermenge ausweiten, um die Talfahrt der Ölpreise zu stoppen.

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