Politik

Jamaika: Verhandlungen mühsam wegen Migration und Klima

Die Koalitionsverhandlungen für Jamaika haben sich bei den Themen Migration und Klima als mühsam erwiesen.
17.11.2017 01:40
Lesezeit: 2 min

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Andreas Rinke, Thorsten Severin und Hans-Edzard Busemann von Reuters berichten über die Koalitionsverhandlungen:

Die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition konnten am Freitag zunächst noch nicht wie geplant in der Nacht abgeschlossen werden. Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen unterbrachen am frühen Freitagmorgen nach rund 15 Stunden ihre Verhandlungen und vertagten sich auf den Mittag. Die Frist für ihre Sondierungen wollen sie notfalls bis Sonntag ausweiten. Teilnehmern zufolge standen die Gespräche zeitweise auf der Kippe. Vor allem Grüne und CSU hätten sich im Streit über die Flüchtlingspolitik verhakt. "Es geht weiter. Das ganze Wochenende, davon gehen wir mal aus", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sprach sich sogar gegen eine zeitliche Begrenzung aus: "Ich würde nach den Erfahrungen der letzten Tage kein Zeitlimit sehen."

Die Partei-Sondierungen über die Bildung einer Jamaika-Koalition laufen seit vier Wochen. "Wir sind überzeugt, dass wir zusammenkommen können, wenn wir zusammen kommen wollen", sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). Auch FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich zuversichtlich: "Wir haben in vielen Bereichen Übereinstimmungen festgestellt." Pessimistischer äußerte sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki: Auch nach vier Wochen seien die Sondierer in wesentlichen Punkten nicht weitergekommen. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner unterstrich, bisher sei "nichts vereinbart, es ist nichts beschlossen". Es gehe im Laufe des Tages mit frischem Schwung weiter – Gründlichkeit gehe vor Eile.

In Verhandlungskreisen hieß es, dass sich die Unterhändler vor allem bei der Flüchtlingspolitik festgebissen hätten. Seehofer bezeichnet den Familiennachzug als zentralen Knackpunkt. Die CSU pocht auf eine Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit eingeschränktem Schutz über März 2018 hinaus – die Grünen halten das für untragbar. Kontroversen gab es auch über den finanziellen Spielraum, der der künftigen Bundesregierung zur Verfügung steht.

Vor allem Grüne und CSU gerieten Teilnehmern zufolge immer wieder aneinander. So wurde in Grünen-Kreisen gestreut, die CSU-Vertreter seien sich in den Sondierungen nicht einig. Dies wurde von CSU-Seite energisch zurückgewiesen. Seehofer warf Grünen-Bundesgeschäftsführer Kellner "Falschbehauptungen" über einen angeblichen Streit innerhalb der CSU vor. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt habe ihm gegenüber eingeräumt, dass Kellner nicht in ihrem Sinne gehandelt habe.

Grüne einerseits sowie Union und FDP andererseits warfen sich vor, eigentlich gelöste Streitfragen wieder aufgeschnürt zu haben. Vor allem Grüne und CSU stehen unter dem Druck ihrer Basis: Die Grünen-Spitze müsste am 25. November von einem Parteitag Zustimmung zu formellen Koalitionsgesprächen bekommen. In der CSU tobt vor der bayerischen Landtagswahl im Herbst kommenden Jahres ein Machtkampf.

Die Parteivorsitzenden und Chefunterhändler hatten bereits am Donnerstagnachmittag über mögliche Annäherungen beraten. Zuvor hatte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel an die Kompromissbereitschaft aller appelliert: "Wenn das gelingt, (...) kann daraus etwas sehr Wichtiges für unser Land entstehen in einer Zeit großer Polarisierung."

Die Generalsekretäre der Parteien hatten sich bereits auf eine Präambel eines möglichen Sondierungspapiers geeinigt. Allerdings hakte es in dem ersten gemeinsamen Gesamtentwurf eines Sondierungspapiers an vielen Stellen. So waren sich die Sondierer zwar einig, dass der Soli-Zuschlag in mehreren Schritten abgebaut werden sollte. Aber das Datum des völligen Ausstiegs sowie der Umfang des schrittweisen Abbaus blieben in dem Papier offen. Einvernehmen bestand jedoch in der Frage, dass sowohl der Soli-Abbau als auch die Entlastung für Familien Priorität haben sollten.

Beim Thema Klima bot die Union den Grünen an, bis 2020 mehr als die bisher offerierten drei bis fünf Gigawatt Leistung an Kohlestrom aus dem Netz zu nehmen. Dem Vernehmen nach brachte Merkel sieben Gigawatt ins Gespräch. Die Grünen fordern aber eine Abschaltung in der Größenordnung von acht bis zehn Gigawatt. Ihrer Meinung nach können nur so die nationalen Klimaschutzziele 2020 erreicht werden.

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