Deutschland

Deutschland erzielt weltgrößten Bilanz-Überschuss

Lesezeit: 2 min
16.01.2018 17:04
Deutsche Unternehmen haben im vergangenen Jahr einen extremen Leistungsbilanzüberschuss erzielt. Dieser ist doppelt so hoch wie jener des Zweitplatzierten China.
Deutschland erzielt weltgrößten Bilanz-Überschuss

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Deutschland hat dem Ifo-Institut zufolge im vergangenen Jahr erneut den weltweit größten Überschuss in der Leistungsbilanz erzielt. Mit umgerechnet 287 Milliarden Dollar sei er mehr als doppelt so groß ausgefallen wie der von Exportweltmeister China mit 135 Milliarden Dollar, ergaben der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorliegende Berechnungen der Münchner Forscher. "Damit lag Deutschland zum zweiten Mal in Folge vor allen anderen Ländern", sagte Ifo-Experte Christian Grimme zu Reuters. Noch vor China auf Platz zwei schob sich diesmal Japan, das einen Überschuss von etwa 203 Milliarden Dollar erwirtschaftete.

Die Daten bergen politischen Zündstoff: Deutschland wird wegen seines enormen Überschusses von US-Präsident Donald Trump kritisiert, aber auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission. Letztere hält Überschüsse von dauerhaft mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes für stabilitätsgefährdend, da Ländern mit Überschüssen solchen gegenüberstehen, die Defizite haben und sich verschulden müssen. Den Ifo-Berechnungen zufolge lag der deutsche Überschuss im vergangenen Jahr mit 7,8 Prozent erneut weit über dieser Marke, auch wenn er geringer ausfiel als 2016 mit 8,3 Prozent (Video am Anfang des Artikels).

"Der deutsche Überschuss lässt sich vor allem auf den Warenhandel zurückführen", erklärte Grimme. Hier übertrafen die Exporte die Importe allein in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres um 249 Milliarden Euro. "Haupttreiber war die Nachfrage nach deutschen Waren aus der EU und den USA." Zum Überschuss trugen aber auch die Erträge aus den im Ausland angelegten Vermögen bei. Das daraus resultierende Einkommen erreichte bis November netto 49 Milliarden Euro. Das macht mehr als ein Fünftel des Überschusses aus.

Wird nur der Warenhandel berücksichtigt, dann ist China erneut das Land mit dem weltgrößten Exportüberschuss. "Allerdings gaben die Chinesen noch mehr als in der Vergangenheit für Reisen in das Ausland aus", sagte Grimme. "Dadurch wurde der Leistungsbilanzüberschuss deutlich gedämpft." Der starke Anstieg des japanischen Überschusses erkläre sich durch zusätzlich empfangene Zahlungen aus Auslandsvermögen.

Das Ifo-Institut erwartet, dass der deutsche Überschuss auch in diesem Jahr bei 7,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen wird. Sollten die Notenbanken ihre Zinsen stärker als erwartet erhöhen, könnte er auch höher ausfallen. "Sollte sich die geldpolitische Ausrichtung stärker als erwartet normalisieren, dürften über höhere Kapitalmarktzinsen die Einnahmen aus dem Auslandsvermögen steigen", sagte Grimme. "Dadurch würde der deutsche Leistungsbilanzüberschuss dann höher ausfallen."

Die anhaltend hohen Leistungsbilanzüberschüsse sind für Außenhandelspräsident Holger Bingmann ein Weckruf, um die deutschen Einfuhren kräftiger nach oben zu fahren. Zunächst einmal seien die Überschüsse ein Ausweis dafür, dass Deutschland in der Welt „tolle Produkte und Dienstleistungen“ von hoher Qualität anzubieten habe, sagte der neue Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es wäre ein Fehler, nun die Ausfuhren zu drosseln. Stattdessen müsse Deutschland die Importe stärker fördern, um das weltweit kritisierte Ungleichgewicht im deutschen Außenhandel zu korrigieren.

„Ich bin aber ehrlich ein bisschen beunruhigt über das Handelsbilanzdefizit, das wir als Europäische Union gegenüber Amerika haben, was moderne Dienstleistungen im IT-Bereich und benachbarten Feldern betrifft“, ergänzte Bingmann. „Wir müssen schauen, dass wir im Bereich der Amazons, der Googles aufholen, um hier nicht Ungleichgewichte in den entsprechenden Produkten zu erzeugen.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...