Finanzen

Der Fall Novo Banco: Das öffentliche Interesse und das Vertrauen in den Markt

Die Banken-Abwicklungen in Spanien und Portugal zeigen: Die neuen EU-Richtlinien schaffen Rechtsunsicherheit und untergraben das Vertrauen von Investoren.
23.01.2018 00:59
Lesezeit: 2 min

Die EU-Abwicklungsrichtlinie für notleidende Kreditinstitute erlaubt die Abwicklung von Banken im öffentlichen Interesse. Zwei Fälle in Portugal und Spanien zeigen, dass durch diese Möglichkeit Rechtsunsicherheit für Investoren entstehen kann. Leidet das Vertrauen der Investoren, wirkt sich das auf die Stabilität der Finanzmärkte und damit auch auf das öffentliche Interesse aus.

Die Financial Times griff am 19. Januar 2018 die Fälle der portugiesischen Novo Banco und den Verkauf der spanischen Banco Popular auf. In beiden Fällen wurde die EU Abwicklungsrichtlinie (Banking Recovery and Resolution Directive, BRRD) mit dem Verweis auf das öffentliche Interesse angewandt.

Die Novo Banco entstand 2014 als good bank der angeschlagenen Banco Espírito Santo (BES). Die gesunden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten gingen an die Novo Banco – die „toxischen“ verblieben in der BES. Im Dezember 2015 übertrug die portugiesische Zentralbank Banco de Portugal dann weitere Anleihen (Bonds) in Höhe von 2 Milliarden Euro aus der Novo Banco an die bad bank. Begründet wurde der Schritt mit dem öffentlichen Interesse und der Notwendigkeit für die Stabilität des Finanzsektors. Zuvor stellte die Europäische Zentralbank (EZB) einen Kapitalbedarf von 1,4 Milliarden Euro bei der Novo Banco fest.

Für die Inhaber der verschobenen Anleihen, wie Blackrock und Pimco, bedeutete das einen starken Werkverlust für ihre Investments. Im April 2016 leiteten sie rechtliche Schritte gegen das Vorgehen ein. Da noch keine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage vorliegt, starteten sie Ende 2017 unter dem Namen „The Novo Note Group“ eine Webseite und ein Twitter Konto. Die Banco de Portugal habe die Pari-Passu-Klausel (Gleichrangigkeitszusicherung für Schuldner) gebrochen. Außerdem habe sie ihre Rechte missbraucht. Einziges Ziel sei es gewesen die finanzielle Lage der Novo Banco zu verbessern.

Das Vorgehen schade auch Portugal selbst: Die finanzielle Situation des Landes hätte sich verschlechtert, das Vertrauen sei beschädigt. Portugal zahle dadurch pro Jahr 200 Millionen Euro mehr Zinsen. Die fälligen Rückzahlungen an die EZB seien so deutlich teurer. Auch die portugiesischen Banken litten unter höheren Zinsen im Vergleich zu italienischen oder spanischen Banken.

Protektionismus oder öffentliches Interesse?

Zwei Aspekte machen den Fall besonders:

1) Von 52 möglichen Bonds, die an die bad bank übertragen werden konnten, wurden nur fünf ausgewählt. Diese fünf Bonds haben gemeinsam, dass für sie portugiesisches Recht gilt – für die anderen 47 nicht. Rechtsstreitigkeiten vor internationalen Gerichten sollten vermieden werden, vermuten die Betroffenen.

2) Die Übertragung der Bonds an die bad bank fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Banco de Portugal noch alleine über den Transfer entscheiden konnte. Die EU Abwicklungsrichtlinie war bereits in Kraft. Die zentrale europäische Stelle – das Single Resolution Board (SRB) – zur Überwachung der Richtlinie nahm ihre Arbeit aber erst am 01. Januar 2016 auf. Im Dezember 2015 hatte die Banco de Portugal als zuständige Abwicklungsbehörde das Recht, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von der Novo Banco in die BES zu verschieben, wenn dies im öffentlichen Interesse geschehe.

Auch Entscheidungen auf europäischer Ebene verunsichern Investoren

Nach Interpretation der Kläger wählte die Banco de Portugal nur solche Bonds aus, die unter portugiesischem Recht standen, um die Entscheidungsgewalt in Portugal zu behalten. Jetzt würde der Vorgang durch die portugiesische Justiz verzögert.

Doch auch die zentrale europäische Stelle, das SRB, bringt keine Klarheit für Investoren. Die FT zieht dafür den Verkauf der spanischen Banco Popular im Sommer 2017 an Santander heran. Hier wurden nachrangige Verbindlichkeiten im öffentlichen Interesse abgeschrieben. Anders als in Portugal war das SRB die Abwicklungsbehörde. Die Betroffenen Inhaber der Anleihen leiteten ebenfalls rechtliche Schritte ein.

Auch Rechtssicherheit ist im öffentlichen Interesse

In beiden Fällen wurden die Maßnahmen mit dem öffentlichen Interesse begründet. In beiden Fällen ergriffen die Anleiheninhaber rechtliche Schritte. In beiden Fällen gibt es bisher noch keine Entscheidung. Für die Investoren bleibt somit unklar, ob und wann ihre Investments durch die Abwicklung im öffentlichen Interesse gefährdet sind.

Zwar profitierte die portugiesische und spanische Öffentlichkeit potentiell durch die Entscheidungen, gleichzeitig litt aber mutmaßlich auch das Vertrauen der Anleger in die Rechtssicherheit. Doch auch das Vertrauen der Anleger in die heimische Wirtschaft und der Zufluss von internationalem Kapital sind im Interesse der Öffentlichkeit. Die Entscheidungen der Gerichte in den Fällen sind somit richtungsweisend – für die Anleger und für das öffentliche Interesse.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Kim Jong Un stellt sich offen hinter Putin – USA schlagen Alarm
06.06.2025

Nordkorea liefert Soldaten und Waffen an Russland – und Kim Jong Un verspricht Putin bedingungslose Unterstützung im Ukraine-Krieg....

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzinssenkung: Was das für Bauzinsen und Immobilien bedeutet
06.06.2025

Die EZB-Leitzinssenkung hat Folgen für Bauzinsen, Immobilienpreise und Sparer. Welche das sind und ob die EZB damit die Zinswende...

DWN
Politik
Politik Polens künftiger Präsident Nawrocki droht mit Blockade gegen Regierungschef Tusk: Was bedeutet das für Polen?
06.06.2025

Karol Nawrocki stellt sich offen gegen Donald Tusk – und kündigt Widerstand an. Welche Folgen hat das für Polens politische...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Russland startet schwersten Angriff seit Monaten
06.06.2025

Im Ukraine-Krieg eskaliert die Lage erneut: Russland greift massiv an, Kiew wird erschüttert. Droht nun ein Gegenschlag – oder ist das...

DWN
Politik
Politik Merz bei Trump: Was der USA-Besuch des Bundeskanzlers wirklich brachte
06.06.2025

Der Kanzler trifft den US-Präsidenten in Washington. Freundliche Worte gab es viele – doch was bleibt nach dem Besuch von Merz bei Trump...

DWN
Finanzen
Finanzen Studie: Hohe Kosten für Einführung des digitalen Euro
06.06.2025

Die Einführung des digitalen Euro wird nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC erhebliche Kosten für europäische Banken...

DWN
Politik
Politik Putins Gaskasse bleibt gefüllt – weil Frankreich und Belgien blockieren
06.06.2025

Während Brüssel russisches Flüssiggas verbieten will, stellen sich ausgerechnet Frankreich und Belgien quer – und sichern damit weiter...

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Eric Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...