Politik

Großbritannien steigt aus EU-Armee aus

Großbritannien hat der EU mitgeteilt, dass das Land nicht an der EU-Armee mitwirken werde. Die Absage der Briten ist ein wichtiger Erfolg für die NATO.
22.03.2018 00:49
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Regierung in London hat den Ausstieg des Landes aus dem EU-Militärprogramm bekanntgegeben, berichtet Politico. Der Grund: Die zögernde Haltung der EU, sich im Rahmen der Brexit-Verhandlungen auf konkrete Punkte zu einigen, macht es der britischen Regierung schwer, sich auf die Zeit nach dem EU-Ausstieg vorzubereiten. So sei nicht klar, ob Großbritannien als Drittland befugt sei, eine Kampftruppe der EU anzuführen und militärische Entscheidungen für die EU zu treffen, teilte der britische General George Norton in dem Brief mit.

Die EU-Armee wurde erst sehr spät von EU-Präsident Juncker vorangetrieben. Die NATO hat die Entwicklung mit Argwohn betrachtet, weil die Militär-Allianz keine Konkurrenz in Europa sehen will. Juncker wollte mit der Armee die Unabhängigkeit der EU von transatlantischen Interessen stärken. Mit dem Ausstieg der Briten, die auch zum Spionage-Bündnis Five Eyes gehören, verliert die EU-Armee deutlich an Gewicht. Die Briten wollen offenbar in der NATO sicherstellen, eine wichtige Rolle zu spielen - auch um dort ihre geopolitischen Interessen vertreten zu können, wenn diese von den USA abweichen. Michel Barnier hatte ursprünglich betont, dass die EU-Armee keine Konkurrenz zur NATO sein solle. 

Die dauerhafte Einrichtung einer EU-Einsatzgruppe wurde in der EU im Jahr 2003 beschlossen. Sie ist für Erstmissionen in einer Krisenregion gedacht und soll notwendige militärische Voraussetzungen für Folgeeinsätze durch andere Streitkräfte schaffen. Geleitet wird die Gruppe von EU-Mitgliedsstaaten, der Vorsitz wechselt im halbjährigen Rotationsverfahren. In ihren Entscheidungen unterliegt die Einsatzgruppe EU-Recht. Großbritannien stellt die Mehrheit der 1500 Mann starken Truppe. Ab Juli kommenden Jahres sollte das Land den Vorsitz übernehmen.

Ihren Rückzug aus der Militärprogramm begründet die britische Regierung mit logistischen Schwierigkeiten und der Ungewissheit, welchen Stellenwert Großbritannien nach dem Brexit in der EU haben werde. Die unklare Haltung der EU kritisiert Großbritannien seit mehreren Wochen. Während Premierministerin Theresa May auch künftig stabile Beziehungen mit der EU anstrebt, werden die Äußerungen in Brüssel in diesem Punkt sehr allgemein gehalten. Um die europäische Verhandlungsposition im finanzwirtschaftlichen Bereich nicht zu schwächen, strebt Brüssel an, detaillierte Verhandlungen für die Positionierung Großbritanniens erst nach dem Brexit anzusetzen. Großbritannien befürchtet, nach dem Brexit eine Verlagerung des Finanzhandels von London in andere EU-Staaten.

Militärisch engagiert sich Großbritannien in zahlreichen EU-Programmen. Bei der EU-Einsatzgruppe stellt es neben Soldaten auch die Infrastruktur für Hauptquartier und die Kommandozentralen. Gleiches geschieht in der Atlanta-Mission der EU. Im Kampf gegen Piraten vor der somalischen Küste stehen die Militäraktionen unter britischen Kommando. Neben Großbritannien sind Italien, Griechenland, Frankreich und Deutschland in der Lage, ähnliche Truppenstärken aufzubringen. Mit insgesamt 205.330 Soldaten und einem Budget von knapp 41 Milliarden Euro ist Großbritannien die führende Militärmacht vor Deutschland (35 Milliarden Euro) und Frankreich (34 Milliarden Euro) in der EU.

Ob sich Großbritannien nach dem Brexit weiter an den EU-Missionen beteiligt, hängt davon ab, ob ihm als Drittland entsprechende Mitspracherechte und Entscheidungsbefugnisse von der EU eingeräumt werden. Sollte das nicht möglich sein, sei unklar, ob das Land an weiteren Missionen teilnehmen wolle, heißt es aus London. Die grundsätzliche Bereitschaft zur militärischen Unterstützung von EU-Missionen bestehe jedoch.

Die EU-Missionen unterliegen europäischem Recht. In ihrer Grundsatzrede zum Brexit hatte Premierministerin Theresa May betont, sich nach dem EU-Austritt nicht europäischen Regelungen unterwerfen zu wollen, die Großbritannien in Folge seines Drittland-Status nicht beeinflussen könne.

Im vergangen November haben 25 EU-Staaten beschlossen, die ständigen militärischen EU-Missionen mittelfristig zu einer europäischen Verteidigungsunion auszubauen. Nicht an der Union beteiligt sind Dänemark, Großbritannien und Malta. Während Dänemark sich traditionell nicht an der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beteiligt, erfüllt Malta nicht alle Teilnehmerkriterien. Großbritannien wurde die Mitgliedschaft mit dem Grund verweigert, dass es ab 2019 kein EU-Mitgliedsstaat mehr sei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungskonzern KNDS übernimmt Alstom-Werk in Görlitz und sichert Arbeitsplätze
05.02.2025

Der Rüstungskonzern KNDS übernimmt das Alstom-Werk in Görlitz. In einer feierlichen Zeremonie unterzeichneten die Unternehmen eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Investments 2025: „Gold ist der beste Maßstab für den Wert von Bitcoin, den wir haben“
05.02.2025

Bitcoin-ETFs, politische Entscheidungen und die Goldkorrelation bestimmen die Spielregeln für Bitcoin 2025. Was das für Anleger bedeutet,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehr KfW-Fördermilliarden - auch durch Heizungsgesetz
05.02.2025

Bei der politisch umstrittenen Förderung klimafreundlicher Heizungen verzeichnet die staatliche KfW seit Jahresende 2024 einen merklichen...

DWN
Panorama
Panorama Elf Tote in Schweden: Was ist passiert?
05.02.2025

Nach einer Schießerei an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in Schweden bleiben viele Fragen offen. Mindestens elf Menschen starben,...

DWN
Politik
Politik Viererrunde bei RTL: Scholz, Merz, Weidel und Habeck im TV-Schlagabtausch
05.02.2025

Die klassische TV-Schlacht zwischen zwei Kanzlerkandidaten gerät in die Kritik. RTL reagiert und lädt Scholz, Merz, Weidel und Habeck zu...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...

DWN
Politik
Politik Wagenknecht knüpft politische Zukunft an Wahlerfolg
05.02.2025

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht kämpft um den Einzug in den Bundestag – und knüpft daran ihre politische Zukunft. Mit einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....