Der Oldenburger Energie-Konzern EWE will offenbar sein Energiegeschäft in der Türkei verkaufen und sich aus dem Land zurückziehen. Nach Angaben der türkischen Wirtschaftszeitung Dünya Gazetesi hält EWE an den Energieunternehmen Bursagaz und Kayserigaz jeweils 80 Prozent. Weiterhin gehört EWE die Unternehmen Enervis, EWE Enerji und Milenicom.
Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, ob sich EWE tatsächlich aus der Türkei zurückziehen möchte, antwortete ein Sprecher des Unternehmens: “In den zurückliegenden zehn Jahren hat EWE werthaltige Unternehmen in der Türkei aufgebaut, die in der Lage sind, Investitionen vollständig aus eigener Kraft zu stemmen. Gleichwohl überprüft EWE regelmäßig, ob alle aktuellen Maßnahmen ein nachhaltiges Wachstum des Konzerns in den definierten Zukunftsbereichen sicherstellen. Für unser Türkei-Geschäft haben wir daher ein Markterkundungsverfahren durchgeführt. Dabei haben wir festgestellt, dass es einige Interessenten für dieses Geschäft gibt. Wenn ein Interessent dieses Geschäft weiterführen möchte und uns einen akzeptablen Preis bietet, wird EWE sich von diesem Geschäftsfeld trennen.”
Dünya Gazetesi führt aus, dass es aktuelle zwei Interessenten gibt, die das Türkei-Geschäft von EWE übernehmen wollen: die türkische Kolin-Gruppe und der aserbaidschanische staatliche Öl-Riese SOCAR. Allerdings soll SOCAR größere Chancen haben, das Türkei-Geschäft von EWE zu übernehmen. SOCAR verfügt über einen 20-prozentigen Anteil an der Trans Adria Pipeline (TAP) - neben BP mit 20 Prozent, SNAM mit 20 Prozent, Fluxys mit 19 Prozent, ENAGAS mit 16 Prozent und Axpo mit fünf Prozent.
Über die Southern Gas Corridor Closed Joint Stock Company (SGC) hält SOCAR und der das aserbaidschanische Wirtschaftsministerium 58 Prozent, das türkische Energieunternehmen BOTAS 30 Prozent und BP zwölf Prozent an der Trans Anatolian Natural Gas Pipeline (TANAP).
Die NWZ berichtet, dass unter anderem der Lira-Verfall ausschlaggebend sein soll für den Rückzug von EWE. Das Blatt wörtlich: “Die Gaspreise für die Kunden sind in lokaler Währung und de facto staatlich festgelegt, die Beschaffung orientiert sich aber am Ölpreis und wird in Dollar abgerechnet. Auch bilanziell bekam die EWE den Lira-Verfall schon zu spüren. 2017 gingen die Umsätze im Auslandsgeschäft im Vergleich zum Vorjahr um 14,3 Prozent auf 623,8 Millionen Euro zurück, was laut EWE im Wesentlichen auf das Türkei-Geschäft und die Währungsumrechnung zurückzuführen gewesen ist.”