Politik

Italien: Kein Spielraum für Änderungen bei Haushalt

Lesezeit: 2 min
18.10.2018 00:33
Die italienische Regierung will ihren Haushaltsentwurf auch auf Druck der EU nicht ändern.
Italien: Kein Spielraum für Änderungen bei Haushalt

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die italienische Regierung will im Streit mit der EU um die geplante Neuverschuldung nicht einlenken. Er sehe "keinen Spielraum" für Änderungen am Haushaltsentwurf seiner Regierung, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte beim EU-Gipfel am Mittwochabend in Brüssel. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) erklärte, er halte Italiens Haushaltsplan für "nicht vereinbar" mit den EU-Regeln.

Italien werde auf die Kritik der EU-Kommission antworten und hoffe dabei auf einen "konstruktiven Dialog", sagte Conte. Das Budget zielt nach seinen Angaben auf eine "Trendwende" in Italiens Haushaltspolitik ab: Diese setze auf "Wachstum im Interesse des Landes".

Auch Italiens Innenminister Matteo Salvini von der Lega bekräftigte den Willen seiner Regierung, an dem Haushaltsplan festzuhalten. "Wir werden ihn nicht ändern", sagte er bei einem Besuch in Moskau. Er richtete einen Appell an "Brüssel, Berlin und Frankreich", sich nicht in die inneren Angelegenheiten Italiens einzumischen.

Für das kommende Jahr sieht der am Montag in Rom verabschiedete Entwurf ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vor - deutlich mehr als die von der Vorgängerregierung versprochenen 0,8 Prozent. 2020 beträgt das Defizit demnach 2,1 Prozent, im Jahr 2021 liegt es der Planung zufolge bei 1,8 Prozent.

Der Entwurf sieht erhebliche Ausgaben unter anderem für die Einführung eines Grundeinkommens und Erleichterungen beim Renteneintritt sowie eine Amnestie für Steuersünder vor. Italien hat bereits jetzt die zweithöchste Gesamtverschuldung in der Eurozone nach Griechenland.

Den Entwurf hat Italien wie vorgeschrieben zur Prüfung an die EU-Kommission gesandt. Diese könnte das Land zu Nachbesserungen auffordern. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) wandte sich am Mittwoch gegen den italienischen Haushaltsplan. "Es hat sich die Vermutung bestätigt, dass Italiens Haushaltsentwurf für 2019 mit den Verpflichtungen, die in der EU bestehen, so nicht vereinbar ist", sagte Oettinger dem "Spiegel".

Es handle sich dabei aber lediglich um seine "persönliche Meinung", nicht um eine Einschätzung der Kommission, betonte Oettinger im Kurzbotschaftendienst Twitter. Auf der Basis der Zahlen halte er es für "sehr wahrscheinlich, dass wir Italien bitten müssen, den Budgetentwurf zu korrigieren". EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici reist am Donnerstag und Freitag nach Rom. Dort will er unter anderem den italienischen Finanzminister Giovanni Tria treffen.

Weidmann gegen Defizit

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich ablehnend zu den Haushaltsplänen der italienischen Regierung geäußert. Die EU-Kommission habe die jüngsten Budgetplanungen des Landes und den darin angelegten Regelverstoß zu Recht sehr kritisch kommentiert, sagte er am Mittwoch in Berlin auf dem Hauptstadtempfang der Bundesbank laut Redetext. Die öffentlichen Schulden würden dort seit Jahren 130 Prozent der Wirtschaftsleistung überschreiten. "Für das kommende Jahr verlangen die Regeln daher, dass in Italien deutlich konsolidiert wird."

"Offenbar sehen auch viele Anleger diese Entwicklung mit Sorge", sagte Weidmann. Die wirtschaftlich guten Zeiten würden nicht ewig anhalten. Deshalb sei gerade jetzt die Fiskalpolitik gefordert, ihre Handlungsfähigkeit sicherzustellen. "Das gilt nicht zuletzt für die Länder in Europa, deren Schuldenstände noch sehr hoch und in den vergangenen Jahren kaum gesunken sind." Von den aktuell niedrigen Zinsen würden sie besonders entlastet. "Aber dies darf nicht einfach fortgeschrieben werden." Im Zuge der geldpolitische Normalisierung würden die Zinsen wieder steigen und das werde gerade hoch verschuldete Länder belasten, warnte er.

Die EZB ist schwenkt mittlerweile vorsichtig in Richtung einer weniger lockeren Geldpolitik um, da sich der konjunkturelle Aufschwung inzwischen gefestigt hat. So will sie Ende Dezember ihre billionenschweren Anleihenkäufe auslaufen lassen - ihr wichtigstes Kriseninstrument in den vergangenen Jahren. Die Leitzinsen sollen aber noch bis "mindestens über den Sommer 2019" hinaus auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent bleiben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte in einem Vieraugengespräch nach italienischen Angaben auch über den umstrittenen Haushaltsentwurf gesprochen. Merkel habe dabei betont, wie wichtig es sei, gegenseitiges Vertrauen zu bewahren, sagte ein italienischer Regierungsvertreter am Mittwoch in Brüssel am Rande des EU-Gipfels. Dieses Vertrauen sei Voraussetzung für einen Dialog. Die Kanzlerin habe Conte darin unterstützt, nun mit den europäischen Partnern einen "positiven Dialog" über den Haushalt zu beginnen, hieß es weiter. Die Bundesregierung wollte zu dem Vieraugengespräch mit Hinweis auf die Vertraulichkeit keine Stellung zu nehmen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...