Politik

Deutsche Bank gerät in den Sog von Danske-Skandal

Lesezeit: 2 min
19.11.2018 18:01
Im Geldwäsche-Skandal bei der Danske Bank rückt nun auch die Deutsche Bank immer mehr ins Auge des Sturms.
Deutsche Bank gerät in den Sog von Danske-Skandal

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Wie ein Ex-Mitarbeiter der dänischen Großbank am Montag vor einem Ausschuss des Parlaments in Kopenhagen erklärte, könnte das größte deutsche Geldhaus stärker in den bis dato größten Geldwäsche-Fall in Europa verstrickt sein als angenommen. Howard W., der von 2007 bis 2014 unter anderem für die im Zentrum des Falls stehtende estnische Filiale der Danske Bank verantwortlich war, mutmaßte nun, dass wohl bis zu 150 Milliarden Euro über die US-Tochter einer großen europäischen Bank gewaschen worden seien.

W. nannte die Deutsche Bank zwar nicht beim Namen. Wie Reuters und andere Medien aber erfahren hatten, ist das Frankfurter Institut zusammen mit den beiden US-Großbanken JP Morgan und Bank of America in dem prominenten Fall im Visier der Ermittler. Die drei Banken waren für die Danske-Filiale in Estland als sogenannte Korrespondenzbanken tätig.

"Ich würde schätzen, dass 150 Milliarden Dollar über diese spezielle Bank (die große europäische Bank) geflossen sind", sagte W. vor dem Ausschuss. "Niemand weiß wirklich, wohin dieses Geld floss. Alles was wir wissen ist, dass die letzten, die es gesehen haben, Leute von diesen drei Banken in den USA waren. Sie waren die letzte Kontrolle, und als diese schief lief, war das Geld im weltweiten Finanzsystem."

Die Deutsche Bank erklärte am Abend, sie sei als Korrespondenzbank für die Danske Bank in Estland tätig gewesen und habe für diese Zahlungen abgewickelt. "Wir haben die Geschäftsbeziehung 2015 beendet, nachdem verdächtige Aktivitäten festgestellt wurden", teilte die Bank weiter mit.

JP Morgan wollten die Aussagen aus Kopenhagen nicht kommentieren. Die Bank of America war zunächst nicht zu erreichen.

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass inzwischen auch Behörden und Strafermittler in den USA sich des Falles annehmen und Informationen von den drei beteiligten Banken angefordert haben. Demnach sind an der Untersuchung die Staatsanwaltschaft von New York, die Börsenaufsicht SEC, das Justizministerium und das Finanzministerium beteiligt. Alle drei Banken haben ihre Geschäftsbeziehungen zur Danske Bank in Estland schon vor Jahren beendet. Die Geldhäuser sind nicht selbst Ziel der Ermittlungen, die Behörden suchen lediglich nach Hinweisen über die Praktiken bei der Danske Bank.

W. erklärte vor dem Parlament-Ausschuss weiter, er habe die Führung der Danske Bank früh - bereits 2013 - über seinen Verdacht informiert, dass es zu illegalen Praktiken gekommen sei. Im höheren Management habe sich jedoch niemand für seinen Verdacht interessiert. Ihm sei stattdessen Geld dafür geboten worden, nicht über die Affäre zu sprechen. Im April 2014 sei ihm klar geworden, dass das Geldhaus überhaupt nicht die Absicht habe, irgendetwas dagegen zu unternehmen. In zwei Tagen soll der Brite auch vor dem Sonderausschuss des EU-Parlaments zur Finanzkriminalität aussagen.

Durch die Anhörungen soll herausgefunden werden, wo genau die Bank und die Aufseher in Dänemark und Estland versagt haben. In dem Geldwäsche-Skandal ermitteln Staatsanwälte in Dänemark, Estland und den USA. Eine interne Untersuchung des Instituts ergab, dass der größte Teil der zwischen 2007 und 2015 über die Niederlassung in Estland geflossenen Gelder von 200 Milliarden Euro (230 Milliarden Dollar) verdächtig gewesen sei. Die Bank hat mangelhafte Geldwäsche-Kontrollen in Estland eingeräumt. Über die Affäre, die die Bank teuer zu stehen kommen dürfte, waren bereits der Vorstandsvorsitzende und der ehemalige Aufsichtsratschef gestolpert.

Der Skandal bei der Danske Bank ist beileibe nicht der erste Fall von Geldwäsche in großem Stil, in den europäische Geldhäuser involviert sind. Beispielsweise mussten in den vergangenen Jahren die Deutsche Bank und die niederländische Großbank ING hohe Strafen zahlen, weil sie Kunden beim illegalen Transfer von Geld geholfen hatten. Im Fall der Danske Bank gehen Experten davon aus, dass die Strafen bis zu 800 Millionen Euro betragen könnte.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...