Deutschland

Regionen: Große Unterschiede bei Löhnen und Produktivität

Eine Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle gibt Einblick in die Wirtschaftskraft der deutschen Regionen.
04.03.2019 17:37
Lesezeit: 2 min

Zwischen "blühenden Landschaften", Strukturproblemen und Abwanderung: 30 Jahre nach dem Mauerfall gibt es nach wie vor deutliche Ost-West-Unterschiede bei der Wirtschaftsleistung, Löhnen und Fachkräften, wie eine am Montag veröffentlichte Untersuchung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigt. Die "Bruchkante der wirtschaftlichen Entwicklung" verlaufe allerdings nicht immer ausschließlich entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, sondern es gebe auch ein Süd-Nord- oder Stadt-Land-Gefälle.

Als einen zentralen Befund nennen die Experten die immer noch geringere Produktivität in Ostdeutschland. Diese lag 2017 in den neuen Ländern einschließlich Berlin bei durchschnittlich 82 Prozent des Westniveaus. Kein ostdeutsches Flächenland reicht bislang an das westdeutsche Schlusslicht, das Saarland, heran.

Dies liegt aus Sicht der IWH-Ökonomen nicht nur an fehlenden Konzernzentralen. So haben 464 der 500 größten deutschen Unternehmen zwar ihren Sitz im Westen. Ostdeutsche Betriebe haben allerdings in jeder Größenklasse eine mindestens 20 Prozent niedrigere Produktivität. Die Experten bringen dies auch mit staatlichen Subventionen in Verbindung. Seien diese an die Bedingung geknüpft, Arbeitsplätze zu erhalten oder zu schaffen, könne das einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität im Weg stehen.

Produktivitätsunterschiede gehen auch mit Lohndifferenzen einher. Das mittlere Einkommen liegt in Ostdeutschland bei 81 Prozent des Bundesdurchschnitts. Im Westen wiederum existiert, abgesehen von Hamburg und einigen Regionen Nordrhein-Westfalens, ein deutliches Süd-Nord-Lohngefälle. In Ingolstadt und in Erlangen etwa liegt der mittlere Lohn bei 144,4 Prozent des Bundesdurchschnitts - in Cloppenburg bei 81,3 Prozent. In Ostdeutschland reicht die Spanne, abgesehen von Berlin, von 68 Prozent in Görlitz bis 95,5 Prozent in Jena.

Wenn sich die Wirtschaftskraft in Ost und West weiter annähern soll, müssen dem IWH zufolge vor allem die Städte gestärkt werden. Dort entstünden jene hochwertigen Dienstleistungen, die die Wirtschaft mehr und mehr bestimmten. Heute arbeiten bereits drei Viertel der Beschäftigten im Westen in Städten, während es im Osten nur die Hälfte ist.

Die Landflucht stellt jedoch auch ein großes Problem dar. So vergreisen gerade in Ostdeutschland ganze Regionen und die Mieten in den Großstädten steigen aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage weiter an.

Der Fachkräftemangel ist inzwischen in ganz Deutschland ein Problem. Zwar hatte der Osten bis Anfang der 2000er Jahre einen größeren Anteil hochqualifizierter Beschäftigter als der Westen. Dieser Vorsprung ging mittlerweile aber fast überall verloren. Zudem schrumpft die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter im Osten künftig deutlich schneller.

Auch sind die Schulabbrecherquoten im Osten höher als in Westdeutschland. Nicht zuletzt ziehen hochqualifizierte Zuwanderer, die zum Beispiel eine sogenannte blaue Karte der Europäische Union haben, viel eher in west- als in ostdeutsche Regionen. Nur Berlin zieht überdurchschnittlich viele von ihnen an.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...