Die Türkische Lira ist am Freitag gegenüber dem US-Dollar deutlich um fast 4 Prozent auf 5,65 Lira gefallen und erreichte damit das schwache Niveau von Mitte Januar, obwohl die US-Notenbank in der aktuellen Woche beschlossen hatte, ihre Zinserhöhungen zu beschränken - was den Dollar-Außenwert prinzipiell schwächt. Auf Sicht eines Jahres beträgt der Wertverlust nun etwa 42 Prozent.
Der türkischen Wirtschaftszeitung Dünya Gazetesi soll der Auslöser des erneuten Wertverfalls der Türkischen Lira die Erwartung sein, dass es zu einer erneuten Krise zwischen der Türkei und den USA kommen könnte.
Nachdem die USA der Türkei mit Konsequenzen gedroht hatten, falls das Land das russische Luftabwehrsystem S-400 erwirbt, hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die US-Regierung in einem anderen Zusammenhang kritisiert.
US-Präsident Donald Trump teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit: “Nach 52 Jahren ist es an der Zeit, dass die Vereinigten Staaten die Souveränität Israels über die Golanhöhen, die für den Staat Israel und die regionale Stabilität von entscheidender Bedeutung ist, uneingeschränkt anerkennen!”
Daraufhin sagte der türkische Präsident: “Die bedauerlichen Äußerungen des US-Präsidenten im Zusammenhang mit den Golan-Höhen könnte zu erneuten Spannungen und zu einer Krise in der Region führen. Wir werden die Legitimierung der Besetzung der Golan-Höhen niemals akzeptieren.”
Devisenmarkt in Aufruhr
Der Devisenanalyst der Rabobank, Piotr Matys, sagte der Dünya Gazetesi: “Der Markt befindet sich in Aufruhr, weil erwartet wird, dass sich die diplomatischen Spannungen zwischen der Türkei und den USA erhöhen werden.”
Ein türkischer Devisenanalyst sagte der Zeitung unter der Bedingung der Anonymität: “Wir haben einen drastischen Wertverfall beobachtet. Dieser erfolgte, nachdem Erdoğan seine Aussagen über Israel getätigt hat.”
Dem Analysten zufolge kaufen die türkischen Bürger seit sechs Monaten hohe Mengen an Devisen, was den Druck auf die Türkische Lira erhöht. Alleine in der vergangenen Woche haben die Bürger demnach Devisen in Höhe von 1,64 Milliarden US-Dollar aufgenommen, so der türkischsprachige Dienst von Bloomberg. Derzeit verfügen die türkischen Bürger über Devisen in Höhe von 105,7 Milliarden US-Dollar, was einen Rekord darstellt.
Inflation bei Lebensmitteln
Der erneute Währungsverfall wird sich nachteilig auf die Inflation auswirken, wodurch eine Drosselung der Preise für Obst und Gemüse nicht möglich sein wird. Die türkische Regionalzeitung Büyük Sivas berichtet, dass der Kilopreis für Auberginen in der Stadt Sivas bei 13,95 Lira (2,21 Euro) liegt. Ein Kilogramm Erdbeeren kostet 19,95 Lira (3,16 Euro) und ein Kilogramm Bananen 9,95 Lira (1,58 Euro).
Im Januar 2019 kosteten Lebensmittel in der Türkei im Durchschnitt 30,97 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Bei einigen Gemüsesorten waren es bis zu 88 Prozent mehr. Bei ihren Markt-Stichproben wollen die Behördenvertreter nach einem Bericht der Hürriyet Preisaufschläge von 100 bis 800 Prozent entdeckt haben.
Im Kampf gegen die steigenden Lebensmittelpreise hatten die türkischen Behörden zuvor ihre eigenen Gemüseläden geöffnet. In gemeindeeigenen Zelten werden in den beiden größten Städten des Landes Tomaten, Zwiebeln und Paprika zum halben Preis verkauft. Vor dem Eingang bilden sich täglich lange Menschenschlangen. In der Türkei bestand das Risiko einer Versorgungskrise bei Obst und Gemüse.
Faik Öztrak, Sprecher der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP, sagte CNN Türk zufolge, dass der Hauptgrund für die Lebensmittelinflation am geringen Angebot von Obst und Gemüse liege. Öztrak wörtlich: “Die Produktion von Tomaten ist um 600.000 Tonnen und die Produktion von Zwiebeln um 240.000 Tonnen zurückgegangen.”