Deutschland

Deutschlands Schlüsselbranchen erwarten 2019 Rückgang der Produktion

Lesezeit: 2 min
02.07.2019 15:10
In den beiden Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft – dem Automobilbau und dem Maschinenbau – werden im laufenden Jahr die Produktionsmengen schrumpfen.
Deutschlands Schlüsselbranchen erwarten 2019 Rückgang der Produktion
Die Autobauer rechnen für dieses Jahr mit einem Rückgang des Neugeschäfts von einem Prozent auf ihrem Heimatmarkt. (Foto: dpa)

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In Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft mehren sich die Hiobsbotschaften und erhöhen die Möglichkeit einer deutlichen Abschwächung der deutschen und weltweiten Konjunktur. Die Autobauer rechnen für dieses Jahr mit einem Rückgang des Neugeschäfts von einem Prozent auf ihrem Heimatmarkt. Ein Bremsfaktor ist laut dem Präsidenten des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, der Zollstreit: "Handelskonflikte richten massiven Schaden an." Die Drohung von US-Präsident Donald Trump, Sonderzölle auf europäische Fahrzeuge zu erheben, stehe weiterhin im Raum.

Und auch die erfolgsverwöhnten Maschinenbauer haben ihre Prognose gesenkt. Die stark exportorientierten Hersteller erwarten für 2019 einen Rückgang der Produktion um zwei Prozent, wie der Branchenverband VDMA am Dienstag mitteilte. Dies gelte trotz der hohen Auftragsbestände.

Viele Unternehmen seien durch die Handelskonflikte verunsichert, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Eine Einigung im Clinch zwischen China und den USA sei weiterhin nicht in Sicht. "Stand heute sind wir sehr weit von einer Lösung entfernt", sagte Treier. Die aktuelle Drohung der USA mit Sonderzöllen auf europäische Güter sei ein "weiterer kleiner Rückschlag".

Vor diesem Hintergrund spricht derzeit vieles dafür, dass sich die deutsche Konjunktur nicht durchgreifend erholt. Im Sommer 2018 war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent geschrumpft. Danach stagnierte die Wirtschaft, bevor sie zu Jahresbeginn wieder Fahrt aufnahm. Forschungsinstitute hatten jüngst ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2019 gesenkt. Die Bundesregierung erwartet nur noch 0,5 Prozent.

Der DIHK hat seine Prognose für das deutsche Exportwachstum in diesem Jahr auf ein Prozent gekappt. "Das ist schon ein Schlag ins Kontor", betonte Treier. Bislang hatte der Verband noch ein Plus von 2,5 Prozent auf dem Zettel. Der langjährige Durchschnitt liege bei über fünf Prozent, erläuterte Treier.

Auch bei VDMA-Präsident Carl Martin Welcker überwiegt die Skepsis: "Die Auftragslage und die reale Produktion im Maschinenbau haben sich in den ersten Monaten des laufenden Jahres deutlich abgeschwächt, und der Blick nach vorn verheißt derzeit keine Besserung."

Die überwiegend mittelständisch orientierte Branche mit mehr als einer Million Beschäftigten gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die Maschinenbauer spüren laut Welcker neben den Folgen des Handelskonflikts auch die Umwälzungen der Autoindustrie: "Alleine die Ungewissheit ist sehr schädlich." Von der aktuellen Entwicklung sei die Branche breit betroffen, insbesondere Gießereien und Werkzeugmaschinen. "Es gibt schon Kurzarbeit, vor allem bei der verarbeitenden und automobilzuliefernden Industrie", führte Welcker aus.

Der Chemieverband VCI legte am Mittwoch seinen Halbjahresbericht vor. Er stellt sich auf eine deutlich schwächere Branchenkonjunktur ein. Bisher sagte er für dieses Jahr ein Umsatzminus von 2,5 Prozent und einen Rückgang der Produktion von 3,5 Prozent voraus.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bereitet sich bereits auf einen Anstieg der Kurzarbeit in verschiedenen Industriebranchen vor. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 hat Deutschland aus Sicht der IG Metall bereits gute Erfahrungen mit dieser Maßnahme gemacht. Die Gewerkschaft schlägt ein sogenanntes Transformationskurzarbeitergeld vor, das strukturelle Umbrüche wie den Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektromobilität abfedern soll. Dabei wird die Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden. Firmen und Betriebsräte sollen gemeinsam entscheiden, welche Fortbildung am sinnvollsten ist.

Angestrebt wird, dass Arbeitnehmer mit neuen Fertigkeiten weiterbeschäftigt werden.

Die Arbeitgeber warnen hingegen vor "Qualifizierungsaktivismus". Sie verweisen darauf, dass die Firmen hierzulande bereits jährlich über 33 Milliarden Euro in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter steckten. Das zu Jahresbeginn in Kraft getretene Qualifizierungschancengesetz habe die Fördermöglichkeiten der Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte deutlich ausgeweitet. "Jetzt gilt es, Erfahrungen mit diesem Gesetz zu sammeln und auf dieser Basis Weiterentwicklungen oder gar wirksamere neue Förderinstrumente zu schaffen", erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

 


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