Politik

EU geht auf Distanz zu Merkels Flüchtlingspolitik

Die EU geht auf Distanz zur Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel: In Brüssel glaubt man nicht an das Konzept, mit afrikanischen Staaten Deals zu schließen, damit diese die Flüchtlinge zurücknehmen.
08.10.2016 13:04
Lesezeit: 1 min

Im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die EU-Kommission das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei einem Bericht zufolge nicht als Blaupause für ähnliche Abkommen mit Ägypten oder anderen afrikanischen Ländern. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn intervenierte einem Spiegel-Bericht zufolge deswegen bei Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU). Es sei kontraproduktiv, diesen Vergleich immer wieder ins Gespräch zu bringen, kritisierte Hahn demnach.

Das im März geschlossene EU-Türkei-Abkommen sieht vor, dass die Türkei im Gegenzug für EU-Hilfen zur Versorgung der drei Millionen Flüchtlinge im Land alle Migranten zurücknimmt, die von der türkischen Küste auf die griechischen Ägäis-Inseln übersetzen. Zudem sollen die Schlepper bekämpft werden. Merkel hatte sich für das Abkommen eingesetzt. Das Abkommen hat die EU in Abhängigkeit von der Türkei gebracht.

Um die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge zu verringern, strebt die Kanzlerin nach dem Vorbild des Flüchtlingspakts mit der Türkei eine Zusammenarbeit mit den Transitländern im Norden Afrikas an. "Abkommen ähnlich dem, das wir jetzt mit der Türkei haben, müssen vor allen Dingen auch mit Ägypten erarbeitet werden, aber auch mit anderen afrikanischen Staaten", sagte Merkel im September in Wien bei einem Treffen zur europäischen Flüchtlingspolitik.

Die Idee stößt aber auf Schwierigkeiten: Vor wenigen Tagen hatte Libyen ein solches Abkommen abgelehnt. Libyen ist ein besonderer Brennpunkt, weil von dort die Reise über das Mittelmeer beginnt. In Libyen kontrolliert allerdings der IS die Schlepper, was zu erheblichen Unsicherheiten führt.

Am Sonntag bricht Merkel zu einer dreitägigen Afrika-Reise nach Mali, Niger und Äthiopien auf. Dabei wird die Flüchtlingspolitik zu den Hauptthemen zählen.

Die EU zahlt der Türkei drei Milliarden Euro, unter anderem für die Unterbringung und den Schulbesuch der Flüchtlinge. In Brüssel herrscht dem "Spiegel"-Bericht zufolge die Sorge, dass Länder wie Ägypten nach Merkels Ansage ebenfalls derartige Geldsummen erwarten, obwohl die Situation mit der in der Türkei nicht vergleichbar sei.

Die Weigerung Libyens könnte schon ein Teil des Pokers sein, mit dem die Regierung die Summe in die Höhe treiben will.

Während die Türkei etwa 2,7 Millionen Syrer beherberge, die vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land geflohen seien, werde Ägypten vor allem als Durchgangsland betrachtet. Am Mittwoch will der Österreicher Hahn in Ägypten mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi über Partnerschaftshilfen für das Land sprechen, zum Beispiel um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

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