Politik

Frankreich und Deutschland auf Konfrontation mit der Türkei

Frankreich und Deutschland gehen auf Konfrontation mit der Türkei. Frankreich hat eine Armenien-Resolution verabschiedet. Deutschland will ein umstrittenes Musikstück im deutschen Generalkonsulat in Istanbul aufführen.
15.10.2016 02:17
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das französische Oberhaus hat am Freitag eine Armenier-Resolution verabschiedet, die Strafen für Personen vorsieht, die die Massaker an den Armeniern im Jahr 1915 nicht als Völkermord anerkennen. Die Dresdner Sinfoniker hingegen werden im Generalkonsulat von Istanbul das Stück „Aghet“, welches den Völkermord-Vorwurf gegen die Türkei bestärkt, aufführen.

Im französischen Oberhaus wurde heute über über ein Gesetz abgestimmt, das die Bestrafung von Personen vorsieht, die sagen, es habe keinen Völkermord an den Armeniern gegeben. Während 146 Senatoren dagegen stimmten, stimmten 156 Senatoren für das Gesetz. Bei Verstoß gegen das Gesetz erwarten die Betroffenen ein Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe von 45.000 Euro, berichtet Armenpress. Doch damit verstößt Frankreich gegen ein Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs, wonach Massaker an den Armeniern im Jahr 1915 nicht als Völkermord einzustufen seien, weil es weder einen staatlichen Befehl noch einen Vorsatz zur Tötung von Armeniern gegeben habe und bei den Ereignissen auch Muslime von Massakern betroffen gewesen sind, die vom Gericht ebenfalls nicht als Völkermord eingestuft wurden.

„Dies ist ein ernster Erfolg. Wir haben großes erreicht, denn wir sollten nicht vergessen, dass die Türken eine massive Lobbyarbeit durchgeführt haben. Dennoch stimmte der Senat für den Gesetzesentwurf der im Juli von der Nationalversammlung eingereicht wurde. Das heißt, dass das französische Parlament den Gesetzesentwurf, der die Leugnung des Völkermords an den Armeniern unter Strafe stellt, vollständig verabschiedet hat.“ zitiert HAYPRESS Murad Papazian, stellvertretender Vorsitzender des Koordinationsrates armenischer Organisationen in Frankreich (CCAF).

Kurz nach dem Ende des Besuchsverbots für Bundestagsabgeordnete in Incirlik droht auch ein neuer Streit zwischen der Türkei und Deutschland: Die Dresdner Sinfoniker planen im kommenden Monat im deutschen Generalkonsulat in Istanbul eine Aufführung ihres Stückes „Aghet“, das sich um die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor gut 100 Jahren dreht. „Aghet“ werde am 13. November in einer kammermusikalischen Fassung im Kaisersaal der diplomatischen Vertretung gezeigt, teilten die Sinfoniker in ihrer aktuellen Programmvorschau mit.

Die Türkei läuft seit Monaten Sturm gegen das Projekt, das von der EU gefördert und von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ausdrücklich unterstützt wird. Die Regierung in Ankara kündigte Medienberichten zufolge wegen „Aghet“ kürzlich einseitig das EU-Kulturprogramm auf.

Im April hatte die Türkei gefordert, dass die EU die finanzielle Förderung für das Projekt einstellt. Für Irritationen dürfte in Ankara nun sorgen, dass das Auswärtige Amt das Generalkonsulat in Istanbul für die Veranstaltung zur Verfügung stellt, die damit einen offiziellen Anstrich bekommt. Die Türkei kann gegen die Veranstaltung wenig unternehmen, weil das Generalkonsulat extrerritoriales Terrain ist.

Im Juni hatte die Völkermordresolution des Bundestages zu den Massakern an den Armeniern zu einem schweren Zerwürfnis zwischen der Türkei und Deutschland geführt. Ankara verweigerte Parlamentariern daraufhin bis vergangene Woche die Erlaubnis, die deutschen Soldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik zu besuchen. Erst nachdem die Bundesregierung die Resolution als rechtlich nicht verbindlich erklärte, entspannte sich die Lage. Ankara wehrt sich vehement gegen die Einstufung der Massaker als Völkermord.

 

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...