Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Die Festlegung einheitlicher Abgabepreise beschränke den freien Warenverkehr in der EU, heißt es in dem am Mittwoch verkündeten Urteil. Im Ausgangsfall hatte die Deutsche Parkinson Vereinigung mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris ein Bonussystem für ihre Mitglieder ausgehandelt. Dagegen klagte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
Die deutsche Festlegung einheitlicher Abgabepreise wirkt sich dem EuGH zufolge negativ auf Apotheken im EU-Ausland aus. Diesen Unternehmen könnte damit der Zugang zum deutschen Markt im Vergleich zu inländischen Anbietern stärker erschwert werden. Laut Urteil ist der Versandhandel für ausländische Apotheken „ein wichtigeres, eventuell sogar das einzige Mittel“, um einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt zu erhalten
Überdies könne der Preiswettbewerb für Versandapotheken ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein als für traditionelle Apotheken, argumentierten die Richter. Die traditionellen Anbieter seien besser in der Lage seien, Patienten durch Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen.
Die deutschen Apotheker haben mit Sorge auf das EuGH-Urteil reagiert. „Europas höchste Richter haben den eindeutigen Willen des deutschen Gesetzgebers ausgehebelt und die Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte negiert“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Friedemann Schmidt. Die Apotheker seien entsetzt. Der EuGH habe in ein Politikfeld eingegriffen, das den Mitgliedstaaten vorbehalten sei. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erwartet, dass jetzt der Druck auf die Arzneimittelpreise zunehmen wird.
„Wir freuen uns sehr über die Rechtsprechung des EuGH“, sagte hingegen DocMorris-Chef Olaf Heinrich. Sein Unternehmen habe den Kunden Boni auf Rezept stets „zulasten der eigenen Marge“ gewährt. Chronisch kranke Menschen mit einem hohen und regelmäßigen Medikamentenbedarf würden so jährlich um mehrere Hundert Euro entlastet: „Der Patient spart, das Gesundheitssystem wird nicht belastet.“