Politik

Putin-Berater: Es wird keinen Dritten Weltkrieg geben

Russland signalisiert eine konziliante Haltung in Richtung USA: Moskau setze auf „Realpolitik“ und werde mit jedem gewählten US-Präsidenten arbeiten. Man erwarte keinen Dritten Weltkrieg.
24.10.2016 23:27
Lesezeit: 3 min

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Einer der engsten Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich in einem FT-Interview überraschend konziliant in Richtung der USA geäußert. Sergej Iwanow, Mitglied von Putins Sicherheitsrat, wurde erst kürzlich von Putin als Leiter des Präsidialamts abgesetzt. Er ist nun für Umwelt und Transportwesen zuständig – eine Entwicklung, die Kreml-Auguren als Degradierung interpretiert hatten. Die FT beurteilt die Lage allerdings anders: Es sei anzunehmen, dass Iwanow immer noch großen Einfluss im Kreml habe. Iwanow, der auch schon einmal russischer Außenminister war, kommt wie Putin aus dem KGB.

Iwanow sagte der FT, Russland „ist immer bereit zu Realpolitik“. Die harten Attacken gegen Russland insbesondere von Hillary Clinton will Iwanow nicht überbewerten: „Auf solche Dinge sind wir vorbereitet. Wir müssen nun einfach auf das Ende des Wahlkampfs warten. Wir müssen noch ein paar Monate warten, wir müssen geduldig sein.“

Auch die entsprechenden starken Sprüche aus Moskau sieht Iwanow nicht als reale „Drohungen, sondern als Lärm“ an. Iwanow glaubt nicht, dass eine der beiden Supermächte über die Rhetorik hinausgehen würde: „Speziell im Hinblick auf Atomwaffen und das hypothetische Gerede über einen möglichen Dritten Weltkrieg glaube ich, dass alle intelligent genug sind, um es nicht zu einem heißen Krieg kommen zu lassen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich das Verhältnis zwischen Russland und den USA in Kürze abkühlen wird: „Ein kalter Krieg, ein Informations-Krieg und ein Propaganda-Krieg – das sind Dinge, mit denen wir leben müssen. Wir sehen das jeden Tag.“

Iwanow bestritt, dass die Russen eine Präferenz für Donald Trump hätten (eine scherzhaft gemeinte Umfrage dazu im Video am Anfang des Artikels). Derartige Behauptungen seien „absolut unwahr“. Hillary Clinton hatte den Russen vorgeworfen, Trump zu stützen – unter anderem über die Veröffentlichungen bei Wikileaks. Den Vorwurf, Russland stecke hinter dem jüngsten Hacker-Angriff auf den DNC, bezeichnete Iwanow als „Propaganda“.

Seine Aussagen zu den aktuellen geopolitischen Spannungen zwischen Russland und den USA in jedem Fall aufschlussreich. Die Russen, die auf der operativen Ebene keine Hemmungen vor Desinfomationskampagnen haben, sprechen auf Iwanows Level in der Regel Klartext oder aber wollen eine Botschaft aussenden. Diese dürfte in diesem Fall auch in Richtung der US-Geheimdienste gehen, die Putin zum Feindbild aufgebaut haben. Die US-Dienste untersuchen derzeit, ob Russland rechtsextreme und Nato-kritische Parteien in der EU finanziert – wofür die Amerikaner durchaus Hinweise haben dürften. Es ist allerdings auch denkbar, dass die US-Dienste ihrerseits Protestbewegungen in der EU unterstützen. Der Milliardär George Soros etwa finanziert zahlreiche politische Bewegungen in Europa. Soros unterhält enge Beziehungen zu Clinton, die wiederum eng mit Teilen der Dienste zusammenarbeitet.

Allerdings kämpfen auch die US-Geheimdienste gegeneinander – vor allem um den Anteil am Kuchen der Steuerzahler für die Geheimdienstarbeit. Es ist daher auch denkbar, dass Iwanows Botschaft sich an jene Teile der US-Dienste richtet, die gegen ein aggressives Vorgehen gegen Russland sind.

Auch in Syrien haben die USA und Russland ihre Gespräche wiederaufgenommen: Beide Länder wollen sich laut Reuters um ein Ende der Krise in Aleppo bemühen. Darauf hätten sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow in einem Telefonat verständigt, teilte das russische Außenministerium am Montag mit. Experten sollten nach einer Lösung suchen. Lawrow habe zudem die USA aufgefordert, ihre Pflicht zu erfüllen und die moderaten Rebellengruppen von den Extremisten zu trennen.

Russland plant, in der Stadt Aleppo eine erneute Waffenruhe auszurufen, berichtet Al Jazeera. Allerdings werden nach Ansicht von Moskau derartige Vorstöße immer wieder dadurch behindert, dass sich die Söldner nicht an die Vorgaben der Waffenruhe halten und stattdessen den Kampf wieder aufnehmen.

Am Montag sagte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow, dass er nicht sagen könne, wann die Feuerpause wieder aufgenommen werden soll. „Die Angriffe terroristischer Gruppen auf die wichtigsten Strecken, über die die Lieferung humanitärer Gütter möglich ist, wurden ebenfalls fortgesetzt, was die Bildung humanitärer Konvois schwierig oder unmöglich macht“, sagte Peskow bezüglich der letzten Feuerpause. Man müsse sich mittlerweile die Frage stellen, ob es noch möglich sei, die Kampfgruppen in „moderate“ und „extremistische“ zu klassifizieren.

In den vergangenen 48 Stunden hat die syrische Armee (SAA) im Süden der Stadt Aleppo mehrere Gebäude von islamistischen Söldnern zurückerobert, berichtet Al-Masdar News. Der Vorstoß bringt die SAA in eine günstige Position, um den strategisch wichtigen Al-Hamdaniyah-Wohnkomplex 1070 von den Söldnern zu befreien. Die SAA und verbündete Milizen nahmen die Kampfhandlungen am Wochenende wieder auf, nachdem sie während des kurzlebigen humanitären Waffenstillstands pausiert hatten. In den kommenden Tagen wird im Süden der Stadt Aleppo eine Offensive durch die Söldnertruppe Dschaisch al-Fatah erwartet. Am Sonntag hat die SAA im Norden der Provinz Latakia Abo Youseef al-Askary, einen Top-Komandeur der Al-Nusra-Front (die aus taktischen Gründen heute Fatah al-Scham genannt werden will) getötet.

Zu Beginn der russischen Intervention haben US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Putin eng kooperiert – sehr zum Missfallen einiger Hardliner, die heute ganz offen darüber sprechen, Syrien direkt anzugreifen und dabei das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation in Kauf nehmen.

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