Politik

Frankreich: Merkels Abgesandte führten erste Geheim-Gespräche mit François Hollande

Angela Merkel rechnet offenbar nicht mehr mit einem Last-Minute-Sieg von Nicolas Sarkozy bei der französischen Präsidentschaftswahl. In ersten geheimen Gesprächen haben Abgesandte der Bundesregierung sondiert, wie die deutsch-französische Achse in Zukunft funktionieren wird. Einiges deutet auf Dissonanzen hin.
05.05.2012 23:53
Lesezeit: 1 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel glaubt offenbar nicht mehr an einen Sieg ihres wichtigsten Verbündeten Nicolas Sarkozy bei den französischen Präsidentschaftswahlen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Freitag, es hätte bereits Gespräche mit François Hollande, dem voraussichtlichen Sieger der Wahlen in Frankreich gegeben: „Ich habe gesagt, dass jeder der frisch in ein Amt gewählt wird, sein Gesicht bewahren können muss. Wir werden also mit Hollande sehr freundlich diskutieren. Aber wir werden unsere Prinzipien nicht ändern“, sagte er bei einer Rede in Köln.

Schäuble betonte, der Fiskalpakt sei bereits unterzeichnet worden und in Europa gelte das Prinzip, dass Verträge eingehalten werden müssen. Das wisse auch Francois Holland, sagte Schäuble.

Offenkundig rechnet Merkel also nicht mehr mit einem Überraschungssieg von Nicolas Sarkozy bei der Wahl am Sonntag. Für den Fall, dass Hollande tatsächlich gewinnt, müssen sich die Deutschen auf einige neue politische Schachzüge einstellen. Das haben auch die Regierungs-Emissäre erfahren, die schon vor einiger Zeit in Paris mit Vertrauten von Hollande zu informellen Sondierungen zusammengetroffen sind.

Es ist allerdings zu erwarten, das vieles von der Wahlkampfrethorik wieder in der Schublade verschwinden wird. Allerdings werden Hollandes Forderungen nach einer raschen Umsetzung der Transferunion ernstgenommen (hier seine wichtigsten Wünsche). Berlin ist klar, dass ohne eine rasche Einführung der Transferunion der Euro ernsthaft in Gefahr ist. Deshalb wollen Merkel und Schäuble auch den ESM rasch durchpeitschen - sie hoffen, dass der ESM verhindern wird, dass die Eurozone vor der Bundestagswahl 2013 kollabiert.

Allerdings könnte das ein frommer Wunsch bleiben: Die Flucht aus den Staatsanleihen hält an - und die Tatsache, dass der größte norwegische Pensionsfonds entschieden hat, nicht mehr in südeuropäische Bonds zu investieren, muss in Berlin die Alarmglocken läuten lassen (mehr dazu hier). Diese Entscheidung könnte bei einer Transferunion dazu führen, dass auch Deutschland schneller als gedacht ein Refinanzierungsproblem bekommt. Damit könnte Deutschland dann aber auch Frankreich nicht mehr helfen - weshalb auch Francois Hollande nicht umhin kommen wird, möglichst schnell unpopuläre Sparprogramme umzusetzen.

Bei Umfragen war Hollands Vorsprung auf Amtsinhaber Nicolas Sarkozy weiter geschrumpft. Am Freitag erreichte Hollande noch 52 Prozent bei den Umfragewerten. Seinen Gegner Srakozy nannten 48 Prozent der Befragten als bevorzugten Kandidaten. Ein Vorsprung von vier Prozent ist zwar nach wie vor groß, doch nur einen Tag vorher waren es noch sechs Prozent gewesen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...