Finanzen

Italienische Banken-Krise erreicht HypoVereinsbank

Lesezeit: 3 min
30.01.2017 22:28
Die italienische Bankenkrise erreicht Deutschland: Wegen eines Milliardenverlusts zieht die UniCredit einen Sonderdividende aus der HypoVereinsbank ab.
Italienische Banken-Krise erreicht HypoVereinsbank

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die italienische Großbank UniCredit zieht im laufenden Jahr eine Sonderdividende von drei Milliarden Euro aus München ab, wie die UniCredit am Montag der Nachrichtenagentur Reuters zufolge mitteilte. Dazu kommt noch der Gewinn der HVB aus dem vergangenen Jahr, der im Juni als reguläre Dividende ebenfalls an die Mailänder Mutter ausgeschüttet wird, wie diese bestätigte. Die deutschen Aufsichtsbehörden sehen mit Sorge, dass die HVB durch den Mittelabfluss geschwächt wird, wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagte. „Wir sind nicht erfreut.“

Die UniCredit hingegen verweist darauf, dass die HVB auch nach der Zahlung der Sonderdividende über eine starke Kapitalquote verfügen wird. „Die Sonderdividende von drei Milliarden Euro soll gemeinsam mit der regulären Dividende im Juni 2017, nach der ordentlichen Hauptversammlung, gezahlt werden. Die starke Kapital- und Liquiditätsausstattung der UniCredit Bank AG (HypoVereinsbank) wird auch nach dieser Zahlung erhalten bleiben”, sagte ein Sprecher der UniCredit-Gruppe den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Die UniCredit erwartet für 2016 einen Verlust von rund 11,8 Milliarden Euro. Schuld seien negative Einmaleffekte, teilte die Mutter der Münchner HypoVereinsbank (HVB) am Montag mit. Ohne diese hätten unter dem Strich schwarze Zahlen gestanden. Weitere Details will der italienische Branchenprimus am 9. Februar veröffentlichen.

Zwar seien die meisten Sonderlasten bereits Mitte Dezember bekanntgegeben worden, es sei allerdings jetzt eine Milliarde Euro hinzugekommen, die vor allem auf weitere Abschreibungen zurückgehe. Sie stünden im Zusammenhang mit dem italienischen Banken-Rettungsfonds Atlante, an dem die Mailänder beteiligt sind.

Die UniCredit leidet seit Jahren unter der Wirtschaftsflaute in Italien, die viele Kredite hat platzen lassen. Der neue Vorstandschef Jean Pierre Mustier will mit der größten Kapitalerhöhung in der Wirtschaftsgeschichte des Landes die Löcher in der Bilanz stopfen und den Abbau fauler Darlehen finanzieren – eine Herkulesaufgabe. Im vierten Quartal wurden dafür Abschreibungen von 12,2 Milliarden Euro fällig. Nun sollen weitere 6.500 Stellen gestrichen werden, davon 1.500 bei der HVB.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht den Druck auf die größte italienische Bank, die aktuell an einer 13 Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung arbeitet. Bis Ende Februar muss die UniCredit der EZB einen Plan für den Abbau fauler Kredite vorlegen, wie das Geldhaus einräumte. Die Kapitalquote der Bank sei wegen hoher Abschreibungen Ende 2016 auf rund acht Prozent gefallen. Damit unterschreitet das Institut die individuellen Kapitalvorgaben der EZB (SREP-Quote) um etwa zwei Prozentpunkte, was die Aufsicht jedoch zeitweise akzeptieren will. Die Anleger reagierten verschnupft: Der Kurs der UniCredit-Aktien brach am Montag an der Börse in Mailand in der Spitze um fast 6 Prozent ein.

Die Mailänder haben die HVB 2005 übernommen und hadern seit Jahren damit, dass sie nicht frei über das Kapital der deutschen Tochter verfügen können, schreibt Reuters. Das war maßgeblich auf den Widerstand der deutschen Bankenaufsicht zurückzuführen. Als die EZB im November 2014 die Aufsicht über die größten Banken der Euro-Zone übernahm, wurden die Karten jedoch neu gemischt.

Viele Experten hatten schon lange erwartet, dass ausländischen Banken wie UniCredit und ING unter EZB-Aufsicht einfacher Kapital von ihren deutschen Töchtern abziehen können, schließlich hat die EZB vor allem die Kapitalausstattung im Konzern im Blick. „Das bewahrheitet sich jetzt“, sagt ein deutscher Bankenaufseher. Die harte Kernkapitalquote der HVB, die durch die Sonderdividende Insidern zufolge von 24 auf rund 19 Prozent fallen wird, bleibe zwar trotz des Abflusses nach Italien überdurchschnittlich. „Aber natürlich hätten wir es lieber gesehen, wenn das Kapital in Deutschland verbleibt.“ Die BaFin, die Bundesbank und die EZB wollten sich nicht äußern.

Mittlerweile gibt es in Europa zwar einheitliche Regeln zum Umgang mit Krisenbanken samt einem Abwicklungsfonds, allerdings haben selbst einige Bankenaufseher Zweifel, dass dieser Fonds ausreicht, falls eine Großbank ins Wanken gerät. Experten glauben vielmehr, dass im Ernstfall – wie bei der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena – doch wieder Nationalstaaten einspringen werden.

Die UniCredit hatte den Kapitalabzug aus Deutschland bereits im Dezember auf einer Investorenkonferenz angekündigt. Das Institut erklärt in den Unterlagen für seine Kapitalerhöhung, dass es von seinen Tochtergesellschaften – wozu neben der HVB unter anderem auch die österreichische Bank Austria gehört – im laufenden Jahr insgesamt Kapitalflüsse von 4,1 Milliarden Euro erwartet. Dabei handelt es sich um die regulären Dividenden aller Tochterunternehmen der UniCredit-Gruppe einschließlich der Sonderdividende der HVB für 2017. Die langfristige Planung der UniCredit sieht zudem vor, dass im Jahr 2019 weitere 1,7 Milliarden Euro als reguläre Dividenden der Töchter fließen sollen. Eine Sonderdividende ist dabei bislang offenbar nicht eingeplant.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...