Der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Mentefactum, Klaus-Peter Schöppner, glaubt nicht an das Umfragehoch für die SPD. "Dass die SPD stärker wird als die Union, daran glaube ich nicht, und das halte ich auch bei der Bundestagswahl eigentlich nicht für möglich", sagte Schöppner der Berliner Zeitung. Die Kompetenzwerte der SPD sprächen ebenso dagegen wie die notorische Schwäche im Süden sowie im Osten des Landes.
Nach Meinung Schöppners, der zuvor lange Jahre an der Spitze des Meinungsforschungsinstitut Emnid stand, könnten die Sozialdemokraten bei der Wahl vielleicht 26 oder 27 Prozent erzielen. "Mehr kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen."
Ein am Montag veröffentlichter Insa-Meinungstrend im Auftrag der "Bild"-Zeitung sah die SPD mit ihrem neuen Kanzlerkandidaten Martin Schulz bei 31 Prozent und damit erstmals in diesem Jahrzehnt vor der Union, die nur auf 30 Prozent kam.
"Durch Nichtstun kann man nicht einen so schnellen Meinungsumschwung erreichen", sagte Schöppner mit Blick auf den neuen SPD-Hoffnungsträger Schulz. Zwar spreche Schulz offenbar mehrere Wählergruppen an, vor allem jene, die Angst vor dem sozialen Abstieg hätten, und solche, die sich wertekonform verhielten und vom Staat ausgenutzt fühlten. Dass die SPD stärker werde als die Union, daran glaube er aber nicht.
Den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner interessiert dagegen nicht, ob die Zahlen wirklich stimmen: "Das stärkt das Selbstbewusstsein, gibt der SPD einen Energieschub und ist deshalb extrem hilfreich."
Tatsächlich gibt es keinen rationalen Grund für diesen plötzlichen Anstieg. Schulz ist den meisten Deutschen mehr oder weniger unbekannt. Er hat in den vergangenen Tagen keine so spektakulären Auftritte hingelegt, die die Wähler in Ekstase versetzt hätten. Und Angela Merkel hat keine so gravierenden Fehler gemacht, dass sie von heute auf morgen hätte abstürzen müssen.
Bei den US-Wahlen gab es im übrigen auch immer wieder solch merkwürdige Twists. Sie waren darauf zurückzuführen, dass die Umfrageinstitute gerne ihre Methodik ändern, wenn es für den Auftraggeber nicht besonders läuft.