Politik

An China gescheitert: Solarworld meldet Insolvenz an

Nach sechs Verlustjahren in Folge ist der Bonner Solarworld-Konzern pleite.
10.05.2017 23:08
Lesezeit: 2 min

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Das einstige Aushängeschild der deutschen Solarindustrie kündigte am Mittwoch an, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. Das laufende Geschäft und die "weiter voranschreitenden Preisverwerfungen" geben dem Vorstand um Firmengründer Frank Asbeck keine Hoffnung mehr, dass das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu retten ist. Doch nur solange Vorstand und Bilanzprüfer an eine Sanierung glauben, kommt eine überschuldete Firma wie Solarworld um einen Insolvenzantrag herum. "Dies ist ein bitterer Schritt für Solarworld, den Vorstand und die Belegschaft und auch für die Solarindustrie in Deutschland", erklärte Asbeck, dem Medien in Glanzzeiten den Titel "Sonnenkönig" verliehen.

Der Solartechnik-Pionier hatte versucht, das Unternehmen mit einem Abbau von 400 der rund 3300 Arbeitsplätze und der Konzentration auf Hochleistungs-Solarmodule aus der Krise zu führen. 2019 sollte Solarworld wieder schwarze Zahlen schreiben. Doch nun gab Asbeck die Hoffnung auf Besserung auf: Die Preise für Solarzellen und Module seien seit Mitte 2016 massiv abgestürzt. "Statt einer erwarteten Marktberuhigung haben sich die Aussichten nun auch für die nächsten Monate eingetrübt", erklärte der Vorstandschef. "Angesichts dieser Entwicklung reichen auch die Anfang des Jahres ergriffenen strategischen Maßnahmen nicht aus, um die noch im März bestätigte positive Fortführungsprognose aufrechtzuerhalten."

Bereits damals hatte Solarworld die Hälfte des Grundkapitals aufgezehrt. In der AG, deren Lage für die Insolvenz maßgeblich ist, lag das Eigenkapital Ende Dezember bei gerade 2,6 Millionen Euro. Doch die Verluste ließen sich nicht stoppen. Ob und welche Töchter mit in die Insolvenz rutschen, ist noch nicht klar. "Die nächsten Wochen und Monate werden nun über die Zukunft von Europas größter und modernster Fertigung in der Schlüsselindustrie Photovoltaik entscheiden", betonte Asbeck. "Wir werden uns nach allen Kräften dafür einsetzen, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten."

Vor vier Jahren drohte der damals mit einer Milliarde Euro verschuldeten Solarworld schon einmal die Pleite. Damals hatte Asbeck den Konzern gerettet, indem er sich mit den Gläubigern auf einen Schuldenschnitt verständigte. Sie verzichteten auf 60 Prozent ihrer Ansprüche und erhielten dafür Solarworld-Aktien. Für frisches Kapital sorgte ein Investor aus Katar.

Doch kämpfte Solarworld weiter an mehreren Fronten. Ein Dorn im Auge sind Asbeck die Billigimporte aus China. "Solarworld hat in den USA und in Europa den Kampf gegen illegales Preisdumping angeführt. Dieses Dumping hat jetzt jedoch nochmals zugenommen", klagte er in seiner Stellungnahme. Als Damoklesschwert schwebte zudem ein Streit mit dem US-Silizium-Lieferanten Hemlock über Solarworld. Dieser hat eine Solarworld-Tochter auf Zahlung von 800 Millionen Dollar verklagt, weil sie Silizium anders als vereinbart nicht abgenommen hat. In erster Instanz hatten die Amerikaner gewonnen.

Nach der Insolvenz-Ankündigung des Solarherstellers Solarworld richtet die Branchenvereinigung EU ProSun schwere Vorwürfe an China. "Seit nunmehr fünf Jahren beklagen wir in der EU massives Dumping chinesischer Solarhersteller. Über 100 Insolvenzen und Werksschließungen mussten wir in der europäischen Solarindustrie seitdem verzeichnen", erklärte Verbands-Präsident Milan Nitzschke am Mittwoch. "Chinesische Staatsbanken haben inzwischen einen dreistelligen Milliardenbetrag in eine Produktionskapazität gesteckt, mit der das Land alleine den weltweiten Bedarf 1,3 mal decken kann." Das habe weltweit zum Abbau Zehntausender Arbeitsplätze geführt.

Für die deutsche und europäische Solarindustrie sei die angekündigte Insolvenz von Europas größtem Solarhersteller ein schwerer Schlag, so der Verband. Das einstige deutsche Aushängeschild der Branche sei das bislang größte Opfer des Preisdumpings. Dabei sei die deutsche und europäische Industrie technologisch weiter führend. Mit Preisen unter Herstellkosten, finanziert durch Staatsbankkredite, könne aber niemand in einer Marktwirtschaft konkurrieren.

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