Finanzen

Widerstand gegen EU-weite Digital-Steuer wächst

Lesezeit: 2 min
23.11.2017 17:03
In der EU formiert sich Widerstand gegen die geplante stärkere Besteuerung großer Technologiekonzerne.
Widerstand gegen EU-weite Digital-Steuer wächst

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Vor kurzem haben sich die EU-Finanzminister beim Ecofin-Treffen in Estland grundsätzlich für die Einführung einer Steuer auf die Gewinne großer Technologiekonzerne, der sogenannten „Google-Tax“ ausgesprochen. Diese soll die großen Gesellschaften der Internetbranche dazu bewegen, fällige Steuern in jenem Land abzuführen, in dem sie auch ihre Erträge erzielen und nicht wie bisher zu den Steuersätzen jener Orte, an denen die Gesellschaft ihren Sitz hat. Gegen den Vorschlag formiert sich in der EU jedoch Widerstand.

Aktuell können international tätige Unternehmen wie Google, Apple, Amazon oder Facebook Steuerzahlungen in Europa mithilfe von legalen Konstruktionen, die durch Maßnahmen der Steuerumgehung gekennzeichnet sind, nahezu mühelos vermeiden. Ziel der Digital-Steuer sei eine gerechte Regelung, die zukunftstauglich und effizient sei. Die sehr hohen Gewinne, die Internetgesellschaften in der EU erwirtschafteten, müssten sich wie andere Unternehmenserlöse auch mit einem fairen Anteil am allgemeinen Steueraufkommen beteiligen, fordert die EU-Kommission.

„Dabei geht es auch um die Nachhaltigkeit unserer Steuereinnahmen, denn die traditionellen Steuerquellen geraten unter Druck. Und nicht zuletzt gilt es, die Integrität des Binnenmarkts zu wahren und Fragmentierung zu vermeiden, indem wir gemeinsame Antworten auf globale Herausforderungen finden“, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die Mitgliedstaaten der EU sollen sich auf einen eigenständigen und selbstbewussten Standpunkt der Gemeinschaft bis zum Frühjahr 2018 einigen.

Die EU-Kommission hatte Apple vergangenes Jahr eine Steuernachzahlung in Höhe von 13 Milliarden Euro aufgebrummt. Irland – wo Apple seinen EU-Sitz hat und Steuern zahlen muss – verweigert bislang die Rückforderung mit der Begründung, die Beihilfe werde falsch eingestuft. Das Land wehrt sich bereits juristisch gegen die Entscheidung der EU-Kommission aus dem Juni 2016. In den Jahren zuvor hatte Apple nur Steuern in sehr geringem Maße auf seine in Europa erzielten und in Irland zusammengefassten Gewinne gezahlt. Laut EU-Kommission sollen diese sich im Jahr 2014 beispielsweise auf lediglich 0,005 Prozent belaufen haben. Nun wurde bekannt, dass Irland Apple nun doch zur Zahlungen der Steuerrückstände bewegen will, obwohl die Klärung beim Europäischen Gerichtshof noch aussteht.

Aber nicht nur Irland ist in den Fokus der Steuerbehörden geraten, auch der EU-Mitgliedstaat Niederlande erweist sich für ausländische Superreiche und Unternehmen als beliebter Ort für Unternehmenssitze. Hier ist die Umgehung von hohen Steuersätzen derzeit ebenfalls auf ganz legale Art und Weise möglich. Gesellschaften wie Ikea, Starbucks, das mit dem indischen Konkurrenten Tata fusionierte deutsche Stahlunternehmen ThyssenKrupp oder Künstler wie beispielsweise die Rolling Stones nutzen den Standort, um anderswo dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen.

Das nächste Treffen der EU-Finanzminister soll am 6. Dezember stattfinden. Dabei sollen die Entwürfe für die „Google Tax“ in entscheidenden Passagen von den zuvor in Umlauf gebrachten Skizzen abweichen. In einer der Vorlagen heißt es beispielsweise, die Gemeinschaft bevorzuge eine Lösung des Problems auf globaler Ebene. Jedoch halten Beobachter ein solches Ziel für utopisch: Unter Experten gilt es als beinahe unmöglich, in kürzester Zeit eine weltweit einheitliche Besteuerung von international agierenden Konzernen zu erreichen.

Derartige Vorstöße müssen als Blockadeversuche durch Länder wie Irland oder die Niederlande verstanden werden, weil sie in der Praxis zu einer langwierigen Verzögerung des Maßnahmenpakets führen dürften. Daher war auch in einem ursprünglichen Entwurf für das Treffen der EU-Finanzminister die Rede davon, dass die Gemeinschaft durchaus auf eigene Rechnung allgemeingültige Steuermaßnahmen aufstellen solle, wenn eine globale Lösung nicht durchzusetzen sei.

Welche EU-Mitgliedsstaaten genau daran interessiert sind, dass eine Regelung über die geplante Digital-Steuer nicht zustande kommt, bleibt vorerst unklar. Der Gedanke liegt jedoch nicht allzu fern, dass es sich hierbei um die Steueroasen Irland und die Niederlande handelt. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hingegen gilt als ausdrücklicher Befürworter der Digital-Steuer und auch die beiden österreichischen Regierungsparteien hatten die Einführung der Steuerreform bereits in ihren Wahlprogrammen verankert.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...