Politik

Frierende Briten wollen Gas aus Russland nicht haben

Lesezeit: 2 min
30.12.2017 00:44
In Großbritannien, das unter einer Kältewelle leidet, ist eine mysteriöse Ladung von flüssigem Erdgas aus Russland angekommen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der geopolitische Kalte Krieg zwischen Russland und dem Westen treibt im kalten Winter erstaunliche Blüten. So meldet der britische Guardian, dass erstmals in der Geschichte ein russischer Tanker mit Flüssiggas (LNG) auf der Isle of Grain in Kent angelegt hat. Die russische Botschaft in London hatte die mit einer speziellen Eisbrecher-Ausrüstung ausgestattete Christophe de Margerie bereits als Lösung der aktuellen britischen Energieknappheit begrüßt und in einer Twitter-Botschaft geschrieben: „Sie frieren? Hilfe ist unterwegs!“.

Großbritannien hat derzeit Probleme mit der Energie, weil es sehr kalt ist und weil die wichtige Forties-Pipeline im Dezember wegen eines technischen Gebrechens abgeschaltet werden musste und erst im kommenden Jahr wieder zu ihrer gewohnten Leistung zurückkehren kann.

Doch es ist den britischen Beobachtern offenbar nicht klar, ob die Briten das Gas aus Russland selbst verwenden wollen. Das Thema ist delikat, weil das Erdgas vom russischen Yamal LNG-Projekt stammt. Das Projekt in der russischen Arktis ist von den US-Sanktionen betroffen, allerdings nicht von den britischen Sanktionen.

Die Financial Times schreibt in einem für ihre Verhältnisse ungewöhnlich schwammigen Artikel, dass das russische Erdgas nicht in das UK-Netzwerk eingespeist werden würde. Belege dafür führt die FT allerdings nicht an. Sie zitiert lediglich einen anonymen „Offiziellen“ des Anlage der Isle of Grain mit der Aussage, das Gas „sei nicht in das interne UK-Netzwerk eingespeist worden und wir erwarten nicht, dass es eingespeist wird“.

Auch der Guardian berichtet über die mysteriöse Lieferung und zitiert einen Sprecher des National Grid mit der Aussage, dass das Gas nicht in das Netz eingespeist worden sei, welches Häuser und Unternehmen versorge. Der Guardian zitiert die Informationsseite ICIS, die sich auf anonyme Quellen beruft und behauptet, das Erdgas auf dem russischen Tanker werde umgeladen und nach Asien transportiert.

Ed Cox von ICIS sorgt schließlich für noch mehr Verwirrung, indem er dem Guardian erzählt, dass die „wahre Geschichte nicht die des russischen Gases sei, sondern die Importe aus Belgien“: So sei Großbritannien auf dem Weg, einen Rekord-Import an Flüssiggas aus Belgien zu tätigen. Das Problem: Belgien selbst erzeugt kein Gas, sondern importiert alles Gas selbst, wie auf der belgischen Energie-Website energuide.be zu lesen ist: Demnach kommt das Gas aus Norwegen, den Niederlanden, Großbritannien, Katar und Deutschland. Bekanntermaßen kommt allerdings das deutsche Gas zum großen Teil aus Russland.

Die britischen Medien waren offenbar von einem PR-Artikel auf dem russischen Staatssender RT, der die Lieferung als Rettung für die Briten anpries, so beeindruckt, dass sie das Statement von Grid-Sprecherin Jeanette Unsworth übersahen, dass diese ausgerechnet der russischen Agentur TASS gab: Die Sprecherin sagte, dass das Gas an ein anderes Ziel geliefert werden würde, wollte das Ziel aus geschäftspolitischen Gründen jedoch nicht nennen. Die Sprecherin bestätigte jedoch, dass das Gas "nicht in das britische Netzwerk eingespeist werden wird".

Die britische Fracking-Lobby UKKOG nützte den skurrilen Streit, um zu fordern, dass Großbritannien endlich selbst mit dem Fracking beginne, um von Importen unabhängiger zu werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Und noch ein europäischer Alleingang: Fico zu Gesprächen mit Putin im Kreml
23.12.2024

Der slowakische Regierungschef Fico zeigt mit einem Überraschungsbesuch im Kreml, dass die EU-Front gegen Russlands Präsidenten Putin...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...