Deutschland

Nun offiziell: GEZ beschafft sich die Meldedaten aller Deutschen

Die öffentlich-rechtlichen Sender führen auf der Suche nach Schwarzsehern nun doch die geplante Rasterfahndung durch. Bisher hatten ARD und ZDF dazu geschwiegen, nun bestätigen die GEZ und der Justiziar des SWR den gigantischen „Meldedatenabgleich“. Er soll die Hausbesuche der Eintreiber ersetzen – die offenbar Angst bekommen haben, bei den empörten Bürgern zu klingeln.
04.03.2013 14:58
Lesezeit: 2 min

Die GEZ ist eine diskrete Behörde. Nach dem Bericht der Deutschen Wirtschafts Nachrichten über die geplante „Rasterfahndung“ zur Erhebung der Daten für Meldepflichtige bestätigte das „Projekt-Büro“ den DWN, dass es einen „einmaligen, umstellungsbedingten Meldedatenabgleich für die Jahre 2013 und 2014“ geben wird. Ziel sei es, „auf diese Weise Beitragsgerechtigkeit zu schaffen”. Mit heutigem Monat werden den GEZ-Eintreibern von den Einwohnermeldeämtern „die Daten mit Stand 3. März 2013 dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio in vier Tranchen übermittelt“.

Nun bestätigt auch Hermann Eicher, Justitiar des SWR, den Datenzugriff: „Im Zuge des Umstellungsprozesses bis Ende 2014 werden wir nach und nach klären, für welche Wohnung bereits ein Rundfunkbeitrag bezahlt wird und wer sich noch anmelden muss. Dabei hilft der einmalige Datenabgleich mit den Einwohnermeldeämtern und sorgt somit für Beitragsgerechtigkeit.“

Der Justiziar beruft sich bei diesem einmaligen Aktion des Datensammelns auf den Rundfunkstaatsvertrag: „Rechtliche Grundlage für den Datenabgleich ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Der Gesetzgeber ermöglicht damit, die vorhandenen Beitragskonten des Beitragsservice mit den Daten der Behörden zu vergleichen, um so sicher zu stellen, dass sich alle beitragspflichtigen Bürgerinnen und Bürger an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligen. Beim Abgleich werden Angaben zu Name, Adresse, Familienstand, Geburtstag und Tag des Einzugs übermittelt.“

Selbstverständlich werde man sich strengstens an die strengsten Datenschutz-Regeln halten und werde diese strenge Überwachung auch strengstens kontrollieren - durch die eigenen Datenschutzbeauftragten der Sender, weil die unabhängigen Daten-Schützer ausgebootet wurden und daher bei ARD und ZDF nur in der ersten Reihe, aber nicht mittendrin sitzen dürfen (mehr hier).

Interessanterweise beruft sich der Justiziar nur auf den Rundfunkstaatsvertrag. Demzufolge kann die GEZ praktisch in jeder Schublade der privaten Datenerhebung schnüffeln. Diese weitreichenden Zugriffsrechte hatte nach Bekanntwerden für heftige Proteste vor allem bei einigen unabhängigen Datenschutzbeauftragten gesorgt. Daher hatten die Öffentlich-Rechtlichen eine Eckpunkte-Vereinbarung vorgelegt, mit der sie allen Kritikern Sand in die Augen zu streuen beabsichtigte.

Diese Aktion kann man als gelungen bezeichnen: Denn nun zeigt sich, dass sich die „Eckpunkte-Vereinbarung“ sehr unterschiedlich lesen lässt – etwa jene Stelle:

(2) Die Rundfunkanstalt wird personenbezogene Daten nach Abs. 1 bei öffentlichen Stellen nur erheben, um

1. bisher unbekannte Beitragsschuldner festzustellen

Mit normalem Rechtsempfinden würde man hier lesen: Wenn der Verdacht besteht, dass jemand nicht zahlt, dann kann die GEZ im Zweifel beim Einwohnermeldeamt nachfragen.

Die nun erfolgte Mitteilungen von SWR und die GEZ zeigen aber, dass die Sender und die Eintreibestelle die flächendeckende Daten-Erhebung mit einem solchen Nebensatz in einer rechtlich völlig unverbindlichen, einseitigen Erklärung für abgedeckt hält. Im Klartext: Mit den Augen der Daten-Krake gelesen sagt die Regelung, dass auch die verdachtsunabhängige, millionenfache Übernahme von Daten aus einer anderen Behörde durch diesen Satz abgedeckt ist.

Dem staundenden Bürger wird die einmalige Migration von Daten von einer Behörde zur anderen als bequeme Lösung verkauft. Der SWR-Justitiar schreibt: „Kontrollen an den Haustüren sind damit nicht mehr notwendig.“

Es ist gut denkbar, dass die GEZ und die angeschlossenen Sender heilfroh sind über die neue Methode: Angesichts der steigenden Wut über die immer neuen Machtzuwächse (hier – die Inkasso-Falle der GEZ; hier – die ARD als Großinquisition; hier - das Gebühren-Privileg für den privaten Dudelfunk) könnte es nämlich gut sein, dass die „Kontrollen an den Haustüren“ vor allem für die Kontrolleure zu unerfreulichen Begegnungen führen.

Die Flucht der Behörde vor dem Bürger in die anonyme Datenerfassung und Strafverfolgung ist übrigens in Gesellschaften ausgeprägt, in denen die Politiker und ihre ausführenden Organe besondere Angst vor den Bürgern haben – weil sie wissen, dass ihr Tun allen demokratischen Spielregeln fundamental zuwiderläuft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps nächstes Vermächtnis: Eine weltweite Spikeflation mit Ansage
24.05.2025

Trumps Handelskriege, Machtspiele und Geldflüsse aus dem Nahen Osten treiben nicht nur die Inflation – sie könnten eine explosive...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ist die Energiewende am Ende? Wie die Pläne von Wirtschaftsministerin Reiche alles ändern könnten
24.05.2025

Neue Prioritäten im Wirtschaftsministerium unter Katherina Reiche – In der Energiepolitik ist ein radikaler Kurswechsel angekündigt:...

DWN
Politik
Politik EU-Milliarden für Digitalisierung: Diese Programme bringen Unternehmen nach vorn
24.05.2025

Europa zahlt – und Unternehmen, die jetzt nicht zugreifen, verspielen ihre digitale Zukunft. Mit 1,3 Milliarden Euro will die EU ihre...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zwang zur Kontoerstellung kostet Online-Shops Kunden - was erfolgreiche Unternehmen besser machen
24.05.2025

Eine Kontoerstellung vor dem Kauf schreckt Kunden ab und führt zu Kaufabbrüchen. Über 50 Prozent der Online-Shops verlieren so Umsatz....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Auto-Offensive scheitert an Deutschland – Misstrauen schlägt Billigpreis
24.05.2025

Trotz Hightech und Kampfpreisen bleiben Chinas Autobauer in Deutschland Ladenhüter. Händler fürchten Pleiten, Kunden trauen den Marken...

DWN
Panorama
Panorama Pandemievertrag: Wie die WHO besser auf Gesundheitskrisen reagieren will
24.05.2025

Der neue Pandemievertrag soll globale Gesundheitskrisen künftig besser eindämmen. Doch wie wirksam ist er wirklich – und was steht noch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Handelschaos ist Europas Chance – wer jetzt schnell handelt, gewinnt
24.05.2025

Während Trump mit Strafzöllen die Welt verunsichert, bietet Europa plötzlich das, was vielen fehlt: Stabilität. Für clevere...

DWN
Politik
Politik Messerangriff in Hamburg: Mehrere Schwerverletzte am Hamburger Hauptbahnhof
23.05.2025

Bei einem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof werden mehrere Menschen schwer verletzt. Eine Frau wird festgenommen. Befand sie sich in...