Die GEZ ist eine diskrete Behörde. Nach dem Bericht der Deutschen Wirtschafts Nachrichten über die geplante „Rasterfahndung“ zur Erhebung der Daten für Meldepflichtige bestätigte das „Projekt-Büro“ den DWN, dass es einen „einmaligen, umstellungsbedingten Meldedatenabgleich für die Jahre 2013 und 2014“ geben wird. Ziel sei es, „auf diese Weise Beitragsgerechtigkeit zu schaffen”. Mit heutigem Monat werden den GEZ-Eintreibern von den Einwohnermeldeämtern „die Daten mit Stand 3. März 2013 dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio in vier Tranchen übermittelt“.
Nun bestätigt auch Hermann Eicher, Justitiar des SWR, den Datenzugriff: „Im Zuge des Umstellungsprozesses bis Ende 2014 werden wir nach und nach klären, für welche Wohnung bereits ein Rundfunkbeitrag bezahlt wird und wer sich noch anmelden muss. Dabei hilft der einmalige Datenabgleich mit den Einwohnermeldeämtern und sorgt somit für Beitragsgerechtigkeit.“
Der Justiziar beruft sich bei diesem einmaligen Aktion des Datensammelns auf den Rundfunkstaatsvertrag: „Rechtliche Grundlage für den Datenabgleich ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Der Gesetzgeber ermöglicht damit, die vorhandenen Beitragskonten des Beitragsservice mit den Daten der Behörden zu vergleichen, um so sicher zu stellen, dass sich alle beitragspflichtigen Bürgerinnen und Bürger an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beteiligen. Beim Abgleich werden Angaben zu Name, Adresse, Familienstand, Geburtstag und Tag des Einzugs übermittelt.“
Selbstverständlich werde man sich strengstens an die strengsten Datenschutz-Regeln halten und werde diese strenge Überwachung auch strengstens kontrollieren - durch die eigenen Datenschutzbeauftragten der Sender, weil die unabhängigen Daten-Schützer ausgebootet wurden und daher bei ARD und ZDF nur in der ersten Reihe, aber nicht mittendrin sitzen dürfen (mehr hier).
Interessanterweise beruft sich der Justiziar nur auf den Rundfunkstaatsvertrag. Demzufolge kann die GEZ praktisch in jeder Schublade der privaten Datenerhebung schnüffeln. Diese weitreichenden Zugriffsrechte hatte nach Bekanntwerden für heftige Proteste vor allem bei einigen unabhängigen Datenschutzbeauftragten gesorgt. Daher hatten die Öffentlich-Rechtlichen eine Eckpunkte-Vereinbarung vorgelegt, mit der sie allen Kritikern Sand in die Augen zu streuen beabsichtigte.
Diese Aktion kann man als gelungen bezeichnen: Denn nun zeigt sich, dass sich die „Eckpunkte-Vereinbarung“ sehr unterschiedlich lesen lässt – etwa jene Stelle:
(2) Die Rundfunkanstalt wird personenbezogene Daten nach Abs. 1 bei öffentlichen Stellen nur erheben, um
1. bisher unbekannte Beitragsschuldner festzustellen
Mit normalem Rechtsempfinden würde man hier lesen: Wenn der Verdacht besteht, dass jemand nicht zahlt, dann kann die GEZ im Zweifel beim Einwohnermeldeamt nachfragen.
Die nun erfolgte Mitteilungen von SWR und die GEZ zeigen aber, dass die Sender und die Eintreibestelle die flächendeckende Daten-Erhebung mit einem solchen Nebensatz in einer rechtlich völlig unverbindlichen, einseitigen Erklärung für abgedeckt hält. Im Klartext: Mit den Augen der Daten-Krake gelesen sagt die Regelung, dass auch die verdachtsunabhängige, millionenfache Übernahme von Daten aus einer anderen Behörde durch diesen Satz abgedeckt ist.
Dem staundenden Bürger wird die einmalige Migration von Daten von einer Behörde zur anderen als bequeme Lösung verkauft. Der SWR-Justitiar schreibt: „Kontrollen an den Haustüren sind damit nicht mehr notwendig.“
Es ist gut denkbar, dass die GEZ und die angeschlossenen Sender heilfroh sind über die neue Methode: Angesichts der steigenden Wut über die immer neuen Machtzuwächse (hier – die Inkasso-Falle der GEZ; hier – die ARD als Großinquisition; hier - das Gebühren-Privileg für den privaten Dudelfunk) könnte es nämlich gut sein, dass die „Kontrollen an den Haustüren“ vor allem für die Kontrolleure zu unerfreulichen Begegnungen führen.
Die Flucht der Behörde vor dem Bürger in die anonyme Datenerfassung und Strafverfolgung ist übrigens in Gesellschaften ausgeprägt, in denen die Politiker und ihre ausführenden Organe besondere Angst vor den Bürgern haben – weil sie wissen, dass ihr Tun allen demokratischen Spielregeln fundamental zuwiderläuft.