Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im Zollstreit mit den USA keine Entwarnung. "Wir können heute früh noch nicht abschließend sagen, wie die Entscheidungen wirklich gelaufen sind", sagte sie am frühen Freitagmorgen auf dem EU-Gipfel in Brüssel. Man müsse abwarten, wie sich die US-Regierung festlege. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hatte am Donnerstag gesagt, dass für europäische Hersteller Ausnahmen bei den neuen Zöllen auf Stahl und Aluminium gewährt würden. Präsident Donald Trump wiederholte die Äußerung später so nicht, sondern sprach von Verhandlungen, die seine Regierung mit der EU aufnehmen wolle.
Die USA wollen ihrem Handelsbeauftragten zufolge der Europäischen Union zunächst Ausnahmen von den neuen Zöllen auf Stahl und Aluminium gewähren. Dies sagte der Berater von US-Präsident Donald Trump, Robert Lighthizer, am Donnerstag vor einem Ausschuss des US-Senats laut Reuters. Weitere Ausnahmen beträfen vorerst Mexiko, Kanada, Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte in den vergangenen Tagen Gespräche in Washington mit Lighthizer und US-Handelsminister Wilbur Ross geführt. Vor einem Ausschuss des EU-Parlaments äußerte sie am Donnerstagvormittag die Hoffnung, dass es für die EU doch noch Ausnahmen gibt. Die US-Zölle auf Stahl und Aluminium würden andernfalls am frühen Freitagmorgen inkraft treten. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), twitterte: "Ein Funken Hoffnung für rationale Politik."
Von einer Entwarnung kann allerdings keine Rede sein: Die USA drohen den Europäern auch mit Zollerhöhungen auf Automobile, was die deutsche Wirtschaft im besonderen treffen würde. Die Bundesregierung verhandelt mit den USA und will zur Abwendung von Zöllen höhere Militärausgaben und die Öffnung des deutschen Marktes für US-Flüssiggas anbieten.
Der deutsche Außenhandelsverband BGA zeigte sich erleichtert: "Die Ausnahme der EU von den unsinnigen US-Strafzöllen ist ein Sieg der Vernunft, zumindest vorläufig." Fairer Handel sei aber nur zu erreichen, wenn die Zölle auf beiden Seiten des Atlantiks beseitigt würden. "Es ist Zeit, TTIP aus dem Eisschrank zu holen", forderte BGA-Präsident Holger Bingmann.
Neben Malmström war auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in den vergangenen Tagen zu Gesprächen in Washington. Die EU hatten Gegenmaßnahmen für den Fall vorbereitet, dass die USA die Zölle für europäische Hersteller verhängen. Dazu gehörten Aufschläge beim Import von Motorrädern, Whiskey und Jeans. Das Thema Handel war auch Thema beim EU-Gipfel in Brüssel.
US-Präsident Donald Trump will mit der Europäischen Union über die Absenkung von Handelsbarrieren sprechen. Die Verhandlungen dazu würden aufgenommen, sagte Trump am Donnerstagabend (MEZ) in seiner mit Spannung erwarteten Erklärung zur Handelspolitik in Washington. Weitere Details nannte er dazu nicht. Zuvor hatte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer vor einem Ausschuss des Senats gesagt, dass für europäische Hersteller Ausnahmen bei den neuen US-Zöllen auf Stahl und Aluminium gewährt werden. Auch Mexiko, Kanada, Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea seien vorerst ausgenommen.
Gegen China leitete Trump indes milliardenschwere Handelsmaßnahmen in die Wege und unterzeichnete eine entsprechende Anordnung. Die Schritte hätten ein Volumen von 60 Milliarden Dollar, sagte Trump. Er habe die Volksrepublik aufgefordert, den Handelsüberschuss sofort um 100 Milliarden Dollar zu reduzieren. Das Handelsdefizit mit China sei außer Kontrolle geraten.
Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer ergänzte, dass China eine Politik des erzwungenen Technologietransfers verfolge. Nun sollten Zölle auf ausgewählte chinesische Produkte erhoben werden. Die Pekinger Regierung bereitete nach eigenen Angaben eine Reihe von Antworten auf die Trump geplanten Zölle vor. Gleichwohl hoffe sein Land noch auf einen Dialog mit den USA, sagte der chinesische WTO-Gesandte Zhang Xiangchen. Auch schließe China eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) nicht aus.
Der Streit mit den USA ist auch Thema beim EU-Gipfel in Brüssel. "Die EU wird weiter eine robuste Handelspolitik verfolgen, um ihre Werte und Standards weltweit voranzutreiben und um gleiche Spielbedingungen zu erreichen", erklärten die Staats- und Regierungschefs. Sie stünden für ein offenes und regelbasiertes Handelssystem mit der Welthandelsorganisation WTO im Mittelpunkt. Auch EZB-Chef Mario Draghi sprach den Protektionismus in einer Rede vor EU-Regierungen an. Man könne sich derzeit weniger auf multilaterale Foren verlassen, sagte er einem EU-Vertreter zufolge. Die Situation berge Risiken wie etwaige Vergeltungsmaßnahmen.