Politik

Papst Franziskus: Der Jesuit, der die Finanzkrise des Vatikan lösen muss

Der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio wird sich Franziskus nennen. Der erste Jesuit an der Spitze der Kirche wählte den Namen des berühmten Bettel-Mönchs wohl auch, weil er signalisieren will: Die Finanzlage der Kirche ist angespannt, die fetten Jahre sind vorüber.
13.03.2013 20:27
Lesezeit: 2 min

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Der neue Papst wird sich Franziskus nennen. Kardinal Jorge Mario Bergoglio ist 76 Jahre alt. Er war als Erzbischof Buenos Aires wird als Franziskus Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken. Als erster Papst aus Lateinamerika bringt er einen besonderen Blick auf die Kirche: In Argentinien ist die Kirche jung und dynamisch und dennoch fest im Volk verankert. In seinem ersten Statement sagte der Papst, dass er einen Neuanfang für die Kirche wolle, gemeinsam mit dem Volk der Gläubigen.

Bergoglio gilt als ein bescheidener Mann, der mit dem Prunk der traditionellen Kirche wenig anfangen kann. Er versucht, ökologisch zu leben. In seinen theologischen Ansichten ist er konservativ - was nicht überrascht: Die von Joseph Ratzinger und seinem polnischen Vorgänger Johannes Paul II. ausgewählten Kardinäle wurde nach konservativen Kriterien ausgewählt. Bergoglio ist ein entscheidener Gegner der Ehe von Homosexuellen.

Mit der Auswahl seines Namens setzte der neue Papst einen ersten Akzent: Der heilige Franz von Assisi war ein katholischer Kommunist, in seinen politischen Ansichten ein Revolutionär vom Stile eines Beppe Grillo, nur mit deutlich weniger Körperfülle. Als Sohn eines reichen Elternhauses war er einer der ersten Aussteiger. Er gründete den Franzsikaner-Orden, der heute noch eine angenehm moderate Rolle in der Kirche spielt. Die Franziskaner sind für ihre praktische Sozialarbeit berühmt.

Die Auswahl ist umso bemerkenswerter, als Bergoglio selbst kein Franziskaner ist, sondern der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri werden wird. Die Jesuiten sind traditionell eher für den intellektuellen Dialog zuständig. Sie sind den Franziskanern nicht besonders grün, wenngleich Verschwörungs-Theorien über radikale Feindschaften und Putsch-Absichten der Jesuiten ziemlich übertrieben sind. Immerhin hatte auch der Gründer der Jesuiten, Ignatius von Loyola, eine distanzierte Sicht auf materielle Güter.

In seiner Biografie ist ein Kapitel umstritten: Über die Rolle, die Bergoglio als Jesuiten-Chef in Argentinien im Verhältnis zur Militär-Junta gespielt hat. Noch im Jahr 2005 erstattete der Menschenrechtsanwalt Marcelo Perrilli Anzeige gegen den damaligen Erzbischof, weil Bergoglio angeblich mit der Militär-Junta kollaboriert haben soll. Der Corriere della Sera, keine besonders kirchennahe Zeitung, sprach von einer Diffamierung. Es kam nie zu einem Prozess, wenngleich die Anschuldigungen aus dem engsten Umfeld des Kardinals ein Thema sind, welches möglicherweise sein Pontifikat noch belasten könnte.

In seiner ursprünglichen Lehre war Loyola vor allem ein Feind der Ideologien und der Eiferer. Einiger der radikalsten Reformer der Kirche - wie der Theologe Karl Rahner - waren Jesuiten: Sie waren die treibenden Kräfte hinter dem Zweiten Vatikanischen Konzil, welches den lange überfälligen Reform- und Transparenz-Schub in die Kirche brachte.

Diese Spirit wird der neue Papst brauchen: Auf ihn warten erhebliche Herausforderungen: Er muss den Finanzskandal um die Vatikan-Bank (hier) in den Griff bekommen und muss vor allem zusehen, wie er die Kurie neu ordnet. Diese ist faktisch gespalten (hier). Außerdem muss der neue Papst eine klare Linie im Kindesmissbrauchs-Skandal finden. Der Skandal hat auch finanzielle Konsequenzen: Die Spenden an die katholische Kirche sind rückläufig, vor allem die USA sind betroffen, wo drie Diözesen bereits insolvent sind und den Vatikan um einen Bailout gebeten haben. Insgesamt 3 Milliarden Dollar musste die Kirche als Schadensersatz für die sexuellen Mißbräuche bezahlen. Weitere Klagen sind anhängig, eine Ende der finanziellen Misere ist nicht abzusehen.

Ein Problem dürfte Bergoglio nicht haben: Weniger Meter von seiner Residenz ist sein Vorgänger mit seinem langjährigen spirituellen Gefährten Georg Gänswein eingezogen (hier). Spätestens heute ist Josph Ratzinger, der Papst aus Deutschland, Geschichte. Auch wenn er als Benedikt XVI. i.R. noch im Vatikan lebt - mit der überraschend schnellen Entscheidung der Kardinäle beginnt ein neues Kapitel der Kirchengeschichte.

Sein Pontifikat begann der Papst sehr pragmatisch: Ohne Pathos begrüßte er die Gläubigen mit den Worten "Buona Sera!" (Guten Abend).

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