Politik

Polen fordert permanente Militärpräsenz der USA

Polen fordert eine permanente Präsenz von US-Truppen auf seinem Territorium.
02.06.2018 23:44
Lesezeit: 3 min

Polen plant, eine permanente Präsenz von US-Streitkräften auf seinem Territorium zu installieren. Defense News: „Das polnische Verteidigungsministerium hat den USA finanzielle Unterstützung in Höhe von 1,5 bis 2 Milliarden US-Dollar für den Einsatz einer permanenten US-Panzerdivision in Polen angeboten (...).

Nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Jim Mattis am 28. April in Washington sagte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak, er sei ,ein Optimist in Bezug auf eine Zunahme der US-Militärpräsenz in Polen’”. Die Nachrichtenseite Onet.pl leakte ein diesbezügliches Regierungs-Dokument mit dem Titel „Vorschlag für eine permanente US-Präsenz in Polen”.

Defense News zitiert das Dokument: „Die Regierung Polens wird erhebliche Mittel für diese Aktion zur Verfügung stellen, (...) da es wichtig ist, die Lasten der Verteidigungsausgaben zu teilen, die Entscheidung für die US-Regierung kosteneffektiver zu machen und jegliche Bedenken für den Kongress in unsicheren Haushaltszeiten zu zerstreuen.”

Tomasz Smura von der Warschauer Denkfabrik Casimir Pulaski Foundation: „Dieser Vorschlag scheint rational zu sein, weil die US-Regierung signalisiert hat, dass ihre europäischen Verbündeten einen größeren Teil der finanziellen Belastung für die verstärkte Präsenz der NATO in diesem Teil Europas übernehmen sollen (...). Dieses Dokument enthält einige sehr allgemeine Informationen und beschreibt die Infrastrukturkosten, die von Warschau bezahlt werden würden. Ein Teil dieser Kosten würde aus Mitteln der Europäischen Union und der NATO finanziert werden.”

Polen hat seine Anstrengungen zur Verbesserung seiner Verteidigungsfähigkeiten intensiviert. Am 28. März unterzeichnete Warschau ein Vertrag mit den USA, um das Flugabwehrsystem Patriot der US-Firma Raytheon zu kaufen. Der Deal soll einen Wert von 4,75 Milliarden Dollar haben.

„Der Kauf wird einen großen Teil der Militärausgaben des Landes verschlingen, denn für 2018 prognostiziert das Ministerium Verteidigungsausgaben von 41,5 Milliarden Zloty (11,2 Milliarden US-Dollar)”, so Defense News.

Nach Informationen des New York Times äußerte sich Moskau „besorgt” über die Pläne zur Errichtung einer permanenten US-Militärpräsenz in Polen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, es sei das souveräne Recht eines jeden Landes, solche Entscheidungen zu treffen, aber das würde der gesamten Atmosphäre auf dem Kontinent schaden. Die NATO-Erweiterung auf die Grenzen Russlands habe die Stabilität in Europa untergraben. „Wenn wir die allmähliche Ausweitung der NATO-Militärstrukturen auf unsere Grenzen sehen (…), schafft das auf keinen Fall Sicherheit und Stabilität auf dem Kontinent (...). Im Gegenteil, diese expansionistischen Aktionen führen natürlich zu Gegenmaßnahmen seitens der Russen, um die Parität auszugleichen, die jedes Mal auf diese Weise verletzt wird”, so Peskow.

Intermarium-Konzept

Die Interessen der PiS-Regierung in Warschau decken sich mit denen der US-Rüstungsindustrie und der NATO. Sie folgen einer alten Idee, die bereits auf den polnischen Führer Jozef Pilsudski aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurückgeht: Es handelt sich um das sogenannte „Intermarium“-Konzept, welches ursprünglich darauf abzielen sollte, ein Bündnis zwischen Deutschland und Russland zu verhindern, indem ein starker Bündnisgürtel durch Osteuropa gezogen wird. In diesem Fall gehören zum angedachten Gürtel Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Weitere Gürtel-Komponenten, die mit dem Intermarium zusammengeführt werden sollen, um Russland im Westen einzukreisen, sind die Türkei, Aserbaidschan, die Ukraine und Georgien.

Der US-Informationsdienst Stratfor berichtete bereits im Jahr 2012, dass Polen lediglich die Option habe, mit einer Macht außerhalb Europas ein Bündnis einzugehen, um seine Interessen zu wahren. „Diese Macht ist derzeit die USA (…). Polen ist nicht in der Lage, sich permanent zu verteidigen. Es braucht einen Garanten, dessen Interessen mit den polnischen Interessen übereinstimmen. Einen gemeinsamen russisch-deutschen Angriff würde das Land nicht überleben – und diese Mehrfront-Angriffe sind nichts Außergewöhnliches in der polnischen Geschichte (…). Die Polen wissen, dass Deutschland und Russland mit erschreckender Geschwindigkeit ihre Regime und Strategien ändern können. Eine konservative Strategie erfordert eine bilaterale Beziehung mit den USA.“

Dieser Ansatz wird vom Center for European Policy Analysis bestätigt.

Drei-Meere-Initiative

Das Atlantic Council führt aus, dass die Drei-Meere-Initiative ebenfalls ein Schritt zur Umsetzung des Intermarium-Konzepts sei. Einem Bericht des Atlantic Councils zufolge gehe es bei der Drei-Meere-Initiative darum, eine Energieinfrastruktur vom Baltikum bis zur Adria und dem Schwarzen Meer zu schaffen. „Das ist ein wirklich transatlantisches Projekt, das enorme geopolitische, geostrategische und geo-ökonomische Verzweigungen hat (…). Die Art und Weise, wie die Mittel- und Osteuropäer die Welt und die Bedrohungen, die ihnen begegnen, betrachten, passt viel besser auf die Art und Weise, wie die Amerikaner die Welt betrachten (...). Besser als die Art und Weise unserer traditionellen westlichen Verbündeten", so US-General a.D. James L. Jones vom Atlantic Council.

Die Mitglieder der Drei-Meere-Initiative sind Polen, Estland, Lettland, Litauen, Tschechien, Österreich, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Slowenien, Ungarn und die Slowakei. Geopolitical Futures führt aus: „Das sogenannte Drei-Meere-Modell würde Österreich, Slowenien und Kroatien zu den Intermarium-Rängen hinzufügen.”

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...