Wegen des Konflikts innerhalb der Unionsparteien unterbrach der Bundestag am Donnerstag seine Plenarsitzung. Die Abgeordneten von CDU und CSU kamen zu getrennten Sondersitzungen zusammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dürfte dabei ausloten, ob die Abgeordneten ihrer Partei in dem Konflikt mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) noch hinter ihr stehen.
Während die CSU-Landesgruppe Innenminister Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stützte, stellte sich bei der CDU Teilnehmern zufolge eine Mehrheit hinter Kanzlerin Angela Merkel. Ihr Kompromissvorschlag sieht vor, Asylbewerber abzuweisen, die nach einem negativen Bescheid ein zweites Mal einzureisen versuchen. Parallel dazu will die CDU-Chefin mehr Zeit, um bilaterale Verträge mit anderen EU-Staaten auszuhandeln. Zuvor hatte nach Angaben der CDU auch das CDU-Präsidium Merkel den Rücken gestärkt.
Die "Augsburger Allgemeine" zitierte einen führenden CSU-Abgeordneten mit den Worten, die CSU erwäge die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU, die seit der Gründung der Bundesrepublik 1949 besteht. Ein Teilnehmer der Sitzung der CSU-Landesgruppe sagte Reuters, eine Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft sei in der Sitzung bisher nicht diskutiert worden. Die Frage stand allerdings bereits auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Raum. Bis zur Wahl 2017 hätte die CDU alleine mit der SPD regieren können.
Der dramatischen Entwicklung war ein Krisentreffen Merkels mit CSU-Chef Horst Seehofer vorangegangen, das in der Nacht ohne Einigung geblieben war. Die CSU will sich auf Merkels Kompromissvorschlag nicht einlassen, wie führende Parteivertreter am Donnerstag klar machten. Sie drangen auf eine schnelle Klärung in CDU und CSU.
Nach Merkels Vorstellung sollen Asylbewerber nicht einfach - wie von Seehofer gefordert - an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Die CDU-Chefin besteht gerade auch mit Blick auf den bevorstehenden EU-Gipfel auf einer Abstimmung auf europäischer Ebene.
Nach CDU-Angaben sieht Merkels Vorschlag vor, zunächst "mit den am stärksten vom Migrationsdruck betroffenen Ländern Vereinbarungen zu treffen", ehe dort bereits registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen würden. Das Ziel sei, "unabgestimmte, einseitige Lösungen zu Lasten Dritter zu verhindern".
Asylbewerber, deren Antrag in Deutschland bereits abgelehnt wurde, könnten allerdings nach Merkels Vorstellung "bei einem erneuten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden". In diesem Punkt kam die CDU-Chefin der CSU entgegen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erteilte Merkels Vorschlag am Morgen aber öffentlich eine Absage: Er lehnte es ab, zuerst über europäische Lösungen zu verhandeln. "Wir sollten jetzt rasch umsetzen die Regelung der Zurückweisung an der Grenze", sagte Söder in Berlin. "Wir müssen auch an die einheimische Bevölkerung denken und nicht nur immer an ganz Europa." Deutschland könne nicht auf mögliche europäische Lösungen warten.
Söder deutete an, dass die CSU es auf einen Machtkampf mit Merkel ankommen lassen wolle: "Wir stärken Seehofer klar den Rücken." Der unionsinterne Streit "muss jetzt entschieden werden - aber rasch". Die CSU habe "kein Vertrauen" und auch "keine Überzeugung, dass es reichen wird, jetzt in zwei Wochen etwas zu erreichen, was drei Jahre nicht möglich war", sagte Söder.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach angesichts der Entwicklung in Berlin von einer "historischen Situation". Auch er drängte zur Eile: Die Entscheidungen müssten "jetzt auch fallen und nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden".
SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles forderte den Koalitionspartner CDU/CSU auf, seinen Streit um die Asyl-Politik "möglichst bald" zu beenden. "Theaterstücke im Dienste von Landtagswahlen sind hier nicht angemessen", sagte Nahles in Berlin. Sie spielte damit darauf an, dass die CSU vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober, bei der ihr laut Umfragen ein Verlust der absoluten Mehrheit droht, in der Flüchtlingspolitik Härte demonstrieren will.
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