Politik

Merkel: Seehofer muss jetzt Flüchtlings-Deals verhandeln

Bundesinnenminister Seehofer muss nun die Deals verhandeln, die er von Bundeskanzlerin Merkel gefordert hatte.
04.07.2018 14:37
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Generaldebatte im Bundestag angeküdnigt, es müssten jetzt mit anderen EU-Staaten Rücknahmeabkommen für die dort registrierten Flüchtlinge ausgehandelt werden. Das sei die Aufgabe von Bundesinnenminister Horst Seehofer. FDP-Chef Christian Lindner sagte, Seehofer sei mit seiner Forderung gescheitert, Flüchtlinge auch ohne Einverständnis anderer EU-Länder an deutschen Grenzen abzuweisen und solle nun die bilateralen Rücknahme-Abkommen aushandeln, die Merkel beim EU-Gipfel vergangener Woche nicht habe erreichen können. "Ich glaube, im Bundeskanzleramt biegen die sich vor lachen, Herr Seehofer", wandte er sich an den CSU-Chef.

Merkel sicherte Seehofer ihre volle Unterstützung zu. Auch sie werde sich um bilaterale Vereinbarungen kümmern: "Ich werde das natürlich auch weiter machen." Am Donnerstag will sie Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban in Berlin empfangen.

Das Verhandlungsmandat ist das Ergebnis des sogenannten Asyl-Kompromisses, mit dem Merkel und Seehofer ihren Streit vorübergehend beendet hatten.

Angesichts der Kritik aus Österreich und den Reihen der SPD dämpft Bundesinnenminister Horst Seehofer Erwartungen einer raschen Umsetzung der Asyl-Vereinbarung von CDU und CSU. Bei Seehofers Reise nach Wien am Donnerstag werde es noch nicht um den Abschluss eines bilateralen Abkommens über die Rücknahme von Flüchtlingen gehen, sagte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch in Berlin. "Es geht um Gespräche zur Herbeiführung von Vereinbarungen." Bundeskanzlerin Angela Merkel rechtfertigte im Bundestag die nach heftigem Streit mit Seehofer erzielte Einigung: "Es muss mehr Ordnung in alle Arten der Migration kommen, damit Menschen den Eindruck haben, Recht und Ordnung wird durchgesetzt." Die SPD signalisierte Zustimmung zu den Plänen, hat aber Bedenken bei den geplanten "Transitzentren".

Im Asylkompromiss von CDU und CSU nehmen bilaterale Verträge mit anderen EU-Staaten zur Rücknahme von Flüchtlingen und Migranten eine zentrale Rolle ein. Demnach sollen an der deutsch-österreichischen Grenze "Transitzentren" eingerichtet werden. Von dort aus sollen Asylbewerber in das EU-Land angeschoben werden, in dem sie zum ersten Mal von Behörden erfasst wurden.

In Österreich sieht man die deutschen Pläne aber skeptisch. Das Ziel, dass Menschen zurückgebracht werden in Länder, wo sie registriert worden sind, teile man mit Deutschland, sagte Kanzler Sebastian Kurz im ORF. "Die Frage ist, was sich Deutschland darüber hinaus vorstellt, und da ist noch keine vollkommene Klarheit vorhanden." Dahinter steckt offenbar die Furcht, Migranten könnten die deutschen "Transitzentren" wieder in Richtung Österreich verlassen. Sein Land sei auf nationale Maßnahmen an der deutschen Grenze vorbereitet, sagte Kurz. Eine Möglichkeit seien dann intensivierte Grenzkontrollen an den Landesgrenzen Richtung Italien oder Slowenien. Merkel hat einen deutschen Alleingang allerdings kategorisch ausgeschlossen.

Allerdings werden Österreich und Italien als erste Maßnahme die Kontrollen auf dem Brenner verschärfen, weshalb sich Italien-Reisende auf längere Staus einstellen müssen.

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